Konfrontation am Verkehrsministerium: Fußgänger wollen E-Roller mit Schwimmnudeln stoppen
Fans von Elektrokleinstfahrzeugen wollen am Donnerstag in Berlin für mehr Platz demonstrieren - Fußgänger wollen ihnen den Weg auf den Bürgersteig versperren.
Am Donnerstag kommt es zum Showdown auf dem Gehweg: Befürworter von Elektrorollern und -boards wollen für mehr Platz in den Städten kämpfen, Fußgänger wollen sich ihnen in den Weg stellen. Hintergrund ist die geplante Zulassung von "Elektrokleinstfahrzeugen" im Frühjahr 2019. E-Roller zwischen 12 und 20 km/h sollen demnach auf Rad- und per Ausnahmeregelung auch auf Gehwegen fahren dürfen.
Gegen die "unnötige Überregulierung" für E-Fahrzeuge will das Bündnis "Electric Empire" am Donnerstag um 10 Uhr im Bundesverkehrsministerium eintreten. Danach wollen die Freunde der E-Fahrzeuge zu einer zehn Kilometer langen Demonstrationsfahrt durch Berlin rollen und so öffentlichkeitswirksam für ihr Anliegen werben. Lars Zemke von "Electric Empire" beschwichtigt: "Fußgänger müssen keine Sorge haben, denn wir wollen überhaupt nicht auf den Gehweg." Auf seiner Website forderte "Electric Empire" noch bis Dienstag das Erlauben von E-Fahrzeugen auf dem Bürgersteig "bei Schrittgeschwindigkeit" und auch die Zulassung kleinerer E-Fahrzeuge wie E-Skateboards und Einräder. Die Gehweg-Forderung zog man nun zurück, man sei überrascht über das Echo, so Zemke, "wenn es andere Möglichkeiten gibt, würden nicht da fahren wollen. Eigentlich müsste man den Platz von der Straße nehmen, aber das ist in Deutschland schwierig." Nur für Kinder auf langsamen Hoverboards wünsche er sich in der Tat eine Ausnahme für den Gehweg, so Zemke, "die haben nichts auf der Straße zu suchen".
Das Bundesverkehrsministerium plant laut "Spiegel" aber eine pauschale Sondergenehmigung für E-Skateboards und Hoverboards unter 12 km/h auf dem Gehweg. Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) wolle Fußgängern so "den letzten geschützten Raum nehmen", kritisiert Roland Stimpel, Sprecher des Fußgängerverbandes FUSS. „Zum ersten Mal sollen Motorfahrzeuge auf den Gehwegen fahren dürfen. Wenn das einmal erlaubt ist, fährt hier künftig jeder."
FUSS ruft deshalb gemeinsam mit Vertretern von Senioren und Sehbehinderten dazu auf, sich den E-Rollern in den Weg zu stellen. Um 12 Uhr sollen Fußgänger ihnen gegenüber des Bundesverkehrsministeriums in der Invalidenstraße mit Schwimmnudeln "symbolisch den Zugang zum Bürgersteig versperren", unter dem Motto "Mit Schwimmnudeln gegen Knochenbrecher". Der stadtfreundlichste Verkehr dürfe "nicht von Spielzeugen für Hipster und gehfaule Touristen gefährdet werden", so Stimpel. "Fahrzeuge gehören auf die Fahrbahn, an keinen anderen Ort.“
Dem stimmt auch Jens Haffke von "Evolve Skateboards" zu, einem Anbieter für Elektroskateboards. "Das langsamere Fahren auf den Gehwegen, um die 11 oder 12 km/h, macht meiner Meinung nach keinen Sinn", so Haffke, "denn man kann mit 12 km/h nicht zur Arbeit pendeln." Wenn es um klimafreundliche Fortbewegung gehe, müsse das mindestens in Radgeschwindigkeit erfolgen, "sonst kann man gleich laufen". Haffke fordert deshalb, auch Fahrzeuge ohne Lenkstange wie die E-Boards für Geschwindigkeiten über 12 km/h zuzulassen. "Wir wollen auch auf die Straße und auf Fahrradwege, mit 20 km/h oder mehr. Unter 20 km/h will keiner fahren." Er selbst halte das Fahren auf Gehwegen auch für zu gefährlich, "da ziehen wir mit den Fußgängern an einem Strang".
In anderen Ländern haben E-Fahrzeuge auf Gehwegen bereits zu vielen Konflikten geführt. In US-Städten sind deshalb bereits scharfe Restriktionen erlassen worden, unter anderem wird die Zahl der Fahrzeuge in San Francisco beschränkt. Im August starb in Barcelona eine 90-jährige Frau bei einem Zusammenprall mit einem E-Roller.
Christian Hönicke