Hauptstadtflughafen BER: Die Technik ist schon in Betrieb
Die Leitstelle des BER steuert schon den Flugbetrieb – auch dort, wo noch gar nichts fliegt. Während ein Teil der Technik "modernster Standard" ist, müssen 750 Bildschirme wieder rausgerissen werden.
Hat kaum einer gemerkt, dass der BER schon ein Weilchen ganz prima funktioniert. Zwar sind die Parkhäuser verwaist und die böse Entrauchungsanlage harrt weiterhin ihrer Fertigstellung, genauso wie das Fluggastterminal, wo 1500 intelligente Türen immer noch nicht so schlau sind, wie es zur Abwicklung von geschätzt 40 Millionen Fluggäste jährlich von Vorteil wäre.
Ansonsten aber läuft alles bestens, sagt Knut Deimer. Tag für Tag starten und landen unter der Patenschaft von Willy Brandt Flugzeuge in den Weiten des Schönefelder Irgendwo, angeleitet von den Experten in der neuen Technik-Leitstelle. Männer und Frauen sitzen vor riesigen Bildschirmen und starren auf rot und grün und gelb leuchtende Punkte. „Was uns betrifft, ist der BER schon in Betrieb“, sagt also Knut Deimer, der beim neuen Berliner Großflughafen die Informationstechnik verantwortet. Dass die Schönefelder Fluggäste vor dem Start und nach der Landung auf dem alten DDR-Regierungsflughafen abgefertigt werden, ist ein zu vernachlässigendes Detail, jedenfalls für Herrn Deimer und seine IT. „Die Start- und Landebahnen sind dieselben“, später werde nur die Taktung etwas dichter ausfallen.
Die Schönefelder IT logiert zwischen einer Batterie von exakt aufgereihten, aber doch etwas nutzlos in der Landschaft stehenden Schneeräumfahrzeugen und einem Hangar, an dem immer noch ein riesiges Air-Berlin-Logo leuchtet. Vor dem Eingang befindet sich ein Volleyballplatz, der mutmaßlich besser frequentiert war, bevor hier Anfang März die Technik-Leitstelle die Arbeit aufgenommen hat. Im dritten Stock der Feuerwache West, eine billige Einladung zu Wortspielchen in Sachen Entrauchung, aber die soll auch bald gewährleistet sein. „Die bauliche Fertigstellung der Anlage ist für Ende dieses Jahres vorgesehen“, verspricht der BER-Chef Engelbert Lütke Daldrup. „Im ersten Quartal 2019 machen wir uns dann an die Prüfung“, und es wäre doch schön, wenn dabei alles so gut laufen werden wie bei der frisch eingeweihten Technik-Leitstelle.
Lütke schwärmt von mondernstem Standard
Am Mittwoch um kurz nach zehn macht Lütke Daldrup seinen Antrittsbesuch im dritten Stock der Feuerwache West. Er schüttelt allen Kollegen die Hand, freut sich über die schönen großen Bildschirme, „modernster Standard“. An anderer Stelle, im Hauptterminal, müssen allerdings 750 Monitore schon wieder ausgetauscht werden - veraltet, wie die "B.Z." am Donnerstag schreibt. Ein Stündchen Zeit hat er mitgebracht, er nutzt sie zum Antichambrieren beim ebenfalls vorstelligen Betriebsrat und für Exkurse in die Welt von Strom, Wärme, Belüftung oder Löschwasserversorgung. Lütke Daldrup hat gerade sein erstes Jahr im Amt vollendet und sich in dieser kurzen Zeitspanne den Spitznamen Drängelbert erarbeitet. „Diesem Ruf will ich gerecht werden“, sagt er, und selbstverständlich sei die Eröffnung des Flughafens weiterhin für den Oktober 2020 geplant. Nach den Erfahrungen der älteren und jüngeren Vergangenheit ist das ein bemerkenswert konkreter und enger Zeitkorridor.
Auf dem Weg dorthin sei die Fertigstellung der Technischen Leitstelle ein ganz entscheidender Schritt – „wussten Sie, dass die Technik eines Flughafens der Infrastruktur einer mittelgroßen Stadt entspricht?“ In diesem Sinne spricht Lütke Daldrup vom „technologischen Herz des Flughafens“, was zum einen sehr ambitioniert klingt, zum anderen aber noch untertrieben ist. Die 29 Experten in der Feuerwache West betreuen ja nicht nur eine, sondern gleich drei mittelgroße Städte. Auf den Bildschirmen erahnt man die Umrisse von Schönefeld-Alt und -Neu, im Falle von Tegel erleichtert das berühmte Sechseck von Terminal A die Orientierung. „Das lässt sich alles bequem von einer Stelle aus koordinieren“, sagt der IT-Chef Knut Deimer. Die Kollegen in Hamburg hätten einzelne Dienstleistungen nach Leipzig ausgelagert. Kein Problem in einer von Glasfaserkabeln administrierten Welt. Und sollte mal ein Bagger einen Kabelschacht zerpflücken, lasse sich das auch verschmerzen, denn systemimmanente Leitungen seien auf Flughäfen immer doppelt vorhanden.
Um kurz nach elf schaut Lütke Daldrup auf die Uhr. Zeit zum Aufbruch zurück ins Alltagsgeschäft, weg vom Schwärmen über die Zukunft am Berliner Himmel. Haben Sie eigentlich einen Lieblingsflughafen? Also einen jenseits vom BER? Kurzes Überlegen. „Ja, da gibt es schon einen, aber der ist nicht mehr in Betrieb“. Der alte Flughafen im ukrainischen Lemberg, ein Denkmal aus alten sozialistischen Tagen, als größere Bauvorhaben in der Sowjetunion noch von Zuckerbäckern geplant wurden. Wenn der Berliner Flughafenchef von seinen Erinnerungen bei der Fluggast-Abfertigung im Kuppelsaal von Lemberg schwärmt, schimmert in ihm die Begeisterung von früher durch. Die des studierten Raumplaners, der vielleicht auch ganz gern Architekt geworden wäre und jetzt einen nüchternen Zweckbau fertigstellen muss. Nein, entgegnet Engelbert Lütke Daldrup, „bei uns gibt es moderne Kunst und das ist auch gut so“, wenn denn das verflixte Terminal irgendwann mal fertig wird.