Diskussion über neues Hertha-Stadion: "Festplatz ist der am wenigsten ungeeignete Standort"
Mindestens bis Februar 2020 wird geprüft, ob der Erstligist eine eigene Fußball-Arena in Tegel bauen kann. Bis dahin sind viele Hürden zu überwinden.
Es wird noch eine Weile dauern, bis geklärt ist, ob Hertha BSC auf dem Zentralen Festplatz südlich des Flughafens Tegel ein eigens Fußballstadion bauen kann. Eine „Tiefenprüfung“ des Standorts werde voraussichtlich Mitte Februar 2020 abgeschlossen sein, sagte der Chef der landeseigenen Tegel Projekt GmbH, Philipp Bouteiller am Montagabend auf einer Veranstaltung der Reinickendorfer SPD. „Wir prüfen das total wohlwollend, sehen aber auch Schwierigkeiten“, so Bouteiller. Immerhin sei der Festplatz, auf dem bisher noch Volksfeste und andere Vergnügungsveranstaltungen stattfinden, im Bereich des TXL-Geländes der „am wenigsten ungeeignete Standort“ für eine Fußballarena.
Es gibt noch drei andere Flächen im Umfeld, die im Auftrag des Senats und in Zusammenarbeit mit Hertha BSC und der Projektgesellschaft seit Wochen untersucht werden. Es handelt sich um ein Grundstück westlich der Landebahn, eine Fläche auf der Start- und Landebahn nahe dem TXL-Terminal sowie ein Grundstück auf dem nördlichen Rollfeld in Nachbarschaft zum Flughafensee. Alle drei Areale seien aber für ein Stadion "vollkommen ungeeignet", sagte Bouteiller. Entweder weil sie schon für die „Urban Tech Republic“, ein neues Wissenschafts- und Wirtschaftszentrum auf dem 480 Hektar großen Areal des Flughafens Tegel verplant sind. Oder aus Gründen des Natur- oder Lärmschutzes.
Im Sommer 2025 läuft der Mietvertrag für das Olympiastadion aus
„Ich setze darauf, dass es uns gelingt, Hertha BSC auf den Festplatz zu bekommen“, verbreitete der Sport-Staatssekretär Aleksander Dzembritzki im gemütlichen Vereinsheim des RFC Liberta 1914 in Reinickendorf ein wenig Optimismus. Im übrigen hofft er, dass der Erstligist mit der Geschäftsstelle und den Trainingsplätzen im Olympiapark im Westen Berlins bleibt, auch wenn das Stadion irgendwann woanders steht. Am 30. Juni 2025 läuft der Mietvertrag zwischen Hertha und dem Land Berlin für das Olympiastadion aus. Verlängern will der Profiverein auf keinen Fall. Man will endlich eine Arena, hoch, steil und laut, wie es die anderen 17 Bundesligavereine längst haben.
Weil die Bemühungen Herthas, am östlichen Rand des Olympiaparks eine Arena zu bauen, gescheitert sind, wird seit geraumer Zeit der Plan B untersucht. In Konkurrenz zum regional zuständigen Bezirk Mitte, der auf der großen Freifläche gern ein neues Stadtquartier bauen würde, einschließlich Kitas und Schulen. Zwar läuft der Mietvertrag mit den Schaustellern noch bis 2028, aber die Zentrale Festplatz GmbH hängt nicht an dem Areal. Es wäre also Aufgabe des Senats, für Volksfeste einen neuen Standort zu finden und dann zu entscheiden, was besser dorthin passt: Ein Fußballstadion oder ein Wohnquartier. „Wir sind im Gespräch mit dem Bezirk, niemand wird überrascht“, versicherte Dzembritzki.
„Mir fehlt noch die Glaskugel“, sagt der Staatssekretär
Auch der Staatssekretär wollte vor den Reinickendorfer Sportsfreunden und Hertha-Fans nicht den Eindruck erwecken, als wisse er schon, was passiert. „Mir fehlt noch die Glaskugel“, sagte er, zeigte dann „großes Verständnis“ für die Wünsche des Bundesligisten und sprach von einer „Riesenherausforderung“. Vieles sei zu bedenken, auch die bisher schlechte Anbindung an den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV), selbst der Denkmalschutz und sogar europarechtliche Fragen kommen ins Spiel.
Klaus Teichert, Stadion-Manager von Hertha BSC, mag sich immer noch nicht damit abfinden, dass aus den schönen Plänen am Rand des Olympiaparks nichts wird. „In mir sträubt sich alles, dass der am besten geeignete Standort in Berlin für unser Stadion nicht zur Verfügung steht“, sagte er. Nun sei der Zentrale Festplatz im Fokus. Das sei eine Herausforderung, auch wegen der fehlenden Verkehrsanbindung. Zu den Hertha-Spielen im Olympiastadion kämen 70 Prozent der Fans mit öffentlichen Verkehrsmitteln, eine solche Quote strebe der Verein auch an anderer Stelle an. An eine U-Bahnanbindung bis 2025 glaubt Teichert nicht. "Aber 2030 wäre schön." Hertha BSC erwarte eine entsprechende Zusicherung des Senats. Bei einem Planungsbüro hat der Verein jetzt ein Gutachten zur Verkehrssituation rund um den Festplatz beauftragt. Außerdem soll ein Fachbüro für Schallanalysen prüfen, ob sich dort die landesrechtlichen Schallschutzbestimmungen einhalten lassen.
Absurder Gedanke: Schnell eine U-Bahn nach Tegel
Teichert lobte die „angenehme Atmosphäre“ in den Gesprächen mit der Tegel Projekt GmbH. Deren Chef Bouteiller gab das Kompliment zurück. „Vielleicht kriegen wir das doch irgendwie hin.“ Der Gastgeber der Veranstaltung, der Reinickendorfer SPD-Abgeordnete Jörg Stroedter, beklagte sich über die vielen Kollegen im Abgeordnetenhaus, die wenig vom Fußball verstünden. Hertha BSC sei doch auf Dauer nur konkurrenzfähig mit einem echten Fußballstadion. Er sei nach wie vor dafür, die Arena im Olympiapark zu bauen, aber da sei nun mal „vieles nicht gut gelaufen“. Den Standort Festplatz sieht Stroedter eher skeptisch, auch wegen der schlechten Anbindung an den öffentlichen Schienenverkehr. „Davon zu träumen, wir kriegen ganz schnell eine U-Bahn nach Tegel, ist doch absurd.“
Das TXL-Gelände, einschließlich des Festplatzes, hatte Stroedters Parteifreund und Sportexperte der SPD-Fraktion, Dennis Buchner schon im Herbst 2018 ins Gespräch gebracht. Im Mai dieses Jahres schlug Innen- und Sportsenator Andreas Geisel (SPD) offiziell vor, diesen Bereich für den Stadionneubau zu nutzen. Sollte die „Tiefenprüfung“ zugunsten des Festplatzes ausgehen, muss sich erst noch der Senat einigen, ob Hertha BSC dort bauen darf. Das letzte Wort hat das Berliner Abgeordnetenhaus, das einem Erbpachtvertrag für das landeseigene Grundstück zustimmen muss.