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Er steigt aus. Frank Henkel zieht sich aus der Landespolitik zurück.
© dpa

Machtwechsel in der Berliner CDU: Frank Henkel will CDU Zerreißprobe ersparen

Der CDU-Landeschef zieht die Konsequenzen aus seiner Niederlage. Ein Parteitag soll in wenigen Wochen Monika Grütters ins Amt wählen.

Sein Gefühl für die Partei hat ihn dann doch nicht verlassen. Frank Henkel erklärte am Donnerstag, er wolle möglichst bald den CDU-Landesvorsitz aufgeben, so dass Monika Grütters übernehmen kann. Er wolle seinen Beitrag dazu leisten, dass die Berliner CDU möglichst bald ihre Rolle als größte Oppositionspartei übernehmen könne. Er wolle auch nicht für das Amt des Vizepräsidenten des Abgeordnetenhauses kandidieren, „um der Fraktion eine Zerreißprobe zu ersparen“. Henkel hätte in einer Kampfabstimmung gegen die Abgeordnete Cornelia Seibeld antreten müssen, die dieses Amt übernehmen will. Nun hat in der Partei niemand mehr Grund zum Zorn auf den gescheiterten Spitzenkandidaten.

Parteifreunde fragen: Warum schwieg er so lange?

Sein Rückzug „erspart der Partei eine Menge Stress“, wie einer der Wichtigeren sagte. Tatsächlich hatte sich in der Berliner CDU nach dem 18. September eine seltsame Mischung aus Verwunderung über und Groll auf Henkel verbreitet. Verwunderung darüber, dass er einfach nur schwieg - zur Führungsdiskussion, zu Fragen nach seiner Zukunft, zu den Konsequenzen aus dem Wahldesaster. Die CDU hatte nur 17,6 Prozent der Stimmen bekommen – deutlich weniger als bei der Wahl 2011, bei der sie mit Henkel als Spitzenkandidaten 23,3 Prozent gewonnen hatte.

Florian Graf dankt ihm "von ganzem Herzen"

Und weil Henkel so tat, als ginge ihn alles nichts mehr an, baute sich Groll auf. Der ist nun weg. CDU-Fraktionschef Florian Graf dankte Henkel nach seinem Rückzug „von ganzem Herzen“ für das, was er geleistet habe. „Mit diesem Schritt beschleunigt er den Neustart der Berliner CDU“, sagte Graf. Monika Grütters sei „ein hervorragender Vorschlag für das Amt der Landesvorsitzenden. Mit ihr an der Spitze wird sich die Berliner Union als bürgerliche Kraft neu formieren“.

Mit seinem Entschluss hat der Mann, der die CDU 2008 bis 2011 wieder mit-regierungsfähig gemacht hat, sein Verhältnis zur Partei wiederhergestellt. 2011 war er als Underdog angetreten gegen die Berliner Groß-Politiker Klaus Wowereit und Renate Künast. Henkel legte einen Wahlkampf hin, in dem die CDU unspießig und doch bürgerlich wirkte, offen für das, was ein Publikum bewegte, das sich nicht als Arm-aber-sexy-Wahlvolk einpacken lassen wollte. Dem unterschätzten Henkel ging der Wowereit’sche Hochmut ebenso ab wie die Künast’sche Regulierungswut – und plötzlich war er Koalitionspartner, fast auf Augenhöhe mit dem regierenden Sonnenkönig von der SPD.

Er entschied zu parteipolitisch bei Personalentscheidungen

Fast. Die Berliner CDU trug und stärkte Henkel, sie feierte ihn auf Parteitagen und leistete sich keinerlei nach außen laut werdende innere Streitereien mehr. Doch Henkels Verbundenheit mit seiner Partei schwächte ihn zugleich. Er machte Parteipolitik, wo er kluge personalpolitische Entscheidungen hätte treffen müssen - etwa bei der Bestallung seiner beiden Staatssekretäre. So wurde sein Amt als Innensenator nicht, wie er angekündigt hatte, zur Basis eines stadtpolitischen Aufräumers, sondern zur Gefahrenquelle.

Im Senat und vor allem in der Stadt wollte Henkel die neue Verlässlichkeit der runderneuerten CDU beweisen – und kam an seine Grenzen. Wowereit führte ihn als Ankündigungssenator vor, der nachfolgende Regierende Michael Müller eröffnete mitten in der Flüchtlingskrise den Wahlkampf am Lageso, und der starke Mann der CDU zog sich in die oft symbolhafte Akut-Kriminalitätsbekämpfung zurück. Nun raten ihm seine Parteifreunde, erstmal durchzuatmen. Dann sieht man weiter.

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