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Die Flüchtlinge vor dem Brandenburger Tor verweigern jetzt auch das Trinken.
© dpa

Trink- und Hungerstreik in Berlin: Flüchtlinge am Brandenburger Tor gehen an ihre Grenzen

Die Asylbewerber am Brandenburger Tor wollen auch das Trinken verweigern. Am Dienstag wird außerdem vor der Botschaft von Nigeria protestiert. Derweil streiten Bezirks- und Landespolitiker weiter um neue Unterkünfte.

Die Flüchtlinge am Brandenburger Tor, die sich seit vergangener Woche im Hungerstreik befinden, wollen nun auch auf das Trinken verzichten. Dies teilten sie am Montag vor Ort mit. In einigen Krankenhäusern nahm man die Nachricht mit Sorge auf. Schon in den vergangenen Tagen mussten einige der protestierenden Flüchtlinge in einer Klinik medizinisch versorgt werden. Die fast 30 Flüchtlinge haben seit der Nacht zu Donnerstag keine Nahrung mehr zu sich genommen. Sie fordern eine Anerkennung ihrer Asylanträge und waren aus anderen Bundesländern nach Berlin gereist, als sich in der Hauptstadt die Proteste gegen die Asylpolitik der Bundesregierung bündelten.

Vor einem Jahr sollte diplomatische Vertretung besetzt werden

Und an diesem Dienstag werden die Proteste zunehmen. Anlass ist die versuchte Besetzung der Botschaft von Nigeria vor einem Jahr. Damals wollten Flüchtlinge und deren Unterstützer gegen die Zusammenarbeit der diplomatischen Vertretung und der deutschen Ausländerbehörden protestieren. Die Botschaft erstellte auf Bitten der deutschen Behörden die Papiere, hieß es, um die geplante Abschiebung zu beschleunigen. Behelmte Polizisten lösten den Protest an jenem 15. Oktober 2012 gewaltsam auf – Unterstützer der Flüchtlinge sprachen auch von Rassismus. Die Unterstützer teilten an diesem Montag mit, dass derzeit Prozesse gegen beteiligte Aktivisten am Landgericht stattfänden.

Am Dienstag wird vor der Botschaft von Nigeria protestiert

Asylbewerber können zu Anhörungen in die Botschaften derjenigen Länder vorgeladen werden, von denen angenommen wird, dass sie dort herkämen. Dann werden durch Botschaftsmitarbeiter etwa Dialekte, körperliche Merkmale oder Religionszugehörigkeiten überprüft, um die vermutete Staatsbürgerschaft nachzuweisen. Flüchtlingsgruppen kritisieren das als Willkür. An diesem Dienstag wollen sie dagegen ab 16 Uhr vor der Botschaft Nigerias in der Neuen Jakobstraße demonstrieren. Anschließend soll es eine Demonstration zum Flüchtlingscamp am Oranienplatz, später zu den Hungerstreikenden am Brandenburger Tor geben.

Die Unterkünfte für Asylbewerber in Berlin sind ungleich über die Bezirke verteilt.
Die Unterkünfte für Asylbewerber in Berlin sind ungleich über die Bezirke verteilt.
© Tsp

Vor wenigen Monaten schon hatten Flüchtlinge in München versucht, durch einen Hunger- und Trinkstreik eine Aufenthaltsgenehmigung zu erzwingen. Ihr Camp im Münchner Zentrum war von der Polizei geräumt worden, als einige der Flüchtlinge durch den Hungerstreik in Lebensgefahr geraten sein sollen.

Senator Czaja und Bezirksbürgermeisterin Herrmann einigten sich

Auch in der Berliner Landespolitik wird nach wie vor über die Flüchtlingsunterbringung gestritten, wenn auch nicht mehr so öffentlich wie in den vergangenen Tagen. Doch auch nachdem sich der zuständige Sozialsenator Mario Czaja (CDU) mit der Kreuzberger Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann (Grüne) darauf geeinigt hatte, für die rund 60 Frauen und Männer vom Oranienplatz ein festes Gebäude bereitzustellen, bleibt eine grundsätzliche Frage offen: Wer ist letztlich in der Pflicht, die dringend benötigten Unterkünfte für Asylbewerber bereitzustellen?

Kaum jemand stellt gern Flüchtlingsunterkünfte bereit

Dem Sozialsenator bescheinigen sowohl Landes- als auch Bezirkspolitiker, seit Monaten intensiv nach geeigneten Gebäuden zu suchen. Das ist nicht einfach. Denn Bezirke, Landesgremien und Privatpersonen machen nicht unbedingt auf „Überkapazitäten“ in ihren Beständen aufmerksam. Leere Gebäude seien wie vorgeschrieben an den Liegenschaftsfonds gegangen, heißt es etwa aus vielen Bezirken.

Senat: Wir prüfen Gebäude

Der Fonds vermarktet die Immobilien für das Land und untersteht Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos, für die SPD). Doch auch dort weist man darauf hin, dass man den Gebäudebestand überprüfe, aber auch nicht alle Häuser geeignet seien. Weil Bezirksbürgermeisterin Herrmann kürzlich auf den „sozialdemokratischen Teil des Senats“ zielte, wiesen Vertreter sozialdemokratisch geführter Senatsverwaltungen darauf hin, dass Gebäude grundsätzlich erst dann (privatwirtschaftlich) vermarktet würden, wenn klar sei, dass es keinen öffentlichen Bedarf oder keine Möglichkeit der Nutzung gebe.

Ungleiche Verteilung zwischen den Berliner Bezirken

Der eine oder andere Landesbeamte sagte außerdem, auch in den Bezirken wisse man, wie sich Gebäude mithilfe des Baurechts „als ungeeignet“ erklären ließen. Bei näherem Hinsehen werden zwischen den Bezirken die Unterschiede deutlich: Nach wie vor sind Lichtenberg, Spandau und Mitte die Bezirke, in denen am meisten Flüchtlinge in Gemeinschaftsunterkünften leben. In den nächsten Monaten wird sich das ausgleichen, weil vor allem dort neue Flüchtlinge untergebracht werden, in denen bislang vergleichsweise wenige Asylbewerber leben.

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