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Ein Polizeibeamter steht in einem Hauseingang in der Rigaer Straße.
© Paul Zinken/dpa
Update

Linksextremisten-Hochburg: Erneut Räumungsklage gegen „Kadterschmiede“ in der Rigaer 94 eingereicht

Die letzte Klage war am unbekannten Eigentümer gescheitert. Die Finanzverwaltung erklärt, dieser stehe im Grundbuch. Das bringt Bewegung in den Ankaufs-Streit.

Die Berliner Senatsverwaltung für Finanzen nennt erstmals klare Bedingungen für die von Innensenator Andreas Geisel (SPD) mehrfach geäußerte Idee, das teilbesetzte Haus in der Rigaer Straße 94 aufzukaufen – und so die Lage rund um die Hochburg von gewalttätigen Linksextremisten zu befrieden.

Markus Bernau, der Anwalt des bislang anonymen Eigentümers, zeigte sich nun zuversichtlich mit Blick auf mögliche Verhandlungen mit dem Senat. Obendrein gibt es Bewegung bei der SPD-Fraktion im Abgeordnetenhaus, die Anwälte nun als rechtmäßige Vertreter des Eigentümers anzuerkennen.

Für die von Senator Matthias Kollatz (SPD) geführte Finanzverwaltung steht zunächst auch nicht die Vertretungsvollmacht der Anwälte für den Eigentümer im Vordergrund, die bislang strittig war.

Innensenator Andreas Geisel (SPD), der selbst einen Ankauf ins Spiel gebracht hat, „um Recht und Ordnung durchzusetzen“, nahm in einem Beitrag für den Tagesspiegel dagegen erneut Bezug auf die Urteile.

Zuletzt hatte das Landgericht im Juni 2019 die Räumungsklage gegen die Szenekneipe „Kadterschmiede“ abgelehnt, weil ihm der Nachweis über einen Gesellschafterbeschluss der in Großbritannien ansässigen Kapitalgesellschaft fehlte, wer die Firma als „Director“ vertritt.

Finanzverwaltung: Frage des wirtschaftlich Berechtigten steht bei der Ankaufsfrage im Vordergrund

Und Geisel wiederholte nun, der für die Rigaer 94 eingetragene „Lafone Investments Limited“ sei es „in den vergangenen Jahren mehrfach nicht gelungen, die deutschen Gerichte davon zu überzeugen, dass sie rechtswirksam Geschäftsführer bestellt hat und dass die vor Gericht auftretenden Rechtsanwälte befugt sind, die Rechte des Eigentümers zu vertreten.“

Die Finanzverwaltung sieht das etwas anders und erklärte nun: „Der rechtliche Eigentümer ergibt sich aus dem Grundbuch.“ Beide Ressorts für Inneres und Finanzen haben im Frühjahr jedenfalls schriftlich entsprechende notarielle Nachweise über die Vertretungsbefugnisse bekommen.

SPD-Innenpolitiker hält Anwalt für "legitimen Vertreter"

Selbst der innenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Frank Zimmermann, geht davon aus, dass der Nachweis längst erbracht ist. Der Zeitung „Neues Deutschland“ sagte er nun: „Ich plädiere dafür, dass man mit denen, die da sind, verhandelt. Ich habe den Eindruck, Herr Bernau und der Verwalter sind die legitimen Vertreter.“

Die Finanzverwaltung sieht die entscheidende Hürde für einen Ankauf der Rigaer 94 denn auch an einem anderen Punkt. „Für die Frage eines möglichen Ankaufs steht nicht die Frage der Vollmacht im Vordergrund, sondern die Frage des wirtschaftlich Berechtigten, der hinter der ausländischen Gesellschaft, steht.“

Für Verhandlungen sei zwischen Finanz- und Innenverwaltung ein Grundsatz vereinbart worden, wonach „Ergebnisse nur zustande kommen können, wenn der wirtschaftlich Berechtigte bekannt und benannt ist“. Der Senat würde „einen Kaufpreis nicht an eine Briefkastengesellschaft zahlen“, wenn „die Identität des wirtschaftlich Berechtigten weiterhin ungeklärt“ wäre.

Anwalt des Eigentümers begrüßt Stellungnahme aus der Finanzverwaltung

Markus Bernau, der den Eigentümer als Anwalt vertritt, begrüßte die Stellungnahme aus dem Kollatz-Ressort. "Endlich kommt mal eine substanzielle und fundierte Auskunft vom Senat, allerdings nicht von der Innen-, sondern von der Finanzverwaltung", sagte er. Die durchscheinende Kritik an der Innenverwaltung hat mit den Erfahrungen von Bernaus Kanzlei mit Innensenator Geisel zu tun.

Geisel hat im September 2019 jenen Mann getroffen, der ihm nach Angaben seiner Anwälte erklärt hat, der Mehrheitsgesellschafter hinter der Lafone Investment zu sein. Schließlich schickten ihm die Anwälte im Frühjahr 2020 jene notariellen Nachweise, die dem Landgericht noch gefehlt haben.

Zwar erklärte Geisel wiederholt, am besten wäre es, das Land Berlin würde die Rigaer 94 kaufen, um die Lage im Friedrichshainer Nordkiez zu befrieden. Doch eine Rückmeldung auf die eingereichten Schriftsätze gab es nach Angaben der Anwälte nicht.

