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Eigentlich sollten alle Erzieher und Erzieherinnen in Problemkiez-Schulen finanziell bessergestellt werden (Symbolbild).
© Arno Burgi/dpa

Ärger mit der Brennpunktzulage: Erste Erzieher wollen Schulen wegen finanzieller Einbußen verlassen

Erzieher werden mit einer höheren Tarifgruppe dafür belohnt, dass sie an Brennpunktschulen arbeiten. Doch dadurch haben einige nun weniger Geld.

Die von der rot-rot-grünen Koalition beschlossene finanzielle Besserstellung von Erzieherinnen an Brennpunktschulen stellt den Senat vor ein offenbar unlösbares Problem: Einige Erzieherinnen verdienen jetzt wegen der Besonderheiten des Tarifrechts weniger statt mehr. Wer das nicht hinnehmen will, muss an eine Schule ohne Brennpunktstatus wechseln. Diese Auffassung teilte die Senatsverwaltung für Bildung der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) jetzt mit.

„Wenn Erzieherinnen und Erzieher auf die Höhergruppierung verzichten, hat dies zur Folge, dass ihnen eine Tätigkeit zu übertragen ist, die keine besondere Schwierigkeit beinhaltet“, schreibt Abteilungsleiter Thomas Duveneck in einem Brief an die GEW. Dies bedeute eine Umsetzung an eine Schule, die nicht als Schule mit besonderer Schülerschaft eingestuft sei. Mit der Formulierung „besondere Schülerschaft“ ist gemeint, dass mindestens 80 Prozent der Schüler aus Familien kommen, die soziale Hilfsleistungen vom Staat erhalten: Die Bildungspolitiker wollen auf diese Weise den Begriff „Brennpunktschule“ umgehen.

Dass Erzieherinnen sich umsetzen lassen müssen, um keine Gehaltseinbußen zu haben, mag kafkaesk anmuten, ist aber im komplizierten Nebeneinander von Tarifgruppen und Erfahrungsstufen begründet: Das hängt nicht zuletzt mit den Laufzeiten der Erfahrungsstufen zusammen und fällt unter den schönen Begriff „Tarifautomatik“. Die Berliner GEW hat errechnet, dass es in manchen Fällen bis zum Jahr 2038 dauern könnte, bis Brennpunkterzieher „ins Plus“ kämen.

Nachdem die GEW dies der Bildungsverwaltung im Februar mitgeteilt hatte, kam von Duveneck vergangene Woche besagte Antwort, erläuterte GEW-Tarifexperte Udo Mertens am Wochenende auf Anfrage.

Erste Fälle in Kreuzberg und Neukölln

Der Personalratsvorsitzende von Friedrichshain-Kreuzberg, Gökhan Akgün, berichtet inzwischen von ersten Umsetzungsanträgen und entsetzten Schulleitern, weil die betroffenen Erzieherinnen die Gehaltseinbußen nicht hinnehmen wollen. „Die Kolleginnen sind verunsichert“, berichtet er. Mertens weiß von weiteren Fällen in Neukölln.

Bei den Lehrern gibt es dieses Problem nicht: Sie erhalten eine monatliche 300-Euro-Zulage, wenn sie an einer Brennpunktschule arbeiten. Ursprünglich sollten auch die Erzieher eine Zulage bekommen. Laut GEW scheiterte dies an der Finanzverwaltung: Sie gehe – anders als die GEW – davon aus, dass die Tarifgemeinschaft der Länder eine solche Regelung bei den Erziehern nicht mittragen würde.

Die Spreewald-Grundschule in Schöneberg gehört zu den 58 Schulen, deren Beschäftigte von der besseren Bezahlung profitieren sollen.
Die Spreewald-Grundschule in Schöneberg gehört zu den 58 Schulen, deren Beschäftigte von der besseren Bezahlung profitieren sollen.
© dpa

Die Brennpunktzulage beschert der bei diesem Thema federführenden SPD bisher vor allem eines – Ärger: Schon 2017 begann die Diskussion darüber, wie die eingeplanten acht Millionen Euro pro Jahr so ausgegeben werden könnten, dass die Quereinsteigerquote an den sozial besonders belasteten Schulen sinkt. Dieser Anspruch hat sich bereits verflüchtigt. Was übrig blieb, war die Erwartung, den Beschäftigten auf diese Weise zumindest Wertschätzung zu zeigen.

Bei den Lehrern mag das klappen, bei den Erzieherinnen gab es von Anfang an Verdruss: Erst sollten sie leer ausgehen, dann wurde ihre Höhergruppierung beschlossen, die aber laut Mertens im Schnitt weit weniger als die 300 Euro der Lehrer bringt. Dass sie nun aber sogar zu einem Minus auf dem Gehaltszettel mutieren kann, ist das Gegenteil des Beabsichtigten.

Maja Lasic erwartet Würdigung des Erreichten

„Da ist aus meiner Sicht nicht die letzte Messe gesungen“, erwartet die bildungspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Maja Lasic. Die „einzelnen Fälle“ der Schlechterstellung müssten von der Exekutive gelöst werden. Die Höhergruppierung sei nun mal „der einzige Weg wie auch Personal jenseits der Lehrkräfte mehr Geld an Brennpunktschulen erhalten können“. Vor lauter Beschwerden werde leider vergessen, „dass wir hier sehr erfolgreich das Tarifrecht gedehnt haben, um die besonderen Herausforderungen in Brennpunkten wertzuschätzen“. Das sei eigentlich im Tarifrecht nicht vorgesehen, betont Lasic.

Eine Liste mit allen öffentlichen Schulen, die die Bedingungen der Zulage bzw. Höhergruppierung erfüllen, findet sich in dieser Anfrage des SPD-Abgeordneten Joschka Langenbrinck. Da die für freie Träger tätigen Erzieherinnen nicht unmittelbar ein höheres Entgelt erhalten, sind sie in der Liste nicht aufgeführt.

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