Berlin-Lichtenrade: Dresdner Bahn wird ohne Tunnel ausgebaut
Das Eisenbahn-Bundesamt hat nach 19 Jahren Streit entschieden: Die Dresdner Bahn fährt weiter ebenerdig durch Lichtenrade. Bürger wollen dagegen klagen. Die Strecke soll auch BER und Hauptbahnhof verbinden.
In einem der längsten Planverfahren in Deutschland, das bisher 19 Jahre gedauert hat, ist jetzt eine Entscheidung gefallen: Die Dresdner Bahn durch Lichtenrade wird nach Informationen des Tagesspiegels ohne Tunnel ausgebaut, die neuen Gleise führen ebenerdig durch den Ortsteil. Das Eisenbahn-Bundesamt (EBA) hat jetzt den entsprechenden Planfeststellungsbeschluss erlassen, der allerdings noch nicht veröffentlicht ist. Gegen den Beschluss sind Klagen möglich – und ziemlich wahrscheinlich.
Um den Ausbau der Bahntrasse mit zwei zusätzlichen Gleisen für den Fern- und Regionalverkehr hatte es jahrelang Streit gegeben. Die Bahn wollte ebenerdig bauen, Anwohner forderten einen Tunnel. Nur die S-Bahn sollte nach den Vorstellungen der Bürgerinitiative Lichtenrade–Dresdner Bahn weiter an der Oberfläche fahren.
Das EBA hat nicht entscheiden müssen, ob die Gleise im Freien liegen oder unter der Erde. Es prüfte nur, ob die Unterlagen der Bahn für den ebenerdigen Ausbau richtig sind. Nach Ansicht von Insidern war der Antrag, an dem jahrelang gefeilt worden war, „wasserdicht“. Ob es zusätzliche Auflagen durch das EBA gegeben hat, ist noch nicht bekannt.
Auch der Senat hatte sich für den Tunnelbau eingesetzt und war bereit, einen Teil der Mehrkosten zu übernehmen. Vorübergehend hatte das Land sogar das gesamte Verfahren blockiert. Auch im aktuellen Koalitionsvertrag haben sich SPD und CDU für einen Tunnel ausgesprochen. Die Forderungen der Bahn, die gesamten Mehrkosten zu tragen, hatte das Land abgelehnt. Die Bürgerinitiative hatte mehrfach versucht, auch das Bundesverkehrsministerium zum Tunnelbau zu bewegen. Sympathie dafür gab es – aber kein Geld.
Bürgerinitiative: Lärmschutzwände teilen Lichtenrade wie einst die Mauer
So blieb die Bahn bei ihrer Variante mit den ebenerdigen Gleisen, die das Eisenbahn-Bundesamt nun genehmigt hat. Demnach werden nur die Bahnübergänge durch Brücken oder Unterführungen ersetzt oder wie an der Wolziger Zeile ganz aufgegeben. Die geplante Unterführung an der Bahnhofstraße hält die Bürgerinitiative allein schon wegen der erforderlichen Steigung für „unzumutbar“. Zudem drohe die Gefahr, dass sie bei Regen volllaufe. Das EBA scheint diese Bedenken nicht geteilt zu haben.
Die Initiative befürchtet zudem, dass die erforderlichen Lärmschutzwände den beschaulichen Ort teilen werden – wie einst die nicht weit entfernte Mauer, die Ost und West trennte. Laut Antrag sollen die Wände zwischen zwei und fünf Meter hoch werden; zeitweise waren bis zu neun Meter genannt worden. Die Fünf-Meter-Wand erstreckt sich auf einen rund 900 Meter langen Bereich auf der Westseite der Gleise. Östlich sollen vier Meter nicht überschritten werden.
Ansprüche auf den Lärmschutz durch den Einbau von schalldichten Fenstern haben die Planer nur für wenige Anwohner ermittelt. Die Planer argumentieren, dass es nach dem ebenerdigen Ausbau insgesamt leiser an der Strecke werde, weil dann auch das Gleis der S-Bahn Lärmschutz erhalte.
CDU-Abgeordneter Luczak fordert "politische Lösung" für Tunnel
Der CDU-Bundestagsabgeordnete Jan-Marco Luczak aus Tempelhof fordert eine „politische Lösung“, um den Tunnel noch durchzusetzen. Hierfür müsse es ein Bekenntnis des Senats geben. „Das Fenster ist noch offen“, sagte Luczak.
Vom Ausbau der Strecke mit den zusätzlichen Gleisen soll der Fernverkehr Richtung Dresden und weiter nach Prag und Budapest ebenso wie die Züge im Regionalverkehr profitieren, bei denen sich die Fahrzeit verkürzt. In Brandenburg und Sachsen baut die Bahn die Strecke bereits aus. In Berlin müssen die Züge dagegen den Umweg auf zum Teil eingleisigen Abschnitten über den Außenring und die Anhalter Bahn durch Lichterfelde nehmen.
Später dürfte auch der Airport-Express über die Dresdner Bahn rasen, der in rund 20 Minuten viertelstündlich den Hauptbahnhof mit dem BER verbinden soll.
Baubeginn weiter ungewiss, aber teurer wird's
Wann gebaut werden kann, ist aber weiter ungewiss. Die Bürgerinitiative werde wie angekündigt klagen, kündigte deren Vorsitzender Manfred Beck an. Er kritisierte ferner, dass der Beschluss in der Ferienzeit erlassen worden sei.
Fest steht dagegen, dass die Kosten inzwischen gewaltig gestiegen sind: Veranschlagt war der Ausbau einst mit rund 400 Millionen Euro, zuletzt nannte die Bundesregierung als voraussichtliche Baukosten 560 Millionen Euro – ohne den Tunnel.