Was macht die Familie?: Zu Aschenbrödel fahren
Rosa Märchenkleider, Mädchenträume und Mutter-Leid: In der heutigen Kolumne beschreibt Tanja Buntrock, wie sie ihrer Tochter einen Ausflug ins Märchenschloss schenkte - und sie am Ende doch noch für Fußball begeistern konnte.
Jeder Morgen ein kleines Drama. Meine vierjährige Tochter zieht sich an, und kurz darauf steht sie mit hängenden Mundwinkeln und Kullertränen im Gesicht vor mir. Was passiert ist? Das Kleid dreht sich nicht! Eine für mich völlig banale Tatsache – ein sich nicht drehendes Kleid - kommt bei der Vierjährigen einer Katastrophe gleich. Nach dem Ankleiden steht sie stets vor dem Spiegel im Flur und rotiert um die eigene Achse, um zu schauen, wie ihr Gewand hochfliegt. Schließlich ist sie eine Prinzessin, und die haben opulente Kleider und hochhackige Schuhe mit Edelsteinen („Im Spiel sind meine Sandalen Klick-Klacks, Mama, ja?“).
Ein Besuch in der Kinderabteilung einer Modekette ist für mich der Horror. „Guck mal, Mama, ist dieses rosa Glitzerkleid nicht wunder-wunder-wunderschön?“ Nein, denke ich. Nur schwer kann ich die Leidenschaft für Mädchenträume in Rosa nachvollziehen. Als Kind stand ich in einem alten Werder-Trikot mit Fußballschuhen auf dem Bolzplatz. Ich wollte nie Prinzessin sein, sondern immer nur Rudi Völler, obgleich ich schon damals wusste, dass es nur „ein“ (!) Rudi Völler gibt.
Kürzlich hatte ich mir dennoch eine besondere Überraschung überlegt. Ich dachte: Wenn schon Prinzessin, dann doch das volle Programm. Und so mieteten wir uns in einem Teichhaus des Barockschlosses Moritzburg bei Dresden ein. Morgens blickten wir vom Bett aus auf die schnatternden Entchen im Schlossteich. Meiner Tochter zog sich eines ihrer Märchenkleider an, und wir spazierten durch den Schlossgarten – vorbei an den anderen Besuchern, die vor Entzückung stehen blieben, um uns zu fotografieren. In einer Kutsche ließen wir uns um das Märchenschloss chauffieren, das in dem berühmten Film „Drei Haselnüsse für Aschenbrödel“ vorkommt. Der Höhepunkt aber war die Kinderkostümführung durchs Schloss. Meine Tochter wurde mit etwa 20 großen und kleinen Kindern in ein detailgetreues höfisches Gewand gesteckt. Sie trug ein opulentes rotes Glanzkleid mit Rüschen und Tüll, die Haare hochgesteckt mit einer großen Glitzerspange. Dazu wurde der kleinen Dame ein „Herr“ zur Seite gestellt: ein blonder Knirps mit Dreispitz auf dem Kopf, Gehrock und Kniebundhose. Unter den strengen Kommandos der Schlossführerin, („Und schneller, Kinder, schneller!“) wurde der kleine Hofstaat mit historischen Informationen versorgt und durch die Säle der einstigen Herrscher Sachsens geführt. Zurück in Berlin geschah etwas Unerwartetes. Auf die Frage, ob ich beim Essen das Radio ausmachen solle, antwortete meine Tochter: „Nein, ich möchte noch Fußball hören.“
Kinderführungen (1,5 bis 2 Stunden) auf der Moritzburg werden in den Frühjahrs- und Sommermonaten angeboten. Der Preis pro Kind beträgt 4,50€. Näheres unter www.schloss-moritzburg.de
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