Staatsanwaltschaft zum Großeinsatz gegen Berliner Clan: "Einige sitzen schon wegen anderer Taten in U-Haft"
77 Immobilien eines arabischen Familienclans wurden "vorläufig eingezogen". Die Spur führt zurück zu einem Sparkassen-Überfall 2014 in Mariendorf
Die Berliner Staatsanwaltschaft hat sich zum Großeinsatz gegen eine bekannte Neuköllner Familie geäußert. Wie berichtet, hatte es am Freitag weitgehend unbemerkt, offenbar gut vorbereitete Durchsuchungen gegeben. Der Leitende Oberstaatsanwalt, Jörg Raupach, sagte am Donnerstagmittag: Es handele sich um eines der größten, wenn auch nicht um das erste Verfahren nachdem 2017 die neuen Regeln zur Vermögensabschöpfung eingeführt wurden. Raupach zufolge steht eine aus dem Libanon stammende Großfamilie im Verdacht, rund 9,3 Millionen Euro aus einem Einbruch einer Sparkasse in Mariendorf gewaschen zu haben.
Im Herbst 2014 waren Schließfächer der Bank aufgebrochen und ein Geldautomat gesprengt worden - ein Täter verletzte sich dabei, ist festgenommen worden und sitzt derzeit eine Haftstrafe ab. Die Beute von mehr als 9,1 Millionen Euro blieb verschwunden. Der verurteilte Mann äußerte sich dazu jedenfalls nicht, er gehört besagter Familie an.
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Seine Verwandten haben Staatsanwalt Raupach zufolge 2015 dann diverse Wohnungen und Grundstücke gekauft. Auffällig: Ein Käufer, der über Hunderttausende Euro verfügte, soll ein Heranwachsender gewesen sein - und zwar einer, der Transferleistungen bezieht. Seitdem haben sich Dutzende Ermittler mit dem Verdacht der Geldwäsche befasst, die Zahl der Verdächtigen stiegt bei den Recherchen in Grundbuchämtern und Banken auf 16 Angehörige der Familie und enge Bekannte an. Der Staatsanwalt räumte ein: "Einige von ihnen sitzen schon wegen anderer Taten in Untersuchungshaft."
Auch Innensenator Andreas Geisel (SPD) äußerte sich am Freitag. "Der Rechtsstaat hat wieder gezeigt, wie stark er ist", so Geisel. "Wir steigen den Kriminellen auf die Füße und treffen sie dort, wo es ihnen richtig weh tut: beim Geld und Eigentum."
Kernfamilie des Clans lebt seit 30 Jahren in Berlin
Am Freitag waren 40 Polizisten ausgerückt und hatten 13 Anschriften in Berlin und Brandenburg durchsucht. Insgesamt wurden 77 Immobilien - Wohnungen, Häuser, Grundstücke - vorläufig eingezogen. Zwei Staatsanwälte und vier Rechtspfleger befassen sich mit den gefundenen Unterlagen. Bis zur gerichtlichen Klärung der Vorwürfe verfügt der Staat über die Immobilien.
Die Kernfamilie des Clans lebt seit fast 30 Jahren in Berlin. Im Laufe des libanesischen Bürgerkrieges kam sie mittellos nach Berlin. Inzwischen besitzen Angehörige der arabischen Großfamilie nicht nur Immobilien, sondern auch Firmen, Grundstücke, Anteile an Unternehmen Dritter. "Im aktuellen Verfahren geht es aber um Geldwäsche", sagte Raupachs Kollege Staatsanwalt Bernhard Mix. Ob sich bei diesen Ermittlungen gegen die Familie auch Indizien für weitere Taten gefunden habe? "Dazu sagen wir hier nichts."
Was die Staatsanwaltschaft auf mehrfache Nachfrage bestätigte: Männer der Neuköllner Großfamilie seien in einem weiteren Verfahren Beschuldigte: dem Diebstahl der Goldmünze aus dem Bode-Museum. Vor einem Jahr ist das Gesetz zur Neugestaltung des Rechts der Vermögensabschöpfung in Kraft getreten. Die Bundespolitik hat damit eine EU-Richtlinie in deutsches Recht umgesetzt, seitdem ist es einfacher Vermögen einzuziehen, wenn es Anhaltspunkte dafür gibt, dass es aus Straftaten stammt.