Flughafen BER: Mehr Überflüge auf der Wannsee-Route als angekündigt
Die südwestliche Region Berlins könnte vom Lärm des neuen Flughafens Schönefeld stärker betroffen sein als bisher bekannt. Statt mit 48 Überflügen pro Tag müssen die Anwohner mit mehr als 80 rechnen.
Die Region südwestlich Berlins könnte wesentlich stärker vom Lärm des künftigen Großflughafens Schönefeld betroffen sein als bisher angenommen. Statt der angekündigten 48 müsse jetzt mit 83 Überflügen gerechnet werden. Das teilte Rechtsanwalt Remo Klinger am Freitag mit. Die Kanzlei Geulen & Klinger vertritt in den Flugroutenverfahren die rechtlichen Interessen der Stadt Teltow sowie der Gemeinden Kleinmachnow und Stahnsdorf.
Wie berichtet, hatte das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung (BAF) am 26. Januar dieses Jahres die Flugroutenfestlegung veröffentlicht und darin eine sogenannte Wannsee-Route festgesetzt.
Angekündigt wurde, dass auf dieser nur mit 48 Überflügen pro Tag zu rechnen sei. Durch ein Schreiben der Deutschen Flugsicherung (DFS) sei die Kanzlei nun darüber informiert worden, dass diese Zahl falsch ist. Man habe „zwischenzeitlich einen neuen Prognoseflugplan 2012“ erhalten, zitiert Klinger aus dem Schreiben. Danach seien es 83 Überflüge, die zum Zeitpunkt der Eröffnung des Flughafens im Juni 2012 bei Westwindbetrieb – und somit an zwei Drittel der Betriebstage – zu erwarten sind: Eine Steigerung um 73 Prozent. Ein Sprecher der DFS bestätigte die Zahlen.
Aus den Kommunen kommt Protest. „Wir lassen uns nicht zugunsten wirtschaftlicher Interessen Anderer für dumm verkaufen“, erklärte Kleinmachnows Bürgermeister Michael Grubert (SPD) am Freitag. „Es spottet jeder Beschreibung, wie man hier offensichtlich mit uns umzugehen gedenkt“, sagt Teltows Bürgermeister Thomas Schmidt (SPD). „Es reicht“, lautete der kurze Kommentar des Stahnsdorfer Bürgermeisters Bernd Albers (Bürger für Bürger).
Laut Klinger gebe es Hinweise darauf, dass die jetzt bekannt gewordenen Tatsachen dem Bundesamt bereits zum Zeitpunkt der Flugroutenfestlegung bekannt waren. Das sei nicht nur politisch verheerend, sondern begründe auch einen schwerwiegenden Rechtsfehler, so der Anwalt, dessen Kanzlei unter anderem bereits die Stadt Rheinsberg und weitere Anliegergemeinden erfolgreich im Kampf gegen das Bombodrom vertreten hat. „Es hätte niemals zur Festlegung der Wannsee-Route kommen dürfen, denn offenkundig lagen veraltete Flugzahlen zugrunde“, sagt Klinger.
Den Gemeinden Kleinmachnow und Stahnsdorf, die unmittelbar unter der Wannsee-Strecke liegen, hat er eine Klage gegen die Flugroute beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg empfohlen. Zudem empfiehlt der Rechtsanwalt Musterklagen betroffener Einwohner. „Die nunmehr bekannt gewordenen Überflugzahlen erhöhen die Erfolgschancen deutlich“, sagte Klinger. Ohnehin stehe die Wannsee-Route im Widerspruch zum Votum der Fluglärmkommission und der Empfehlung des Umweltbundesamtes.
Teltow liegt nicht direkt unter dieser Route. Die Stadt könnte dennoch stark betroffen sein, weil laut BAF Flugzeuge, die vor Ludwigsfelde eine Flughöhe von 1500 Metern erreichen, früher abdrehen dürfen und somit unter anderem auch Teltow überfliegen würden. „Wenn das zu einer faktischen Flugroute führt, werde ich auch der Stadt Teltow eine Klage empfehlen“, so Klinger. Endgültig müssen die Kommunalvertreter der drei Kommunen über eine Klage ihrer Gemeinden gegen die Flugrouten entscheiden.