Promis feiern den Berlinale-Start: Filmfest beginnt mit viel Glamour
Das erste Berlinale-Wochenende ist dem großen Schaulaufen auf dem roten Teppich gewidmet - erstmals seit vielen Jahren ohne Dieter Kosslick.
Damen in schulterfreien langen Abendkleidern betrachten die Madonnenbilder alter Meister. Mit dieser Szene könnte gut ein Film über das große Schaulaufen der Filmstars am ersten Berlinale-Wochenende beginnen. Die Szene gab es wirklich, denn der große Eröffnungsempfang nach dem Premierenfilm fand erstmals im Kulturforum statt.
Die Gemäldegalerie war bis ein Uhr morgens geöffnet, gewissermaßen als Zugabe zu Champagner und Cupcakes. Besonders Kulturministerin Monika Grütters freute sich über die neue Spielstätte: „Endlich sind sie mal hier!“ In den exklusiven Bärenclub waren unter anderem auch die Hauptdarstellerinnen des Eröffnungsfilms „My Salinger Year“, Sigourney Weaver und Margaret Qualley, gekommen.
Im Café des Kulturforums plauderten aber auch Frankreichs Botschafterin Anne-Marie Descôtes, Ehrenbürgerin Margot Friedländer und Berlins führende Literaturagentin Karin Graf, die sich in der von Sigourney Weaver so cool verkörperten New Yorker Berufsgenossin freilich nicht wiedererkannte: „Die brannte nicht richtig.“
Große weiße Luftballons hatten den Weg gewiesen vom Berlinale-Palast zum Kulturforum. Die neuen Gastgeber Mariette Rissenbeek und Carlo Chatrian konnten bei dieser zweiten Premiere des Abends, die kongenial harmonierte mit dem Spirit des kulturvollen Eröffnungsfilms, Glückwünsche entgegennehmen.
Glanzvolle Rituale
Wo vieles erneuert wird, ist es umso wichtiger, dass eherne Rituale bleiben. Die großen Hollywood-Stars sind ja nur die Spitze des Eisbergs. Viel wichtiger, vor allem am ersten Berlinale-Wochenende, ist das Schaulaufen der deutschen Schauspieler. Job-Jumping ist das harte Los der allermeisten Darsteller.
Events, auf denen man sich so schön und glamourös wie nur irgend möglich präsentieren kann, gilt es also zu nutzen. Vertraute Protagonisten wie Heike Makatsch in raffiniert drapierten schwarzen Pailletten oder Lena Urzendowsky in hellblauem Prinzessinnen-Tüll mögen zum festlichen Auftakt im Berlinale-Palast ihr schönstes, aber nicht einziges Abendkleid angelegt haben.
Es geht um viel Geld
Die Opening Night, zu der Ufa, RTL und Gruner & Jahr in Gestalt ihrer Chefs Nico Hofmann, Stephan Schäfer und Julia Jäkel in der Nacht von Donnerstag zu Freitag ins exquisite Stue Hotel, geladen hatten, war nicht nur ausgelassene Champagner-Party, sondern unausgesprochen auch eine Art inoffizieller Casting-Catwalk, sowohl fürs Zeitschriftenfutter wie für künftige Projekte.
Am Freitag ging es zur besten Weißwurstzeit in der Landesvertretung Bayern weiter. Im Hintergrund dreht sich alles um viel Geld. Der FilmFernsehFondBayern hat, wie Geschäftsführerin Dorothee Erpenstein verkündet, im letzten Jahr 43,5 Millionen Euro ausgegeben. Alice Brauner dreht hier eine rasche Begrüßungsrunde, Doris Dörrie lässt sich am langen Gasthaustisch nieder, wo Weißwurst, Bier und Brezen das Nachdenken über die besten Förderprojekte der nächsten Millionen zünftig versüßen.
Zwölf Kleider für sechs Tage
Abends ging es mit vollem Programm weiter. Erst der Filmpreis-Empfang „Lola meets Berlinale“ im Haus Ungarn, dann der große Auftritt bei der ARD Blue Hour, die traditionell im Kommunikationsmuseum tagt. Auch Profis bleibt an so einem Tag kaum Zeit, die Garderobe zu wechseln, selbst wenn sie die Iris-Berben-Disziplin beherrschen, jeden Berlinale-Tag vorab kostümtechnisch genau durchzuplanen.
