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Als Jäger verkleidet, schießt Aschenbrödel (Libuse Safrankova) mit dem Prinzen (Pavel Travnicek, rechts) um die Wette.
© Degeto/dpa

Brandenburger Ex-Minister in "Aschenbrödel": Für die Prinzessin schwärmten alle

Ex-Wirtschaftsminister Ulrich Junghanns machte bei „Drei Haselnüsse für Aschenbrödel“ mit. Wie es dazu kam.

„Beim ersten Mal hat es mich noch total gewundert“, sagt Ulrich Junghanns. Er erinnert sich genau an jenen Herbsttag im Jahr 2003. Da war der CDU-Politiker und damalige Wirtschaftsminister Brandenburgs im Auto unterwegs, als ihn ein Anruf auf dem Handy erreichte. „Sind Sie eines der Doubles der Begleiter des Prinzen in ,Drei Haselnüsse für Aschenbrödel‘?“, fragte eine Frauenstimme. Der überraschte Junghanns fragte mit Grabesstimme zurück: „Und wer sind Sie?“

Es war Margitta Hensel, heute Kuratorin der alljährlichen Ausstellung „Drei Haselnüsse für Aschenbrödel“ im Schloss Moritzburg bei Dresden, wo der legendäre Märchenfilm, den viele für den besten der Welt halten, gedreht wurde. Auch sie erinnert sich an das Gespräch mit Junghanns, obwohl der Anruf nur einer von vielen war.

„Wir hatten uns damals entschieden, mal eine unserer thematischen Ausstellungen dem Film zu widmen“, erzählt sie. „Damals wurden wir ständig von Besuchern danach gefragt. Die wollten zum Beispiel wissen, auf welcher der vier sehr ähnlichen Treppen denn Aschenbrödel den Schuh verloren hatte. Manche wollten eben an derselben Stelle ihrem oder ihrer Liebsten einen Heiratsantrag machen. Es war verrückt.“ Und es wurde noch verrückter. Die Ausstellung wurde nämlich ein solcher Erfolg, dass sie von da an jedes Jahr stattfand. Erst vor wenigen Tagen wurde dort der millionste Besucher begrüßt – natürlich ein kleines Mädchen.

Durch nichts mehr zu toppen

„Ich gebe jedes Jahr in der Vorweihnachtszeit mindestens zwei Interviews“, sagt der 62-jährige Ulrich Junghanns, der inzwischen mit seiner Firma in Frankfurt (Oder) im Projektmanagement für erneuerbare Energien tätig ist. Überrascht ist er von den Anfragen längst nicht mehr. Erst unlängst wurde er in seiner Autowerkstatt mal wieder auf seine Vergangenheit angesprochen. Die Frage galt nicht etwa seiner Tätigkeit als Wirtschaftsminister oder gar als stellvertretender Ministerpräsident des Landes, sondern lautete: „Sind Sie wirklich das Double gewesen? Und waren Sie tatsächlich in die schöne Prinzessin verliebt?“

Brandenburgs Ex-Wirtschaftsminister Ulrich Junghanns.
Brandenburgs Ex-Wirtschaftsminister Ulrich Junghanns.
© Bernd Settnik/dpa/lbn/picture alliance

Junghanns berichtet von solchen Episoden halb amüsiert, halb nachdenklich: „Da kannst du sonst was gewesen sein, sonst was erreicht oder auch angestellt haben – wenn du in einem solchen Film mitgespielt hast, ist das offenbar alles nicht mehr zu toppen.“

Dass er mitmachte, war eigentlich mehr Zufall. Denn Junghanns wollte weder Schauspieler noch Double werden. Geboren in Jena, wuchs er in einem kleinen thüringischen Dorf wie selbstverständlich mit Tieren auf. Seine große Leidenschaft war das Reiten, und so ließ er sich von 1972 bis 1974 im Hengstdepot Moritzburg zum Facharbeiter für Pferdezucht und Leistungsprüfung ausbilden. Dass ausgerechnet in dieser Zeit der Film gedreht und Komparsen für die Reitszenen gesucht wurden, war ein Glücksfall, sagt Junghanns. „Zunächst waren wir das Gefolge vom Vater des Prinzen, dem König, der ja vom berühmten Rolf Hoppe gespielt wurde. Es war gar nicht so einfach, das ganze Zeug anzuziehen: Armzeug, Brustpanzer und Ritterhelm – und dann noch mit einer schweren Fahne in der Hand. Ja, es stimmt: Ich bin da auch mal gestürzt. Vor allem kam ich mit den ganzen verrutschten Rüstungsteilen nicht mehr hoch.“

Trotzdem wurde Junghanns noch für eine besondere Aufgabe als Double eines Begleiters des Prinzen ausgewählt: „Wir mussten mit brennenden Fackeln die steile Burgabfahrt hinuntergaloppieren – das war nicht einfach, zumal die Szene zigmal wiederholt werden musste, weil immer irgendetwas nicht stimmte. Seither weiß ich, was Klappe 15/3 bedeutet, und habe größte Hochachtung vor dem Beruf des Schauspielers.“

"Harmlose Schwärmerei"

Geld oder wenigstens ein kleines Honorar haben Junghanns und die anderen Lehrlinge übrigens nicht bekommen. „An so etwas haben wir gar nicht gedacht. Aber dafür durften wir ja die schöne Prinzessin aus der Nähe bewundern.“

Natürlich seien sie alle ein wenig in die damals 20-jährige Libuse Safrankova verliebt gewesen, sagt Junghanns: „Aber das war eine harmlose Schwärmerei. Zwischen uns lagen Welten. Und außerdem war ich damals schon mit meiner späteren Frau zusammen.“

Mit der lebt Junghanns wie im Märchen sehr glücklich bis heute. Die beiden haben zwei Söhne und sechs Enkelkinder, von denen wiederum zwei auch schon mit dem Reiten begonnen haben. Der Film steht natürlich auch bei Familie Junghanns auf dem Weihnachtsprogramm.

Den generationenübergreifenden Erfolg erklärt sich Junghanns damit, dass dieses Aschenbrödel nicht nur schön, sondern auch keck und selbstbewusst ist. „Hinzu kam die traumhafte Filmmusik Karel Svobodas und wahrscheinlich auch die Tatsache, dass es im Winter spielte. Eigentlich sollte im Sommer gedreht werden, aber irgendwie hatte die Defa in Babelsberg keine Kapazitäten.“

Weil wegen des Schneemangels in einigen Szenen Fischmehl als „Wintermacher“ verwendet wurde, habe es bei den Dreharbeiten manchmal mächtig gestunken, erzählt Junghanns: „Das war uns aber egal, wir erlebten einen Traum und werden uns wohl immer daran erinnern.“

Im November 2004 kam diese Erinnerung Ulrich Junghanns ganz gelegen. „Da durfte ich als stellvertretender Ministerpräsident Königin Elizabeth II. im Schloss Cecilienhof und auf dem Krongut Bornstedt begrüßen, die sich dort mit Beschäftigten aus dem Rolls-Royce-Werk in Dahlewitz traf.“ Junghanns’ filmreife höfische Manieren haben Ihre Majestät wohl überzeugt: „Sie hatte jedenfalls entschieden, mir die Hand zu geben.“

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