Baustelle an der Oberbaumbrücke: Fußgänger-Lobby kritisiert Umleitung auf "Ekelweg"
Nach Protesten von Fahrradfahrern wird der Gehweg auf der Oberbaumbrücke weiter eingeschränkt. Die Fußgänger-Lobby empört sich über den schmalen "Horrorpfad".
Es ist eng geworden auf der Oberbaumbrücke: Seit Montag wird das Bauwerk saniert, die westliche Brückenhälfte ist gesperrt. Für den Autoverkehr bleibt eine Spur pro Richtung. Zunächst sollten Radfahrer bei reduziertem Tempo auf der Autospur mitfahren. Nach einer Ortsbegehung von Polizei und Verkehrslenkung wurde das aber revidiert – zu eng und zu gefährlich. Daher sollten Radfahrer absteigen und schieben.
Doch schon am Dienstag protestierten Fahrrad-Aktivisten gegen die neue Regelung. Denn kaum jemand hielt sich auf der vielbenutzten Brücke ans Absteigen, Radfahrer schlängelten sich an Fußgängern vorbei. Nach den Protesten sagte schließlich Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann (Grüne) eine neue Regelung zu: Nun sollen Fahrradfahrer in beiden Fahrtrichtungen die Gehwege befahren. Für Fußgänger bleibt nur der Gehweg unter dem Viadukt. Der Radweg werde laut Herrmann dort schmaler und durch sogenannte Leitboys vom Gehweg getrennt.
Dies kritisiert nun der Fuss e.V. als "dummdreist, aber aussichtslos". Sprecher Roland Stimpel erklärte am Mittwoch: "Dummdreist ist das, weil der Senat ausgerechnet den umwelt- und stadtfreundlichsten Verkehrsteilnehmer fast allen Raum nehmen will – als wären wir noch tief im letzten Jahrhundert." Aussichtslos sei es, weil vielen Berlinern und Gästen das Gehwegverbot "schnurz" sein werde. Sie würden einfach die Wege weiter benutzen, "ob amtlich gesperrt oder nicht".
Stimpel nannte den verbliebenen Gehweg einen "Horrorpfad" und "Ekelweg" – mit Scherben und Müll, losen Pflastersteinen, Uringestank und einer Breite von nur 60 Zentimetern, wo Säulen und Obdachlosenlager den Fußweg weiter einschränkten. Der Verein zeigte am Mittwoch auf Twitter Fotos von Fußgängern, die trotz gelber Trennmarkierungen vom Gehweg auf den Radweg auswichen und die geltenden Regeln ignorierten.
Vereinssprecher Roland Stimpel sagte nach dem Ortsbesuch auf der Oberbaumbrücke: "Glaubt beim Senat wirklich jemand, die vielen tausend Fußgänger werden vor der Brücke Schlange stehen, im Gänsemarsch den Ekelweg nehmen und an den Engstellen über Entgegenkommende klettern? Im anarchischen echten Leben auf der Brücke werden sie einfach mehr Raum nehmen, ob legal oder nicht."
Bauarbeiten dauern rund fünf Monate
Innerhalb der nächsten fünf Monate soll der rissige Asphalt auf der Brücke ausgetauscht werden, damit keine Feuchtigkeit in die Brückenkonstruktion dringt und das Bauwerk auch weiterhin die Verkehrsbelastung aushält. Zudem werden die alten Straßenbahnschienen entfernt. Langfristig plant der Senat, über die Brücke wieder eine Straßenbahnverbindung zum Hermannplatz zu legen.