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Berlins Finanzsenator Matthias Kollatz (SPD).
© Britta Pedersen/dpa

Beatmungsgeräte, Schutzausrüstung, Hilfskredite: Für diese Dinge gibt der Berliner Senat jetzt Millionen Euro aus

Was kommt durch das Coronavirus finanzpolitisch auf Berlin zu? Der Senat will den Landesetat aufstocken. Ein Überblick über die geplanten Ausgaben.

Der Senat bereitet zwei Nachträge für den Berliner Haushalt vor, um die finanziellen Lasten der Coronavirus-Krise aufzufangen. Die erste Aufstockung des Etats soll spätestens am 14. Mai vom Abgeordnetenhaus beschlossen werden. Da geht es noch um relativ überschaubare Summen.

Für den zweiten Nachtragshaushalt will Finanzsenator Matthias Kollatz die bundesweite Steuerschätzung im Mai abwarten, die voraussichtlich massive Einbrüche bei den Steuereinnahmen prognostizieren wird. Diese Ausfälle müssen weitgehend über Kredite finanziert werden. Nach acht Haushaltsjahren mit satten Überschüssen wird Berlin massiv in die roten Zahlen rutschen.

Der erste Nachtrag soll vor allem drei zentrale Projekte finanzieren: 25 Millionen Euro werden zur Beschaffung von Schutzausrüstungen und Beatmungsgeräten für die Berliner Krankenhäuser zur Verfügung gestellt.

Um die Beatmungskapazitäten für Covid-19-Patienten zu verdoppeln, werden 1100 zusätzliche Beatmungsgeräte benötigt. Die Apparaturen kosten etwa 25.000 Euro pro Stück, Spezialgeräte für besonders schwere Fälle sogar 157.000 Euro.

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Für den Liquiditätsfonds der Investitionsbank Berlin (IBB), der Unternehmen mit bis zu 250 Beschäftigten, Selbstständigen und Freiberuflern zugute kommt, werden nach aktuellem Stand 50 Millionen Euro bereitgestellt, um die landeseigene IBB bis 2024 von möglichen Darlehensausfällen zu entlasten.

Bedarf an Zuschüssen für Kleinstunternehmer, Solo-Selbstständige und Freiberufler explodiert

Der Senat rechnet nämlich damit, dass ein Viertel der vergebenen Kredite, vorerst stehen 200 Millionen Euro zur Verfügung, von den Unternehmern nicht zurückgezahlt werden können. Sollte der IBB-Fonds aufgestockt werden, womit zu rechnen ist, wird der Senat zusätzliches Geld für Kreditausfälle zur Verfügung stellen müssen.

Der größte Brocken im ersten Nachtragshaushalt ist aber das Zuschussprogramm für Kleinstunternehmer, Solo-Selbstständige und Freiberufler. Zunächst waren für dieses Hilfsprogramm nur 100 Millionen Euro im laufenden Jahr eingeplant, aber der Bedarf explodiert.

Derzeit erwägt der Senat eine Erhöhung der Mittel auf 300 Millionen Euro, das wird wohl nicht das letzte Wort sein. Die Berliner Wirtschaft sei vom Virus und den Folgen „mit großer Härte“ betroffen, schrieb Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne) an den Hauptausschuss des Abgeordnetenhauses. „Eine Rezession erscheint auch für Berlin unvermeidlich“.

Kollatz hält zweiten Nachtragsetat für notwendig

Der drohende Wirtschaftseinbruch ist auch der Grund, warum Finanzsenator Matthias Kollatz (SPD) nach der Steuerschätzung im Mai einen zweiten Nachtragsetat für notwendig hält. Dort müssten nach aktuellen Berechnungen rund 2,6 Milliarden Euro „als konjunkturbedingte Kreditaufnahme“ zur Abdeckung der Steuerausfälle hineingeschrieben werden.

Es könne aber sein, so Kollatz in einer „Darstellung der haushalts- und finanzpolitischen Haushaltsleitlinien“ für die Haushälter des Parlament, dass wegen großzügiger Stundungen und Absenkung von Steuervorauszahlungen sich die „tatsächlichen Steuereinnahmen des Landes noch schlechter entwickeln“.

In den Zeiten der Not soll auch der landeseigene Investitionsfonds Siwa helfen, ein wichtiges Vorhaben zu finanzieren. Für das Coronavirus-Behandlungszentrum auf dem Berliner Messegelände, zur Unterstützung der regulären Krankenhäuser, wird diese Finanzquelle kurzfristig angezapft.

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„Erste Hinweise“ deuteten daraufhin, dass der Bau des neuen Zentrums 50 bis 100 Millionen Euro kosten werde, sagt die Finanzverwaltung. Um diese Finanzierung aus Siwa sicherzustellen, sollen andere Projekte, die bisher nicht vorangekommen sind, gestrichen werden.

Außerdem werde eine Beteiligung des Bundes am neuen Behandlungszentrum geprüft, so die Berliner Finanzbehörde. Sollten Bundesmittel tatsächlich zur Verfügung stehen, würden sie in den Siwa-Topf zurückgeführt.

Die FDP-Haushaltspolitikerin Sibylle Meister forderte den Senat auf, mit dem Nachtragshaushalt für 2020 nicht nur zusätzliches Geld zur Verfügung zu stellen, sondern alle schon vor dem Coronavirus im Etat eingeplanten Maßnahmen „zu überprüfen, inwieweit sie wirklich nötig sind und zum wirtschaftlichen Aufschwung beitragen“.

Bereits beschlossene Wahlgeschenke und verzichtbare Luxusprojekte sollten wieder einkassiert werden anstatt lediglich die Schuldenbremse im Haushalt außer Kraft zu setzen.

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