Vor einem Jahr hatte Geisel selbst den Ankauf ins Spiel gebracht

Dazu passt dies: Vor einem Jahr hatte Geisel selbst den Ankauf ins Spiel gebracht. In seinem am Samstag im Tagesspiegel veröffentlichten Beitrag spielte er den Ball an den Eigentümer zurück und warf ihm vor: „... dann fordert er den Senat auf, ihm das ganze Haus abzukaufen.“ Der Senat würde das Haus kaufen, um Klarheit zu schaffen. Man werde aber keiner unbekannten Person Geld geben.

Eigentümeranwalt Bernau sagt nun: „Selbstverständlich wird sich der wirtschaftlich Berechtigte, der sich schon dem Innensenator vorgestellt hat, bei Verkaufsverhandlungen offenbaren und ausreichend legitimieren. Aber nicht der Öffentlichkeit, sondern vertraulich den Verhandlungspartnern beim Senat.“ In diesem Fall hätte der Eigentümer „keine Angriffe mehr zu befürchten, wie sie der frühere Eigentümer erlebt hat. Am Ende bleibt dann aber die Frage, ob überhaupt ein tragbares Kaufangebot unterbreitet wird.“

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Der Eigentümer, ein in Berlin lebender Privatmann, hält die Mehrheitsanteile von 94 Prozent an der britischen Lafone-Gesellschaft. Damit will er sich davor schützen, wie der vorherige Eigentümer angegriffen zu werden.

Geisel machte nebenbei auch publik, dass der Eigentümer erneut vor Gericht gezogen ist. Tatsächlich haben die Anwälte eine einstweilige Verfügung beantragt. Sie wollen damit eine Entscheidung erwirken, die ihnen das Betreten des Hauses gerichtlich ausdrücklich erlaubt. Juristisch geht es um sogenannte Mitbesitzrechte. 

Anwalt und Hausverwalter waren bei einer richterlich angeordneten Durchsuchung wegen Ermittlungen zu einer Gewalttat und zu Sozialbetrug am 9. Juli wegen entstandener Schäden von der Polizei gerufen worden und hatten das Haus betreten. Dabei entfernten sie ein Stahltor und nahmen zwei nicht vermietete Wohnungen wieder in Besitz. Danach errichteten die Bewohner ein neues Stahltor.

Landgericht prüft erneut Vertretungsnachweise der Kapitalgesellschaft

Das Amtsgericht lehnte den Antrag auf einstweilige Anordnung zunächst ab, es bezweifelte, dass Hausverwalter und Anwalt durch das Betreten des Hauses ausreichend ihre Mitbesitzansprüche geltend gemacht hätten. Nach einer Beschwerde liegt das Verfahren nun seit einigen Wochen vor dem Landgericht. 

Die Anwälte der Bewohner des teilbesetzten Hauses bezweifeln auch wie in zwei anderen Verfahren in den vergangenen Jahren, darunter zur "Kadterschmiede", dass die Vertretung der Gesellschaft ausreichend nachgewiesen ist. Möglicherweise wird das Gericht dazu auch eine mündliche Verhandlung anberaumen. Sollte das Gericht die Vertretungsnachweise für ausreichend erachten, wäre dies juristisch eine weitrechende Wende in dem jahrelangen Streit. Aber auch politisch wäre eine Entscheidung sehr weitreichend - da sich die rot-rot-grüne Koalition und der Innensenator stets genau auf die früheren Urteile berufen.

Daneben haben die Anwälte erneut eine Räumungsklage gegen die Szenekneipe "Kadterschmiede" eingereicht, wie Markus Bernau am Montag erklärte. Diesmal rechnen er sich bessere Chancen als 2019 aus. Denn wie in dem weiteren Verfahren haben sie die bislang fehlenden Nachweise nach eigenen Angaben erbracht.

In das seit Jahresbeginn per Gesetz vorgeschriebene Transparenzregister muss der Eigentümer übrigens nicht eingetragen werden. Es dient dem Kampf gegen Geldwäsche. Sogenannte „wirtschaftlich Berechtigte“, die hinter einer ausländischen Gesellschaft stehen, der in Deutschland Immobilien gehören, müssen dort vermerkt werden - allerdings nicht rückwirkend.

Am Montag tagt der Innenausschuss

Die Opposition wollte am Montag den Anwalt Bernau und den Hausverwalter im Innenausschuss anhören, die Koalition verweigerte aber ihr Einvernehmen. Es geht um die Lage in der Rigaer Straße und die Frage, ob die Polizei in ihrer Strafverfolgung gegenüber Linksextremisten zögerlicher ist. Dazu gibt es einen Entscheidungsvorbehalt der Polizeiführung zum „Betreten linker Szeneobjekte“.

Anwalt und Hausverwalter waren Mitte Juli auf offener Straße von Autonomen aus der Rigaer 94 gewaltsam angegriffen worden. Die Polizei hatte zuvor ihr Schutzersuchen zum Betreten des Hauses abgelehnt. Die geflüchteten Täter verfolgten die Einsatzkräfte nicht ins Haus hinein - angeblich wegen der langen Meldeketten nach dem Entscheidungsvorbehalt.

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