Bildungspolitik in Berlin: FDP erwägt Vorschulpflicht
Die Berliner FDP entdeckt die Bildung für sich und bringt vier Anträge ins Plenum ein. Kritik gibt es an der Schulsenatorin.
Berlins FDP-Fraktion fliegt nicht nur auf Tegel, sondern auch auf Bildungsthemen: Mit gleich vier Anträgen meldet sich ihr bildungspolitischer Sprecher Paul Fresdorf im nächsten Plenum zu Wort. Es geht um mehr Qualität von der Kita bis zur Schule, es gibt neue Themen, aber auch eine alte Forderung seiner Vorgängerin Mieke Senftleben taucht wieder auf – das Vorschulpflichtjahr.
„Wir wollen die Schulpflicht ausweiten, und zwar als Beitrag zur Chancengleichheit“, erläutert der Spandauer Abgeordnete den Vorstoß für „beste Bildung schon vor der Schule“. Fresdorf findet es „zu spät“, wenn Lehrer erst „im zweiten Halbjahr merken, wo der Erstklässler einen Förderbedarf hat“. Daher möchte er das alles schon in der Kita klären, wo er das Vorschuljahr andocken möchte: In der Schule wäre in Zeiten der knappen Raumkapazitäten auch gar kein Platz für eine „nullte Klasse“.
Eine Zusatzausbildung für Erzieher
In den Kitas sieht das schon anders aus: Hier ist es zwar auch eng, und Personal fehlt sowieso, aber es würde sich gar nicht so viel ändern durch das Pflichtjahr: „Über 95 Prozent der Kinder sind ja sowieso im Jahr vor der Einschulung in der Kita“, sagt Fresdorf. Wenn es sich um ein Pflichtjahr handeln würde, könnten Eltern ihre Kinder nicht mehr monatelang gar nicht oder nur unregelmäßig bringen – so lautet die Forderung, die mit dem Kita-Pflichtjahr verknüpft ist.
Auch inhaltlich will Fresdorf nachbessern. Er wünscht sich für die Erzieherinnen eine Zusatzausbildung, damit sie gezielter mit den Fünfjährigen arbeiten können. Das große Ziel lautet: mehr von allem – von Konzentrationsfähigkeit, Frustrationstoleranz, Selbstmotivation, realistischer Selbsteinschätzung und der Fähigkeit zur sozialen Interaktion sowie eine „altersgerechte Kompetenz in der deutschen Sprache“, heißt es in dem Antrag.
Kritik an der Bildungssenatorin
Das Kita-Thema wird auch von einem anderen Antrag tangiert. Darin fordert die FDP – ähnlich wie die GEW – eine bessere Qualifikation für Quereinsteiger. Sie sollen verbindlich einen vierwöchigen Vorbereitungskurs absolvieren, damit sie nicht völlig ahnungslos sind, wenn sie erstmals eine Kita-Gruppe betreuen müssen. „Mindeststandards müssen zum Wohl des Kindes eine zentrale Rolle spielen“, findet Fresdorf. Damit reagiert der Jugendpolitiker auf die Ankündigung von Familiensenatorin Sandra Scheeres (SPD), den Quereinstieg in den Kitas erheblich auszuweiten, um trotz Personalmangels mehr Betreuungsplätze anbieten zu können.
Die FDP bricht gern eine Lanze für die freien Schulen, das gilt auch für Fresdorf. Allerdings nimmt er sich eines Themas an, das nur selten Beachtung findet. Das ist der Umstand, dass die Lehrer freier Schulen nur nachrangig berücksichtigt werden, wenn die Bildungsbehörde Fortbildungen anbietet. Damit soll es vorbei sein, findet Fresdorf und fordert, dass zehn Prozent der Fortbildungsplätze für Lehrer freier Schulen reserviert sein sollen. „Das würde auch den Austausch vorantreiben“, erwartet er.
Digitale Bildung als festen Bestandteil der Lehrerausbildung
Im vierten und letzten Antrag guckt Fresdorf über den Berliner Tellerrand hinaus auf die Bundesebene. Er regt an, dass sich die Bildungssenatorin in der Kultusministerkonferenz für „fächerübergreifende verbindliche Standards zur digitalen Bildung“ einsetzt, die in den Berliner Lehrplänen verankert werden sollten. Darüberhinaus sollten die Berliner Bemühungen dahin gehen, dass Bund und Länder einen Staatsvertrag zur Finanzierung der digitalen Infrastruktur abschließen und digitale Bildung als festen Bestandteil der Lehreraus- und -weiterbildung verankern. Zur Begründung heißt es, dass Deutschland „weit entfernt“ sei von einer internationalen Spitzenposition hinsichtlich der Nutzung digitaler Medien.
Am Donnerstag kommen alle vier Anträge ins Plenum – zum Kita-Pflichtjahr will Fresdorf eine Anhörung im Schulausschuss anregen.
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