zum Hauptinhalt

Streit um Fluglärm: Erst vier Prozent der Haushalte sind lärmgeschützt

In Frankfurt am Main gibt es 335 Millionen Euro für die Anwohner – davon ist man in Schönefeld noch weit entfernt.

Anwohner des neuen Flughafens Berlin-Brandenburg in Schönefeld, die in Zukunft den Lärm der startenden und landenden Flugzeuge ertragen müssen, können derzeit nur neidisch nach Frankfurt am Main blicken. Dort ist es durch die neue Landebahn für viele Anwohner zwar auch sehr laut geworden, doch das Land Hessen, die Flughafengesellschaft, die Flugsicherung und Fluggesellschaften haben jetzt ein „Lärmschutzpaket“ beschlossen. In der „Allianz für Lärmschutz 2012“ sollen weitere 335 Millionen Euro in passive Schallschutzmaßnahmen fließen. So weit ist man in Schönefeld drei Monate vor der Aufnahme des Flugbetriebs noch nicht. Weitere Maßnahmen könnte aber der Aufsichtsrat der Flughafengesellschaft auf seiner nächsten Sitzung beschließen.

Ob Berlin und Brandenburg nach dem Vorbild Hessens zusätzliche Millionenbeträge aufwenden, um die krachgeplagten Anwohner besser zu schützen als bisher vorgesehen, ist zweifelhaft. Der Sprecher der Brandenburger Landesregierung, Thomas Braune, verwies lediglich auf die Ankündigung von Ministerpräsident Mathias Platzeck (SPD), dass Menschen „in besonderen Problemlagen“ auch besonders geholfen werden solle – über das bisher vorgesehene Maß hinaus. Der dafür erforderliche finanzielle Rahmen stehe noch nicht fest. Keine Angaben machte Braune, wer die Zusatzsumme aufbringen soll.

Die Flughafengesellschaft hat bisher aus ihrem Etat rund 140 Millionen Euro für den Lärmschutz vorgesehen. Weil sich inzwischen die Flugrouten geändert haben, musste das Lärmschutzgebiet neu berechnet werden. Hinzugekommen sind nun knapp 70 Häuser in Dahlewitz, in denen nach Angaben der Flughafengesellschaft rund 150 Menschen leben. Insgesamt sind bisher 25 500 Haushalte als schutzwürdig eingestuft worden.

Für rund 8100 Haushalte sollen von Schallschutzmaßnahmen profitieren. Bisher sind aber nur 3 900 Anträge gestellt worden.

Allein schon deshalb könne man die Situation in Schönefeld nicht mit dem Frankfurter Flughafen vergleichen, erklärte Braune. Dort gebe es mit den vier Bahnen rund 81 000 direkt belastete Haushalte. Der Protest gegen den Fluglärm hat am Main allerdings auch erst mit der Inbetriebnahme der neuen Landebahn im vergangenen Jahr erheblich zugenommen, weil dadurch Flugrouten geändert werden mussten. Die Maschinen donnern nun zum Teil über Gebiete hinweg, die vorher überflugfrei waren. Ähnlich wird es in Schönefeld sein, wenn die neuen Routen gelten und wieder zwei Start- und Landebahnen genutzt werden können – in Spitzenzeiten mit parallel startenden oder landenden Maschinen. Der Flughafen liegt zwar in Brandenburg, doch auch auf Berliner Boden gibt es Lärmbetroffene. Wie der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) auf eine Kleine Anfrage der CDU-Abgeordneten Katrin Vogel mitteilte, gibt es rund 8100 Wohneinheiten, für die Schallschutzmaßnahmen bewilligt worden sind. Betroffen sind Bohnsdorf, Müggelheim, Karolinenhof, Schmöckwitz und Hessenwinkel. Bisher seien allerdings erst etwa 3900 Anträge gestellt worden.

Insgesamt sind bisher nach Angaben von Flughafensprecher Ralf Kunkel 15 000 Anträge so rechtzeitig eingetroffen, dass die Antragsteller bis zur Eröffnung des Flughafens den Lärmschutz hätten erhalten können. Umgesetzt wurde er bisher allerdings erst rund tausendmal. Hier habe es Probleme gegeben, gibt Kunkel zu. Deshalb wolle man in Zukunft bürgerfreundlicher agieren und weniger bürokratisch. Die Betroffenen sollten auch besser beraten werden.

In Frankfurt bringt Hessen 100 Millionen Euro in die Lärmschutz-Allianz ein, 15 bis 20 Millionen Euro steuert der Flughafen bei und weitere 150 Millionen Euro kommen als Darlehen von der Wirtschafts- und Strukturbank des Landes.

Der Flughafen hat zudem ein weiteres Häuserankaufsprogramm mit einem Volumen von 70 Millionen Euro gestartet. Der Korridor für den Kauf von Häusern, über denen es besonders laut ist, soll auf jeder Seite um 120 Meter verbreitert werden. Der Bürgerverein Brandenburg-Berlin fordert ein großzügiges „Absiedlungsproramm“ auch für Blankenfelde, das direkt überflogen wird.

Zur Startseite