Wetter in Berlin: Frühling naht: Wer zwitschert da draußen eigentlich?
Mitten im Februar Temperaturen bis zu 15 Grad: Das freut Vogelfreunde, Klein- und Biergärtner. Bedeutet das, dass ein neues Dürrejahr bevorsteht?
2019 ist das neue 2018: Ein kräftiges Hochdruckgebiet verschafft Berlin sonniges Wetter, soweit das Meteorologenauge reicht. So ähnlich hatte vor genau zwölf Monaten das Dürrejahr 2018 begonnen. Der entscheidende Unterschied zu damals: Während vor einem Jahr ein eisiger Nordostwind die Gewässer unterm blitzblauen Himmel zufrieren ließ, weht zurzeit nur ein schwaches, ungewöhnlich laues Lüftchen. „Am Wochenende geht es Richtung 15 Grad“, sagt Friedrich Föst vom Dienst Wettermanufaktur. „Das fühlt sich an wie Frühling, zumal die Sonne schon Kraft hat.“
Daran soll sich bis zum Monatsende wenig ändern. Vielleicht wird es wieder einen Tick kühler und vereinzelt trübe, falls feuchtere Luft naht. Aber grundsätzlich „ist das eine sehr stabile Wetterlage“, sagt Föst. Omega-Lage heißt die Konstellation, in der die Höhenströmung um ein von zwei Tiefs umschlossenes großes Hoch weht – etwa in der Form des griechischen Buchstaben.
Bei diesem Wetter fällt umso mehr die Sangesfreude der Vögel auf: Schon vor den ersten Sonnenstrahlen trällert es morgens im Geäst. Derk Ehlert, Naturexperte der Umweltverwaltung, kennt die Sänger im Einzelnen: Bereits vor Beginn der Dämmerung lassen die Rotkehlchen ihren glockenklaren Gesang hören.
Enorme Lautstärke der Zaunkönige
Im ersten Tageslicht seien mit enormer Lautstärke die Zaunkönige zu vernehmen. „Die hießen früher Schneekönige“, sagt Ehlert und stellt klar: „Man freut sich zwar dem Sprichwort nach wie ein Schneekönig, aber deren Gesang ist kein Zeichen von Freude, sondern von Revierverteidigung.“ Die ersten Exemplare würden bereits sogenannte Spielnester für Werbung und Paarung bauen.
Ernster nehmen die Amseln die Familienplanung: Seit einer guten Woche sind die schwarzen Sänger in der Morgendämmerung zu hören – und teils schon mit dem Bau „richtiger“ Nester beschäftigt. Zwar werde die Aktivität der Vögel weit stärker von der Tageslänge bestimmt als von der Temperatur. Aber die Wärme verbessert das Futterangebot – und erhöht die Überlebenschancen der ersten Amselbrut, die sich bei aufgetauten Böden leichter mit Würmern und Insekten versorgen lässt als bei spätem Frost.
„Wenn alle anderen wach sind, legen dann auch die Spatzen los“, erklärt Ehlert die weitere Partitur. Während die Meisen schon seit Januar ihr Tütüt-tütüt durch Wälder und Parks schallen lassen, machten sich Singdrosseln und Buchfinken erst jetzt auf den Rückweg aus Westeuropa. Aus gleicher Richtung ziehen auch die Wildgänse her, und Ehlert weiß auch von mehr als 20.000 Kranichen, die am vergangenen Wochenende die Pyrenäen überquert hätten.
Mitten im meteorologischen Hochwinter ist der Frühling also unüberhörbar – und das Wochenendwetter durchaus dazu angetan, die Grillsaison zu eröffnen – wegen der nächtlichen Kälte eher mittags als abends – oder sich ein sonniges Plätzchen im Biergarten zu sichern.
Der kurze Winter hat den Regenmangel nicht kompensiert
Wer den eigenen Garten bevorzugt und vor dem Bier noch arbeiten will, bekommt von Sven Wachtmann eine To-do-Liste: Gehölze pflanzen, Bäume schneiden, Hecken stutzen, Komposterde gewinnen, Rasen kalken – all das biete sich bei derart mildem Winterwetter an, sagt der Fachberater des Landesverbandes der Kleingärtner. Nur frostempfindlichere Gewächse wie Rosen, Hortensien, Sommerflieder und Lavendel solle man noch in Ruhe lassen. Und auch noch kein Gemüse säen, damit die Pflänzchen nicht von spätem Frost dahingerafft werden. Frühblüher dagegen könnten bedenkenlos ins Freiland oder den Balkonkasten eingesetzt werden.
Ob der verfrühte Frühling der Auftakt eines neuen Dürrejahres wird, ist nach Auskunft des Meteorologen Föst noch völlig ungewiss. Sicher sei nur, dass der kurze Winter den enormen Regenmangel von 2018 nicht ansatzweise kompensiert hat: Statt 600 Liter fielen kaum 350. Wer pflanzt, muss also auch gießen. Oder sich auf den Biergarten beschränken.
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Stefan Jacobs