Rathausvorplatz in Berlin-Wedding: Ehrung für Widerständler gegen Nazis scheitert an Bürokratie
Seit Jahren gibt es die Idee, den Rathausvorplatz in Wedding nach Elise und Otto Hampel zu benennen. Doch nun steht fest: Der Platz bleibt namenslos.
Einen Platz umbenennen? Das ist in Berlin ja selten einfach. Die Posse, die sich seit vier Jahren um die Namensgebung des Rathausvorplatzes in Wedding abspielt, schöpft ihre Besonderheit aber gleich aus vielen Absurditäten.
Schauplatz der Tragikomödie ist der bislang namenlose Platz zwischen Schiller-Bibliothek und dem Rathaus Wedding, der seit Jahren umgebaut wird. Die Bezirksverordnetenversammlung Mitte nahm die Neugestaltung Anfang 2014 zum Anlass, dem Platz nun auch einen Namen zu geben. Die Eigentümerin des zentralen Platzbereichs, die landeseigene Berliner Immobilienmanagement GmbH (BIM), ließ daraufhin aber wissen, dass sie keinen eigenen Namensvorschlag hat. Stattdessen wolle sie die Vorschläge aller Beteiligten abwarten.
In der BVV Mitte wurden fünf Namen diskutiert, darunter auch Elise und Otto Hampel. Das Weddinger Arbeiter-Ehepaar hatte während des Zweiten Weltkriegs mit Handzetteln und Postkarten zum Widerstand gegen den Nationalsozialismus aufgerufen. Das Paar wurde verraten, Elise und Otto Hampel im April 1943 in Plötzensee hingerichtet. Die Stadtteilvertretung „mensch.müller“, die die Sanierung rund um die Müllerstraße begleitet, sprach sich deshalb für das Ehepaar Hampel aus und schlug außerdem vor, auf einer Schautafel über die beiden zu informieren.
Dann begann die Berliner Verwaltung zu arbeiten: Das Straßen- und Grünflächenamt (SGA) Mitte meldete Zweifel an. Die Umbenennung sei nicht notwendig und würde durch die Namensunterbrechung der Müllerstraße zudem die Orientierung erschweren. Schließlich lägen die Schiller-Bibliothek, das Rathaus und auch das Jobcenter direkt am Platz und bräuchten dann neue Hausnummern. Daraufhin zog die BIM ihren Antrag auf Umbenennung zurück, worauf Weddinger Bürger mit Online-Petitionen und Unterschriftensammlungen reagierten. Die BIM ließ sich davon umstimmen, den Antrag nun doch zu stellen, falls das Bezirksamt politischen Willen signalisiere. Im Beschluss des Bezirksamts hieß es daraufhin, der Antrag werde „von den zuständigen Ämtern mit dem Ziel der Umsetzung geprüft“ – das ist Amtsdeutsch für: Der Umbenennung steht nichts mehr im Weg.
Grünflächenamt informierte zuständige Stadträtin nicht
Die BIM beantragte also erneut, den Platz umzubenennen. Und dann passierte – nichts. Erst im Februar 2017 hakte die Stadtteilvertretung nach und erfuhr Absurdes. Das Straßen- und Grünflächenamt hatte den Antrag der BIM bereits im Oktober 2016 abgelehnt. Das Problem: Das Grünflächenamt hatte darüber weder die zuständige Stadträtin Sabine Weißler (Grüne) noch die BVV informiert – obwohl sie sich damit de facto über die politische Entscheidung zur Umbenennung hinweggesetzt hatte. „Der Vorgang wurde und wird aufgearbeitet“, sagt Bezirksstadträtin Weißler auf Anfrage. Sie habe ein gut strukturiertes und nachvollziehbares Verwaltungshandeln zu sichern. „Bei einer so großen Behörde ist das nicht immer leicht.“
Die Stadtteilvertretung ist über den Wortbruch empört, hält aber an der Ehrung von Elise und Otto Hampel fest. Als Kompromiss schlägt sie vor, einen Abschnitt der Limburger Straße zwischen Müllerstraße und Genter Straße nach dem Ehepaar zu benennen. „Der Weg gehört dem Bezirk, außerdem wären keine Anlieger von der Namensänderung betroffen“, sagt Walter Frey von der Stadtteilvertretung. Und tatsächlich: Mitte letzter Woche hat das Bezirksamt die Umbenennung beschlossen. Es wurde auch höchste Zeit, schließlich werden die Bauarbeiten am Rathausplatz laut Sabine Weißler wahrscheinlich bis Ende des Jahres abgeschlossen sein. Der Platz selbst allerdings wird auch nach vier Jahren namenlos bleiben.