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Abfertigungsalltag am Flughafen Tegel.
© Ralf Hirschberger/dpa

Berliner Flughafen: Der Tegel-Volksentscheid kommt

Die FDP jubelt über den Erfolg ihrer Initiative „Tegel bleibt offen“. Jetzt folgt die Juristenschlacht um den Flughafen im Berliner Norden.

Der Volksentscheid „Tegel bleibt offen“ kommt. Aber selbst wenn die Berliner die Aufrechterhaltung des Flugbetriebs auf dem Alt-Flughafen befürworten – geht das rechtlich überhaupt? Nein, sagen Senat und Flughafengesellschaft und verweisen auf Festlegungen im Planfeststellungsbeschluss zum Flugbetrieb in der Region und auf ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts dazu. Geht trotzdem, sagen FDP und Initiatoren des Volksentscheids – und kündigen Vorschläge eines Expertenteams für den Wahltag an.

Ins „Sky Convention Center“ am Flughafen Tegel luden FDP-Generalsekretär Sebastian Czaja und ein Dutzend Mitstreiter am Dienstag ein und stellten sich auf wie Wahlsieger. „Eine Viertelmillion Berliner“ seien für Tegel mobilisiert worden, wie Czaja im Hinblick auf die 247.000 gesammelten Unterschriften sagte. Zur Abstimmung stand zwar kein Gesetz, aber der Senat sei jetzt aufgefordert, sich „den Fakten zu stellen und der Realität“. Die einfache Gleichung lautet: Der BER ist zu klein, deshalb muss Tegel offen bleiben – „und was muss, das geht auch“.

Dem Senat den politischen Willen aufzwingen

Eine politische Entscheidung für Tegel fordert die FDP also, und der Volksentscheid ist für die kleine Oppositionspartei das Werkzeug, dem Senat ihren politischen Willen aufzuzwingen. „Wenn Rot-Rot-Grün Politik an einer klaren Entscheidung der Bürger vorbei regieren würde, wären sie schnell abgewählt“, sagte Czaja. Am Tag der Bundestagswahl, dem 24. September, entscheiden die Berliner mit Tegel gleichsam auch darüber.

Für dieses Datum kündigte Czaja auch an, „dem Senat und Abgeordnetenhaus eine Handlungs- und Entscheidungsgrundlage vorzulegen“, um den Bürgerwillen umzusetzen. Ob das ein Gesetz sein wird oder nur ein Widerruf der widerrufenen Betriebserlaubnis für den Flughafen, ließ er offen. Ein Expertenteam soll nun zunächst die rechtlichen Klippen aufzeigen und den Weg weisen, wie sie zu umschiffen sind.

Ist die Schließung Tegels an der BER-Eröffnung gekoppelt?

Dass es eine Alternative zu der vom Bundesverwaltungsgericht bestätigten Koppelung der BER-Eröffnung an die Schließung Tegels gibt, hat ein wissenschaftlicher Mitarbeiter der FU in einem Aufsatz für die öffentliche Verwaltung dargelegt, den Czaja verteilte. Die Kernthese lautet: Die Schließung von Tegel sei gar nicht in den „Hauptteilen“ des Planfeststellungsbeschlusses von 2004 als „selbstständige Verpflichtung“ festgeschrieben – sondern nur in den „Entscheidungsgründen“ für selbigen erwähnt. Diese Gründe könnten sich aber ändern, ohne dass deshalb gleich der ganze Planfeststellungsbeschluss angreifbar sei.

Neue Faktenlage zu den Kapazitäten

Geändert haben sich seit dessen Aufstellung die Fluggastzahlen, die erforderlichen Kapazitäten haben sich massiv erhöht, so dass der BER bereits bei dessen Eröffnung im Jahr 2019 zu klein sein werde. Die Schließung von Tegel falle dadurch als „Entscheidungsgrund“ für den Bau des BER weg, nicht aber die anderen Gründe für den Neubau.

Wie aber will der Jurist die Fortsetzung des Flugbetriebs trotz dessen bereits ausgesprochener Widerrufung (sechs Monate nach BER-Start) realisieren? Durch die Widerrufung der Widerrufung, die „das alte Planungsrecht wiederherstellt“. Genau genommen werde der gegenwärtige Rechtszustand, nämlich eine (wegen der Verzögerung beim BER) immer wieder aufgeschobene Stilllegung, einfach fortgeführt. Einen – neuen und zeitraubenden Planfeststellungsbeschluss für Tegel brauche es dafür nicht. So wie die Widerrufung und Entwidmung des Flughafens als Verwaltungsakte vollzogen wurden, könne es auch mit deren Rücknahme erfolgen. Nur die Ziele der Raumordnung, wonach der BER als „Single-Flughafen“ betrieben wird, müssten Berlin und Brandenburg dazu ändern.

Zwei Juristen, drei Meinungen, heißt es so schön – das dürfte auch auf diesen schwierigen Sachverhalt zutreffen. Sicher ist deshalb wohl nur, dass Tegel-Gegner ein solches juristisches Manöver von den Gerichten prüfen lassen würden – und das dauert.

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