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Langes Warten und überfüllte Zügen in den U-Bahnen gehört zum Berliner Alltag.
© dpa

Verkehr in Berlin: Fahrzeugmangel bei der BVG - volle Züge

Zu wenig U-Bahnen führen zu Ausfällen und längeren Abständen zwischen den Fahrten. Neue Züge sind erst jetzt bestellt worden.

„Weil wir dich lieben.“ Mit ihren Werbesongs begeistert die BVG derzeit nicht nur die Berliner. Und sie setzt ihr Motto auch in der Praxis um – allerdings unfreiwillig. Ihre U-Bahnen sind zumindest in den Hauptverkehrszeiten so voll, dass Fahrgäste engsten Körperkontakt haben; ob sie wollen oder nicht. Der Grund: Die BVG hat zu wenig Züge. Frühestens im nächsten Jahr soll der Mangel behoben werden. Dann gibt es neue Bahnen, die sich die BVG bekanntlich durch einen kleinen Trick beschafft.

„Nächster Zug in neun Minuten“ kündigte am Donnerstag die Anzeigetafel für die Linie U 7 (Rathaus Spandau-Rudow) an, die derzeit wegen Bauarbeiten nur bis Grenzallee fährt. Laut Fahrplan soll es am frühen Morgen einen „dichten Zugabstand“ geben. Die Durchsage erklärt auch nur, was die Fahrgäste ohnehin auch selbst merken: Der Zugverkehr sei unregelmäßig. Und nicht nur auf der U 7.

Kürzere Züge

Auf den Fahrzeugmangel reagiert die BVG. Sie lässt kürzere Züge fahren. Auf der U 3 (Nollendorfplatz–Krumme Lanke) mit dem Verkehr zur Freien Universität sind Züge mit vier statt sechs Wagen inzwischen die Regel; auch zu Vorlesungszeiten. Vor Jahren fuhren hier sogar Acht-Wagen-Züge, erinnern sich ältere Fahrgäste. Kurze Züge kommen auch auf anderen Linien, auf denen sie nicht vorgesehen sind, etwa auf der U 8 (Wittenau–Hermannstraße) oder U 9 (Osloer Straße-Rathaus Steglitz). Bei einem akuten Mangel sei es besser, Züge mit weniger Wagen fahren zu lassen als Fahrten komplett zu streichen, sagte Sprecherin Petra Reetz.

Trotzdem kommt es auch zu Ausfällen. Anders als die S-Bahn, die dies auf ihren Anzeigern mitteilt, erfahren die Fahrgäste der BVG davon nichts. Das elektronische Auskunftssystem Daisy sei dazu nicht in der Lage, sagte Reetz. Der Fahrgast merkt den Ausfall durch den großen Abstand zwischen den Fahrten – wobei er nicht unterscheiden kann, ob die Fahrt ausfällt oder ob der Zug „nur“ Verspätung hat.

Auf der U 7 hat die BVG zudem den Fahrplan „gestreckt“, bestätigte Reetz. Beim dichten Zugverkehr fahren die Züge nicht mehr alle vier, sondern nur noch alle viereinhalb Minuten. Dadurch müssen weniger Züge eingesetzt werden.

Baustelle und Reservezüge

Aber auch eine Baustelle macht der BVG zu schaffen. Weil der Verbindungstunnel am Alexanderplatz von der U 5 (Hönow-Alexanderplatz) zum übrigen Netz und zu den anderen Werkstätten derzeit gesperrt ist, müsse man zwei zusätzliche Züge für den Betrieb der U 5 bereithalten, sagte Reetz. Zusätzliche Züge können aktuell nur per Straßentransport zur U 5 gebracht werden. Trotz der Reservezüge fallen aber auch auf der U 5 häufig Fahrten aus. „Jeder unplanmäßige Werkstattaufenthalt wirkt sich auf den Betrieb aus“, sagte Reetz.

Jetzt im Herbst kommt – wie auch bei der S-Bahn – das Problem mit dem auf Schienen liegenden Laub hinzu. Beim Bremsen blockieren die Räder, sie erhalten sogenannte Flachstellen, die in den Werkstätten beseitigt werden müssen. Auch Graffiti führt zu Ausfällen. Weil keine beschmierten Züge fahren sollen, kommt es wegen des Beseitigens der Schmierereien zu unplanmäßigen „Besuchen“ der Züge in den Werkstätten.

Planen lässt sich der Werkstattzyklus aber ohnehin kaum noch. Die Fahrzeuge sind im Durchschnitt um die 30 Jahre alt und müssen häufig repariert werden. Jahrelang hatten der Senat und die BVG auf einen Sparkurs gesetzt und keine neuen Züge bestellt. Erst jetzt beschafft die BVG, wie berichtet, 80 weitere Wagen ohne die übliche Ausschreibung, weil sie einen Fahrzeugnotstand erklärt hat. Und das bei steigenden Fahrgastzahlen.

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