"Pankower Tor": Erste Kompromisse und etliche Zugeständnisse
Beim Bauprojekt Pankower Tor geht es doch voran. Jetzt sollen 1500 Wohnungen gebaut werden - doppelt so viele, wie sich Möbelunternehmer Krieger vorgestellt hatte.
Das Gezerre um 40 Hektar Ödfläche mitten in Pankow hat zu ersten Kompromissen geführt. „Wir sind auf einem Pfad zur Einigung“, sagte Pankows Bezirksbürgermeister Sören Benn (Linke). Man sei aber noch nicht bei einer solchen angekommen.
In den Diskussionen um das Projekt „Pankower Tor“ sind die Senatsverwaltungen für Stadtentwicklung und Verkehr auf der einen sowie Bezirk und Investor auf der anderen Seite inzwischen bei folgenden Eckdaten angekommen: 1500 Wohnungen und 27 000 Quadratmeter Verkaufsfläche.
1500 Wohnungen wären etwa doppelt so viele, wie sich Möbelunternehmer Kurt Krieger anfangs vorgestellt hatte. Zumal ein Drittel dieser Wohnungen sozial gebunden sein soll, also zur subventionierten Miete von 6,50 Euro angeboten wird.
Beim geplanten Einkaufszentrum hat offenbar die Verwaltung von Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher (Linke) erhebliche Zugeständnisse gemacht. Während der Bezirk 30 000 Quadratmeter, wie von Krieger gefordert, für vertretbar gehalten hat, wollte Lompscher maximal die Hälfte zulassen.
Eine Mall nicht mehr zeitgemäß
Auch das Konzept einer geschlossenen Mall löste bei den Handelsexperten der Senatsverwaltung wenig Begeisterung aus. Eine Mall sei wegen des Strukturwandels im Einzelhandel nicht mehr zeitgemäß und bedrohe den vorhandenen Einzelhandel im Umfeld.
Eine neue „Potenzialanalyse“ habe aber erwiesen, dass 27 000 Quadratmeter an diesem Standort vertretbar seien, sagte Benn, darüber gebe es zwischen Senat und Bezirk jetzt keinen Dissens mehr. Offen sei weiterhin, wie das Einkaufszentrum aussehen sollte, man würde Krieger gerne dazu bewegen, kulturelle und öffentliche Nutzungen zu integrieren.
Offen sind auch andere Fragen: Wie viele Parkplätze soll es auf dem Gelände geben? Was passiert mit der denkmalgeschützten Lokschuppenruine in Heinersdorf? Wie viel Verkehr wird durch die Bebauung ausgelöst?
Spaßbad oder Busbahnhof?
Krieger und Bezirk haben sich beim Lokschuppen in einem skurrilen Rechtsstreit verrannt, obwohl offenkundig ist, dass sofort etwas gegen den weiteren Verfall des einmaligen Denkmals getan werden muss. Neben den Bahngebäuden sollte eine Schule entstehen, dazu läuft noch eine Machbarkeitsstudie, aus der wahrscheinlich hervorgehen wird: Der Standort ist wohl eher ungünstig.
Für das Lokschuppen-Gelände östlich des Anschlusses zur A 114 gibt es auch andere Nutzungsideen. Ein Planungsbüro hat vorgeschlagen, dort einen zweiten Busbahnhof einzurichten – der wäre verkehrstechnisch günstig gelegen, da in Autobahnnähe, allerdings etwas weit außerhalb der Innenstadt. Es kursiert auch die Idee, das geplante Pankower Spaßbad dorthin zu verlegen.
Es werde weiter mit Krieger verhandelt, sagt Benn. Angestrebt werde eine schriftliche Grundsatzvereinbarung, auf deren Basis dann ein neues Verkehrskonzept, ein städtebaulicher Vertrag und ein Bebauungsplan erarbeitet werden könnten. Ein langer Weg ist das also noch bis zu einem Baubeginn.
Grünen passt die Richtung nicht
Einen Zeitplan mit konkreten Terminsetzungen für die einzelnen Planungsschritte gebe es nicht, sagte Benn. Allerdings sollte es noch in diesem Jahr zu einer Vereinbarung kommen. Lompschers Haus hält sich weiterhin bedeckt, möchte auch die genannten Eckdaten nicht bestätigen. „Alle Beteiligten sind daran interessiert, zügig voranzukommen“, sagte ihre Sprecherin Karin Dietl.
Es gibt aber auch Unbeteiligte, besonders im Kreis der Pankower Grünen, die ein geringes Interesse an erfolgreichen Verhandlungen haben. Ihnen passt die gesamte Richtung des Bauvorhabens nicht. „Pankow braucht mehr Wohnungen, Infrastruktur, Kleingewerbe, Geschäfte und keine Center und Möbelhallen“, twitterte der Pankower Abgeordnete Andreas Otto im Dezember.
Einige hoffen darauf, dass Krieger angesichts des Gezerres irgendwann aufgibt und das ehemalige Bahngrundstück der Stadt verkauft. Der Unternehmer äußert sich nicht mehr öffentlich zu dem Projekt.
Nur die Kreuzkröte profitiert
Vor den Wahlen zum Abgeordnetenhaus im Herbst 2016 gab es bereits eine Rahmenvereinbarung, die aber mit Rücksicht auf die neue Koalition nicht unterschrieben wurde. Damals war der Verzicht auf eine Ost-West-Straße zugunsten einer Tram das große Zugeständnis der Verkehrsplaner.
Nun geht es darum, den Autoverkehr an den geplanten Möbelmärkten so zu kanalisieren, dass die umgebenden Wohnviertel nicht darunter leiden. Bisher wurden alle Verkehrsgutachten verworfen – oder wegen fehlerhafter Annahmen zurückgezogen. Ein erstes planerisches Werkstattverfahren zum Pankower Tor endete 2014 ohne Ergebnis.
Bisher profitiert vom planerischen Hickhack nur die Kreuzkröte, die auf der Brache siedelt und unter Naturschutz steht. Für die Kröte gibt es bereits Ersatzstandorte, etwa den Landschaftspark Herzberge in Lichtenberg. Aber ein Umzug ist noch verfrüht.