Flughafen Tegel: Die Planespotter sind los
Hier stört keine Plexiglasscheibe, hier riecht’s nach Kerosin. „Planespotter“ nennen sich die Hobby-Fotografen, die Bilder machen von Flugzeugen. Sie lieben die Enge in Tegel.
Airport Spotter“ steht auf den Ausweisen, die die drei Männer in der Hand halten. Die Dinger sind keine ulkigen Kindspaß-Ausweise, sondern durchaus wichtig hier in Tegel: Damit kommen sie nämlich kostenlos auf die Besucherterrasse. Der Flughafen nutzt dafür die Bilder der Fotografen, der „Airport Spotter“.
Jetzt aber erst mal durch die Sicherheitskontrolle, dann sind die drei oben – und geraten gleich mal ins Schwärmen. „Das Geräusch der Turbinen, der Geruch von Kerosin, toll.“ Fyn Kobelt, Dominic Grünberger und Tobias Holzmüller heißen die drei Männer. In ihrer Freizeit neben Beruf, Schule, Studium kommen sie an den Flughafen und fotografieren: Flugzeuge. Seit zwei Jahre veröffentlichen sie auf Facebook ihre Bilder. Sogar T-Shirts und neongelbe Warnwesten mit Logos haben die drei. „Plane Spotter Deutschland“ steht drauf. Die drei Männer wohnen in Brandenburg und Berlin.
"Heute kommt die Maus"
Der Flughafen Tegel ist besonders „spotterfreundlich“, auch wegen seiner Terrasse. „Am Gate A14 kann man sogar mit dem Piloten Kontakt aufnehmen, so nah sind die“, sagt Fyn Kobelt, 17 Jahre. Einmal haben sie so ins Cockpit signalisiert, dass die falschen Lichter am Flugzeug brannten. „Manchmal winken sie auch.“ Heute geht es zum „Wohnzimmer“ der drei, Gate A03. Hier treffen sie sich regelmäßig einmal im Monat.
„Heute kommt die Maus“, sagt Tobias jetzt. Die Maus? Das Flugzeug, das in der „Sendung mit der Maus“ gebaut wurde, erklärt Fyn Kobelt. Das fliegt in der Lufthansa-Flotte und hat am Heck einen Aufkleber der Maus. Websites sammeln Informationen über die besonderen Flugzeuge. Besondere Lackierungen sind ein Höhepunkt für die Planespotter. Manche sammeln auch Fotos der Flugzeuge einer Flotte. „Direktspotter“ nennt Fyn Kobelt die. „Wenn die ein Flugzeug einmal fotografiert haben, hören die auf“, sagt Fyn Kobelt. „Und dann gibt es noch Spotter mit Stil.“ Er grinst. Die wollten die Flugzeuge nur schön in Szene gesetzt sehen.
Spotter lieben Tegel
Klick, klick, klick. Alle drei drücken gleichzeitig auf den Auslöser. Ein Air-Berlin-Flugzeug ist gerade gelandet. „Ich vergleiche Planespotting immer gern mit Briefmarkensammeln“, sagt Dominic Grünberger. „Wir können sie nicht mit nach Hause nehmen, also fotografieren wir sie.“ Wie viele Spotter es in Berlin gibt, ist schwer zu sagen. Fyn Kobelt, Dominic Grünberger und Tobias Holzmüller kennen so um die 40. Die drei haben sich im Internet kennen gelernt. Einige trifft man auch am Flughafen. An diesem Sonntag ist Thilo Lange mit dabei, ein erfahrener Spotter. Er fotografiert nicht nur, er filmt auch. Und ist großer Tegel-Fan. „Die Liebe zu Tegel ist nicht vernünftig, sie ist emotional“, sagt er. Vor allem die offene Terrasse findet der gebürtige Rheinländer toll. „Nur wenige Flughäfen haben überhaupt noch so eine Terrasse. Viele sind verglast.“
Doch Tegel bietet noch mehr als nur die Besucherterrasse. Dank seiner Lage mitten in der Innenstadt eröffnen sich den Flugzeug-Fans zahlreiche Orte mitten in der Stadt, an denen sich gut spotten lässt. Die Seite spotterguide.net nennt zwölf Punkte. Das Parkdeck der Bauhaus-Filiale am Kurt-Schumacher-Platz zum Beispiel. Für einen der Lieblingsorte der drei steht der Wind heute eigentlich falsch, aber das Wetter ist schön. Also geht’s zum Stromkasten am Kurt-Schumacher-Damm. Hier muss man ein bisschen klettern können.
Schnell muss man sein
„Tegel XXL“, nennen Dominic Grünberger ihre Spotter-Touren an die verschiedenen Orte. Die sind besonders aufregend, sagen sie, weil man die guten Flüge nicht verpassen will. Heute geht es ganz gemütlich weiter zur Meteorstraße, dem letzten Punkt der Tour. Auf dem Hügel vor der Stadtautobahn stört kein Zaun die Sicht auf das Flughafengelände – perfekt zum Fotografieren. Nur die Laternen stehen im Weg. „Die sind unsere größten Feinde“, sagt Tobias Holzmüller. Im Moment herrscht Flaute am Himmel. Kein Flugzeug zu sehen. Langeweile gehört zum Spotten dazu, sagen sie. Die Gruppe will auch am BER spotten gehen, sobald er eröffnet. „Da braucht man aber immer eine Leiter, sonst würde der Zaun stören“, sagt Fyn Kobelt. Hier kann man ja von Dächern und Hügeln fotografieren. Die BER-Besucherterrasse ist auf jeden Fall nicht so schön wie an Tegel. Deswegen müssen sie von TXL so viel wie möglich einfangen, bevor er schließt, und … … „da ist die Maus!!!“, ruft einer der drei. Die Lufthansa-Maschine fliegt über die Köpfe Richtung Frankfurt am Main hinweg. Der kleine Aufkleber ist mit dem bloßen Auge neben der Tür zu erkennen. Klick, Klick, Klick.
Helena Wittlich