Kleiner Fachaufsatz, große Folgen: Er erfand den Mietendeckel – nun ist er unzufrieden
Peter Weber arbeitet in einem Amt in Berlin-Pankow, seine Idee für den Mietendeckel wäre beinahe übersehen worden. Dann schalteten sich drei SPD-Politiker ein.
Bei dem Gedanken, dass das Schicksal des von ihm erfundenen Mietendeckels aller Voraussicht nach in Karlsruhe entschieden wird, muss Peter Weber lächeln. Ausgerechnet in „der Stadt des Rechts“, wie Weber den Sitz des Bundesverfassungsgerichtes nennt, hat der Fachanwalt für Mietrecht knapp 20 Jahre lang gelebt.
Nach dem Studium in Frankfurt am Main und Heidelberg zog es ihn nach Karlsruhe und dort an das Landgericht. Mittlerweile arbeitet Weber im Pankower Wohnungsamt und kümmert sich um die Durchsetzung des Zweckentfremdungsverbots.
Und hat ganz nebenbei den Mietendeckel erfunden: das vermutlich wichtigste Gesetz der rot-rot-grünen Landesregierung, ein Gesetz, das deutschlandweit, ja sogar weltweit Aufsehen verursacht hat, ein Gesetz, das, sollte es vor dem Bundesverfassungsgericht bestehen, wohl rasch Nachahmer finden dürfte in anderen Großstädten.
Peter Weber ist das beinahe unangenehm. „Ich will auf kein Podium“, sagt er, „meine Stimme hat kein Gewicht.“ Er sei ein bescheidener Mann, 51 Jahre alt, so viel erfährt man noch, keine Fotos, kein Treffen.
Mietendeckel: Es begann mit einem juristischen Fachartikel
Er habe einfach, so sagt er, einen Aufsatz in einem juristischen Fachmagazin geschrieben, Titel: „Mittel und Wege landeseigenen Mietpreisrechts in angespannten Wohnungsmärkten“, veröffentlicht im November 2018 auf acht Seiten in der „Juristen Zeitung“. Was folgte, war für ihn selbst die größte Überraschung.
Es waren drei SPD-Politiker, namentlich Eva Högl, Kilian Wegner und Julian Zado, die das politische Potenzial des Fachaufsatzes erkannten. Dabei habe er zuvor auch Politiker der Grünen und der Linkspartei auf sein „Juwel“, wie Weber den Aufsatz dann doch ganz unbescheiden nennt, aufmerksam gemacht. Ohne Folgen – vorerst.
Fahrt nahm die Idee erst mit einem Text der drei Sozialdemokraten auf, der die Idee Webers aufgriff, veröffentlicht am 18. Januar 2019 im Tagesspiegel, Überschrift in der Printausgabe: „Eine Mietendeckelung ist möglich“, ein Vorschlag für ein neues Landesrecht. Das Wort war geschaffen, der Prozess nahm Fahrt auf – und damit auch das politische Wettrennen um die Urheberschaft der Idee.
Weber: Als externer Sachverständiger meist ignoriert
Am Ende ließ sich die SPD von der Linken erst ein- und später überholen, „Lompschers Mietendeckel“, heißt es seither überall. Das liegt auch daran, dass die Stadtentwicklungssenatorin der Linken, Katrin Lompscher, die ursprüngliche Idee der Mietpreisobergrenze um einen heute entscheidenden und hochumstrittenen Punkt erweiterte: die Möglichkeit, die Mieten nicht nur zu deckeln, also einzufrieren, sondern sie auch senken zu können. Lompscher setzte sich damit koalitionsintern durch.
Peter Weber, der Mann, der zu alldem den gedanklichen Anstoß gab, lobt vor allem den resoluten Einsatz der Senatorin. Er habe großen Respekt dafür, „wie sie das Projekt gegen Widerstände verteidigt und am Ende auch durchgesetzt hat“.
Lompschers Verwaltung allerdings kommt in seiner Beurteilung weniger gut weg. „Die Behandlung durch die Senatsverwaltung empfinde ich mitunter als befremdlich und unbefriedigend“, sagt Weber, der zwar als externer Sachverständiger eingeladen worden war, ansonsten nach eigener Aussage aber weitestgehend ignoriert wurde.
Weber meint das Gesetz sei ein Irrgarten
Gut unterrichtete Kreise berichten sogar, Lompscher habe das Gesetz gegen den Widerstand im eigenen Hause durchsetzen müssen. Wohl auch deshalb lobt Weber die Senatorin für ihre Standhaftigkeit. Ein gutes Jahr später tritt an diesem Sonntag das „Gesetz zur Mietenbegrenzung im Wohnungswesen in Berlin (MietenWoG Bln)“ in Kraft.
Ähnlich sperrig, wie der offizielle Titel des Mietendeckels daherkommt, findet Weber auch die Ausgestaltung. „Der Gesetzestext ist aus meiner Sicht recht umständlich formuliert“, das gefalle ihm nicht. „Die verwirrenden Wiederholungen und Verweisungen machen die Rechtsanwendung nicht einfacher.“ Das „schöne Gesetz“, das er sich einst gewünscht hätte, sei es nicht geworden, stattdessen sprach er kürzlich in der „taz“ sogar von einem „Irrgarten“.
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Weber ist dennoch zuversichtlich, dass das Gesetz der juristischen Überprüfung standhalten wird. Erst in der vergangenen Woche hatte das Bundesverfassungsgericht einen Eilantrag von Vermietern gegen den Mietendeckel als unzulässig verworfen. „Aus meiner Sicht ist das schon ein Signal“, sagt Weber. „Der Versuch, das Gesetz in diesem frühen Stadium zu Fall zu bringen, ist zumindest erst mal gescheitert.“ Wobei, alte Juristenweisheit, natürlich jeder seine Seite herauslesen könne.
Wie die kommenden Versuche ausgehen werden, beobachtet Weber lieber weiter zurückgezogen von seinem kleinen Pankower Büro aus. Und bastelt bereits an der nächsten Idee für die Regulierung des Wohn- und Immobilienmarktes: Ein allgemeines Wohnungswirtschaftsgesetz schwebt ihm vor. Eines, das den Mietenmarkt umfassend regulieren würde.
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