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Gefühlt wird jetzt Woche ein neues Bauprojekt gestartet.
© Rainer W. During
Update

Bauprojekte in Spandau: "Eine Milliarde wird in Spandau investiert"

Ein Investor aus Österreich verplant 220 Millionen Euro an der Havel. Und es ist längst nicht das einzige große Wohnungsprojekt am Westrand.

Zwischen Currywurst und Weizenbier ging’s neulich ums Eingemachte. „Eine Milliarde wird bei uns in Spandau investiert“, sagte Bezirksbürgermeister Helmut Kleebank (SPD) bei einem gemütlichen Anwohnerabend, irgendwo tief im Süden des Bezirks, und die Bürger nickten beeindruckt. Is’ ja irre, eine Milliarde?!

Es vergeht gefühlt keine Woche, in der in Spandau nicht irgendwo ein Baukran aufgestellt wird. Der neueste Riesendeal ist nach Tagesspiegel-Informationen dieser hier: Ein Investor aus Österreich – die Buwog-Gruppe – nimmt nicht weniger 220 Millionen Euro in die Hand und steckt das Geld in die Brache rund um die markanten Havel-Speicher, besser bekannt als „Heeresverpflegungsamt“ aus den 30er Jahren an der Parkstraße.

Ein komplette neues Viertel

Die Begründung von Alexander Happ, Berlin-Chef der Buwog-Gruppe, hat es in sich: Nachdem es in den Szenekiezen wie Friedrichshain, Kreuzberg und Prenzlauer Berg praktisch keine Bauflächen mehr gebe und am Wasser sowieso alles bebaut werde, „ist das Spandauer Havelufer die ideale Alternative“. Baustart ist 2018. Um die drei alten Speicher am Havelradweg will die Buwog-Gruppe ein komplett neues Viertel errichten: mit 1000 Wohnungen, Neubauten, Lofts für Startups, Künstlerateliers und Kitas.

Ortswechsel: Einige Kilometer südlich, zweite Rathaus-Etage, Blick auf die schöne Havel – hier hat Frank Bewig sein Büro, er ist von der CDU. Ein Baustadtrat ohne Referent, was ziemlich absurd ist, weil der Mann hier im Westen viel Arbeit zu delegieren hätte: Zu sehen an der riesigen Wandkarte seines Bezirks, wo gelbe Kreise markiert sind – Neubauprojekte mit herausragender Bedeutung. Bewig muss ja nur aus dem Fenster gucken. Da fressen sich die Bagger seit einer Woche durch die Postruine aus den 80er Jahren. Für mehr als 100 Millionen Euro entstehen hier bis 2021 im Spandauer Zentrum Hotels, Türme, Wohnungen, Cafés.

Im westlichsten Bezirk der Stadt, der gern wegen seiner verschnarchten Randlage und seiner speziellen Eigenheiten gern auf die Schippe genommen wird, dreht sich am Ende fast immer alles um Neubauten. Baustadtrat Bewig denkt schon länger über neue Straßen im Spandauer Norden nach, gen TXL-Areal. Die CDU hat sich hier in Spandau gegen die Offenhaltung des Flughafens ausgesprochen. Und die Lage hat sich auch nach dem erfolgreichen TXL-Entscheid nicht groß verändert.

1000 neue Wohnungen in der TXL-Schneise

In der Flughafenschneise wird gebaut, gebaggert, gebuddelt. Die „Pepitahöfe“ mit 1000 Wohnungen – benannt nach einer spanischen Tänzerin – entstehen für 200 Millionen Euro und sollen bald fertig sein. 200 weitere Wohnungen plant ein Investor auf dem ehemaligen Gasag-Gelände neben den Speichern. Insel Eiswerder wird eh umgekrempelt, und Investionen wie der Wohnturm „Deck one“ (15 Stockwerke, 77 qm Terrasse, mit Blick auf Havel und TXL) wachsen seit letzter Woche in den Himmel. „Eine Milliarde“, wie Kleebank, dürfte da in der Tat zusammenkommen (zumal Kleebank später via Twitter noch mal nachgelegt hat: "Deutlich über 1 Milliarde Euro allein bei Großprojekten in nächsten 10 Jahren").

Zudem soll es ja jetzt auch an Orten wie dem einstigen DDR-Kreiskrankenhaus in Staaken-West losgehen. Orte, die genauso lange verwaist waren wie die drei markanten Speicher am Havelufer – und ebenfalls in der TXL–Schneise liegen. Auch in Staaken sind 740 Wohnungen in den einstigen Klinik-Ruinen geplant.

Mieterhöhungen um fast 10 Prozent

„Die Mieten in Spandau stiegen seit 2014 um fast zehn Prozent“, hat Uwe Pieper, 57, neulich auf einer Spandauer Mietertagung erzählt. Er ist Chef des Alternativen Mieter- und Verbraucherschutzbundes. „Für Spandauer wird es immer schwieriger, eine günstige Wohnung zu finden.“ Es gebe nur ein Mittel: „Bauen, bauen und nochmals bauen.“

Schwerpunkt all der Investition bleibt der Norden des Bezirks, wo das Wasser und der Wald nah sind und die Preise erschwinglich. Auf der anderen Havelseite plant die Stadt eines der riesigen Neubauviertel: „Gartenfeld“ für 10.000 Menschen, gegenüber dem stillgelegten und gleichnamigen S-Bahnhof. Von dort sind’s nur zwei Stationen bis zum S-Bahnring – und nur wenige hundert Meter bis zu den zwei TXL-Landebahnen. Noch wird hier in Flughafennähe weitergeplant.

All diese Menschen müssen von Spandau in die Stadt kommen. Deshalb denken sie im Rathaus auch so gern über die Verlängerung der S-Bahn (Siemensbahn) nach sowie über die Rückkehr der Straßenbahn gen Wasserstadt. Stadtrat Bewig sagt: „Das Busnetz in Spandau ist oft am Limit.“ Schon jetzt, wenn die Mieter noch gar nicht da sind.

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