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Ein erfolgreiches "Bündnis Wohnen" wie in Hamburg scheint in Berlin derzeit nicht möglich.
© Christian Charisius/dpa

CDU-Fraktion trifft Vertreter der Bau- und Mietbranche: Für Neubau fehlt das Vertrauen

Alle an einem Tisch: Die CDU-Fraktion hat Vermieter, Eigentümer, Verbände und Industrie zum Gespräch geladen. Näher kam man sich dabei kaum.

Von Ronja Ringelstein

Berlin und die Wohnungsbaubranche haben offenbar ein Beziehungsproblem. „Vertrauensverlust“, „keine Neubauatmosphäre“, „Schlag ins Gesicht der Wohnungsunternehmen“, waren die Vorwürfe, die am Mittwochabend im Abgeordnetenhaus zu hören waren. Ein „Bündnis Wohnen“ wie in Hamburg sei so, wie es derzeit in Berlin laufe, nicht möglich.

Das Bündnis aus Hamburg ist Vorbild

Dabei will sich die Berliner CDU-Fraktion genau dieses Hamburger Bündnis zum Vorbild für Berlin nehmen und hatte dafür Berliner Vermieter, Eigentümer, Verbände, Mietervereinigungen und die Bauindustrie Mittwochabend zu einem „Runden Tisch“ ins Abgeordnetenhaus eingeladen. 40 Vertreter der jeweiligen Branchen sollten zusammentragen, was die größten Hindernisse auf dem Weg zu bezahlbarem Wohnraum sind – und sagen, was sie brauchen, um den doch möglich zu machen. 

Jeder durfte in je drei Minuten Probleme und Lösungsansätze aufzeigen, der Baurechtsexperte der CDU im Parlament, Christian Gräff, moderierte.

"Vertrauenskultur gegenüber Privaten nicht erkennbar"

Jörg Nolte von der Berliner Industrie- und Handelskammer (IHK) sieht aufgrund der Signale, die der Senat mit seiner derzeitigen Wohnungspolitik sendet, Investitionen „massiv gefährdet“. Für ein Bündnis wie in Hamburg sehe er in Berlin die Grundlage nicht. „Das Hamburger Modell basiert auf Kooperation, Vertrauen und Vernunft aller Beteiligten. Diese Vertrauenskultur ist gegenüber Privaten nicht erkennbar“, sagte Nolte. Es brauche eine grundlegende Wende bei den Themen Mietendeckel, Enteignung und Flächenpolitik. 

Hamburg baut derzeit am meisten Wohnungen in Deutschland. Ziel des Hamburger Bündnisses sind jährlich Baugenehmigungen für mindestens 10.000 Wohneinheiten, davon 30 Prozent als geförderten Mietwohnungsbau mit Mietpreis- und Belegungsbindungen. Genehmigungsverfahren wurden gestrafft, die Wohnraumförderung weiter erhöht. Damit scheint die Hansestadt auf erfolgreichem Kurs zu sein.

Keine Grundstücke, hindernder Denkmalschutz, langwierige Verfahren

Viele Vertreter der Berliner Wohnungsbaugenossenschaften sagten nun in der Runde, sie würden ja gerne bauen, hätten aber keine Grundstücke. Andere beklagten, dass der Denkmalschutz beispielsweise dazu führe, dass sie Dachgeschosse nicht ausbauen dürften. Einig waren sich alle Beteiligten, dass das Bauen an sich zu langwierig sei. Es herrsche eine Überregulierung bei der Vergabe und bei Genehmigungsverfahren sowie Überlappungen von Zuständigkeiten. Manja Schreiner, Hauptgeschäftsführerin der Fachgemeinschaft Bau und stellvertretende Landesvorsitzende der CDU, beklagte ein undurchschaubares „Geflecht von Ämtern“.

Dass überhaupt Beteiligte aller Seiten an einem Tisch saßen, wurde von vielen der Anwesenden gelobt, so etwas habe es von Koalitionsseite noch nicht gegeben, hieß es. Corinna Merzyn, Geschäftsführerin beim Verband Privater Bauherrn sagte an Christian Gräff gerichtet: „Ihr Runder Tisch ist der erste, der mal alle relevanten Akteure zusammengerufen hat.“ Sie forderte die Politiker auf, sich mit der besseren Vernetzung von Umland und Innenstadt zu beschäftigen.

Die Mieterseite war an diesem Abend allerdings durchaus unterrepräsentiert. Reiner Wild, Geschäftsführer des Berliner Mietervereins, war der einzige, der sagte: „Natürlich haben wir neben dem Angebotsproblem ein Mietenproblem.“  Er berichtete von der „riesigen Sorge von Menschen, dass sie ihre Wohnung nicht mehr bezahlen können.“

Viele Mieter seien "zufrieden"

Vertreter der städtischen Wohnungsbaugesellschaften sehen das anders. Ingo Malter, Geschäftsführer der Stadt & Land sprach von einer „Angstmacherei“ und rief dazu auf, zu einer Versachlichung zu kommen. Er schlug vor, ein Berliner Zensus solle die konkrete Mietbelastung abfragen, um herauszufinden, wie hoch der Anteil tatsächlich Bedürftiger in Berlin sei.  Sandra Wehrmann, Vorstandsmitglied der Degewo, gab an, dass das Unternehmen regelmäßig bei den Mietern die Zufriedenheit abfrage. Die Durchschnittsnettokaltmiete liege bei 6,20 Euro. „Unsere Mieter sind mit uns zufrieden“, sagte Wehrmann. Wichtig sei "bauen, bauen, bauen".

Dass die Fronten verhärtet sind, ist an diesem Abend einmal mehr klar geworden. Da sind die Eigentümerverbände, die sagen, ihre Mitglieder, die Wohnungseigentümer, fühlten sich in die kriminelle Ecke gestellt. Es herrscht eine Skepsis, gerade auch bei den landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften, ob ein Neubau wirklich politisch gewollt sei, bei all den Steinen, die einem in den Weg gelegt würden. Und über allem schwebe nun auch noch das „Damoklesschwert Mietendeckel“, wie etwa Carsten Brückner, Vorsitzender des Bundes der Berliner Haus- und Grundeigentümer, sagte. „Muss man Frau Lompscher die Schuld zuweisen, dass es eine Welle von Mieterhöhungen gibt.“

CDU plant weitere Treffen

Bei der vorsichtigen Anfrage Christian Gräffs, inwieweit sich auch die privaten Baugenossenschaften wie in Hamburg bereit erklären würden, sich eine Sozialbindung, wie Mietpreis- und Belegungsbindungen, aufzuerlegen, wollte keiner Zugeständnisse machen. Eine Baugenossenschaft verwies auf interne Statuten, die so etwas ja schon vorsähen.

Nun will die CDU-Fraktion wieder einladen, in kleineren Grüppchen, um vielleicht doch ein Bündnis in die Wege zu leiten. Nach einem Näherkommen der Beteiligten sah es bei dem ersten Treffen allerdings nicht aus.

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