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In voller Schönheit: der BER. Blick vom Tower aufs Terminal.
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Update Exklusiv

Flughafenbaustelle in Berlin: Doch keine Extramilliarde für den BER aus öffentlicher Hand

Die BER-Eigner haben sich über die Finanzierung des Hauptstadt-Airports geeinigt: Die öffentliche Hand soll deutlich weniger dazugeben.

Schon einmal hatte sich die Koalition vertagt, um über die Finanzierung des BER zu beraten. Der Business-Plan lag noch nicht vor. Am Dienstag nun tagte der Koalitionsausschuss im zweiten Anlauf zum BER zwischen 11 und 13.30 Uhr „ganz manierlich“, beschrieb Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne) das Treffen im Roten Rathaus. Es lag zwar wieder kein Business-Plan vor, aber immerhin eine Power-Point-Präsentation. In einem sind sich SPD, Linke und Grüne jetzt einig: Die Flughafengesellschaft muss sich Geld auf dem Kapitalmarkt besorgen, um die Baustelle fertigzustellen. Darauf haben vor allem die Grünen gedrungen. Regelmäßig will sich der Ausschuss über die Baufortschritte informieren lassen. Und da neue Belastungen für die öffentliche Hand immer weiter gesenkt werden, frotzelte man im Koalitionsausschuss: Wartet man noch zwei Wochen länger, werde die Flughafengesellschaft sogar Gewinne verkünden.

Im aktuellen Poker um die weitere Finanzierung des Berliner Flughafens BER haben Berlin, Brandenburg und der Bund eine weitreichende Einigung erzielt. Die neue Belastungen der öffentlichen Hand für den BER wird auf 100 Millionen Euro gesenkt – statt der befürchteten Milliarde.

Neues Terminal wird als Mietkaufmodell finanziert

Nach Tagesspiegel-Informationen haben Berlins Finanzsenator Matthias Kollatz-Ahnen (SPD), Brandenburgs Finanzminister Christian Görke (Linke) und Bundesvertreter – als Anteilseigner der Flughafengesellschaft Berlins, Brandenburgs und des Bundes (FBB) – bei einem Spitzentreffen am Montag eine Lösung vereinbart, mit der das zuletzt kalkulierte FBB-Defizit von 770 Millionen Euro nun auf 500 Millionen Euro in den Jahren 2020 bis 2025 vermindert werden kann.

Möglich wird dies, so die Einigung, weil das im Rahmen des „Masterplans 2040“ zur Erweiterung des zu kleinen BER geplante Zusatzterminal T 2 von der FBB über ein Mietkaufmodell errichtet und finanziert werden soll. Das Zusatzterminal soll ab 2021 (Kosten: rund 750 Millionen Euro) gebaut werden und Ende 2024 fertig sein.

Solche Leasing-Modelle sind auch an den Flughäfen Frankfurt am Main und München realisiert worden. Am BER sind auf diesem Wege neue Parkhäuser finanziert worden, was sich infolge der Absage der Eröffnung im Jahr 2012 als Flop für die Flughafengesellschaft erwies und teuer wurde.

Das Mietkaufmodell wurde im Berliner Koalitionsausschuss zwar angesprochen, aber „politisch entscheidungsreif“ sei es noch nicht, betonte Linken-Parteichefin Katina Schubert.

Der BER sei ein „öffentlich gebauter Flughafen, der auch öffentlich betrieben wird“. Auch aus Kreisen der SPD hört man, dass dieses Modell nur „eine von mehreren Varianten ist“. Und der SPD-Flughafenexperte und stellvertretende Fraktionschef Jörg Stroedter hat sogar große Bedenken. So ein Mietkaufmodell sei eine „Art Privatisierung“, die er ablehne.

Stroedter zweifelt weiter daran, dass alle Systeme wirklich funktionieren, wenn der BER im Herbst 2020 eröffnen soll. Sollte der BER-Start erneut scheitern, müsse man über bauliche Alternativen nachdenken – und zwar sofort. In der Koalition findet Stroedter mit seiner Position und der negativen Signalwirkung wenig Unterstützung.

400 Millionen will die Flughafengesellschaft aufnehmen

Es bleibt das 500-Millionen-Defizit, das in den Kassen der Flughafengesellschaft in den ersten Jahren nach der geplanten BER-Eröffnung 2020 fehlen wird. Da die FBB davon 400 Millionen Euro als unverbürgte Kredite aufnehmen will und nach entsprechenden Signalen von Banken dann auch kann, müssten die drei Eigner noch eine Summe von 100 Millionen Euro aufbringen.

Das wären jeweils rund 38 Millionen Euro für Berlin und Brandenburg, die nach 2020 aus den Haushalten beigesteuert werden müssten. Brandenburg, vor allem Finanzminister Christian Görke (Linke), hatte in den letzten Wochen weitere öffentliche Zuweisungen für den Airport und eine Mitfinanzierung des Erweiterungsprogramms abgelehnt.

Und darin ist sich auch die Berliner Koalition im Kern einig. Die Grünen beharren am stärksten darauf, dass die FBB sich zunächst das fehlende Kapital nicht über den Steuerzahler holt. „Der FBB arbeitet sehr gründlich daran, nicht die Hand beim Parlament aufzuhalten. Das finde ich richtig“, sagte Wirtschaftssenatorin Pop.

Allerdings gibt es noch eine Hürde. Die gesamte Rechnung kann nur aufgehen, wenn für die Fertigstellung des BER und die Überbrückung der Zeit bis 2020 ein bereits bewilligter, aber für BER-Erweiterungen reservierter 1,1-Milliarden-Euro-Kredit umgewidmet wird.

Dafür müssen die öffentlichen Bürgschaften angepasst werden. Mit diesem Geld käme die FBB trotz des auf Oktober 2020 verschobenen Startes und monatlicher Kosten von 25 Millionen Euro über die Runden.

Und bis 2020 bräuchten die Gesellschafter Berlin, Brandenburg und der Bund keine neuen Finanzmittel oder Bürgschaften für den neuen Airport aufwenden.

Am Freitag stehen die BER-Finanzen neben den Problemen und Zeitverzügen auf der Baustelle auf der Tagesordnung der Sitzung des Flughafenaufsichtsrates. Beschlüsse zum Businessplan sollen noch keine gefasst werden, heißt es.

Der am vergangenen Wochenende vorgelegte Entwurf für den Aufsichtsrat, nach dem die BER-Eigner nach 2020 noch 370 Millionen Euro an die Flughafengesellschaft zahlen sollten, soll nach der aktuellen Einigung der Gesellschafter nun auf die neue 100-Millionen-Summe modifiziert werden. Das kommt sicher allen Anteilseignern entgegen.

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