Wer in der ARD im Laufe des Jahres über den Bildschirm läuft, ist ziemlich sicher zu Gast bei Programmdirektor Volker Herres und Degeto-Geschäftsführerin Christine Strobl, die sich „bei Machern und Kreativen der Branche für die erfolgreiche Zusammenarbeit bedanken und gemeinsam neue Projekte entwickeln“ wollen.
Aber erstmal müssen sie das nahezu endlose Defilee der Film- und Fernsehstars abnehmen. Am Rande verraten einige, wie sie sich kostümtechnisch vorbereitet haben auf die Filmfestspiele. Christine Urspruch etwa findet es gar nicht unbedingt leicht, während dieser Tage aus dem Koffer zu leben.
Allerdings tut sie das sehr erfolgreich. Bei der Berlinale Eröffnung trug sie ein farbenfrohes Kleid ihrer Lieblingsdesignerin Anja Gockel. Zur ARD kam sie in strengerem Schwarz. „Zwölf Kleider für sechs Tage“, hat sie im Koffer.
So kann sie auch mal nach Bauchgefühl entscheiden. Dennenesch Zoudé hat sich vorab einen genauen Plan gemacht: „Morgens, abends, morgens, abends“. Da braucht sie nur drauf zu schauen und dann einfach in das bereit gelegte Outfit zu schlüpfen. Bei der ARD war es ein kurzes, ausgestelltes schwarzes Cocktailkleid, schlicht und elegant.
Produzentin Alice Brauner absolviert so viele Termine, dass sie es gerade mal geschafft hat, die Vormittagsjeans gegen eine karierte Abendhose zu tauschen. Und dann soll sie auch noch dauernd erklären, warum ihr bereits ausgezeichnetes Herzensprojekt „Crescendo“ es nicht in die Vorauswahl zum Filmpreis geschafft hat. Sie weiß es einfach nicht.
Wilde Tänze im rosa Palazzo
Jeder Regisseur weiß vermutlich, dass an diesem Wochenende alle Dreharbeiten eine Pause brauchen, weil live gespielt wird rund um den Potsdamer Platz. Die Festival Night, zu der es nach der ARD Blue Hour viele Dauergäste zieht, ist ein Erbe aus alten Zeiten, als noch nicht Audi der Hauptsponsor der Filmfestspiele war.
Bei der gemeinsamen Party von BMW und Bunte war der italienische Botschafter Luigi Mattiolo diesmal Mitgastgeber. Dafür wurde sie zum ersten Mal in der italienischen Botschaft gefeiert. Chefredakteur Robert Pölzer und Marketing-Direktor Hans-Reiner Schröder hatten ganze Arbeit geleistet und dem aus römischen Schatzkammern ausgestatteten rosa Palazzo in dieser Nacht mit edlen Stellwänden ihren eigenen Stempel aufgedrückt.
Auch der Regierende Bürgermeister Michael Müller hatte sich unter die Feiernden gemischt. Für Filmschaffende wie Iris Berben, August Wittgenstein und Maria Furtwängler gab es Prosecco, Vitello Tonnato und andere italienische Spezialitäten. Unter den 600 Gästen waren auch etliche, die nicht im Berlinale-Dauerstress sind. Umso besser war die Stimmung auf der Tanzfläche, die sich noch vor Mitternacht füllte. Dazu passte der Wunsch der Gastgeber, dass die Nacht nicht enden möge.
Dichter Sternenhimmel
Die European Shooting-Stars präsentieren sich traditionell beim sonntäglichen Abendempfang der Filmstiftung NRW. Gastgeber der 1000 erwarteten Gäste sind die Geschäftsführerin der Stiftung, Petra Müller und der als möglicher CDU-Vorsitzender gehandelte Ministerpräsident Armin Laschet. Bleibt zu hoffen, dass er den jungen Stars nicht die Show stiehlt.
Die Gästelisten dieser Tage ähneln sich ansonsten so, dass man kaum noch sagen kann, wen man wo gesehen hat. Veronica Ferres war mit ihrer Tochter Lilly Krug auf dem roten Teppich, Margaret Qualley aber ohne ihre Mutter Andie Mac Dowell. Lea van Acken und Jella Haase waren beim Auftakt, Volker Schlöndorff natürlich auch. Der Präsident der deutschen Filmakademie, Ulrich Matthes, ist sowieso omnipräsent. Die Promis treiben wie ein dichter Sternenhimmel über der Festivalstadt.
Elisabeth Binder