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Die Vorstellungen in den Märchenhütten gehören für viele zur Vorweihnachtszeit dazu. Doch jetzt sind die Holzhütten in Gefahr.
© Agnieszka Budek

Theater im Monbijoupark: Die Märchenhütten stehen vor dem Aus

Der Streit über das Theater ist neu entfacht. Zwei Truppen proben derzeit für Premieren Ende November. Doch nur eine hat die Erlaubnis vom Bezirk.

Von Laura Hofmann

Die meisten Märchen enden mit einem Happy End. Für die Märchenhütten im Monbijoupark stehen die Zeichen gerade allerdings eher auf „End“ ohne „Happy“. Denn der Bezirk Mitte will die Holzbauten auf dem Bunkerdach im Park nicht länger dulden. Doch Vorsicht: Ebenfalls anders als im Märchen, sind die verschiedenen Akteure in diesem Trauerspiel nicht einfach in „Gut“ und „Böse“ einzuteilen. Und wenn man schon die Frage nach dem Happy End stellt, so muss man hier noch hinzufügen: Für wen?

Das Märchen geht im wahren Leben so: Es war einmal ein junger Mann, Schauspieler, der im Berlin der späten Neunziger etwas aufbaut, das bis heute Strahlkraft über die Stadt hinaus hat. Ein Theater im Monbijoupark, beste Lage direkt gegenüber der Museumsinsel.

Dieser Mann heißt Christian Schulz, trägt heute Cowboyhut und ist nicht nur Geschäftsführer des Theaters im Monbijoupark, sondern betreibt euch diverse Lokale in der Stadt, die bekanntesten: die Strandbar Mitte und das legendäre Clärchens Ballhaus in der Auguststraße. Das Theater läuft gut, mit mehr als 100.000 Zuschauern im Jahr ist es erfolgreicher als jede andere freie Bühne Berlins.

Christian Schulz verliert sein Theater - an seine ehemaligen Partner

Doch dann wendet sich das Blatt für Christian Schulz: Im Dezember 2018 fasst die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) Mitte den Beschluss, die Nutzung der öffentlichen Parkfläche nur noch gemeinnützigen Trägern zu erlauben. Vorausgegangen waren Monate des Streits. Anwohner beschwerten sich über den Lärm der Musik und des Flaschenlagers. Auch Werbeaufdrucke auf Sonnenschirmen und Liegestühlen direkt gegenüber des Weltkulturerbes Museumsinsel fielen negativ auf.

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Geschäftspartner äußerten Zweifel an der korrekten Abrechnung der Tickets. Die Bezirksverordneten störten sich daran, dass aus Theater mit angeschlossener Gastronomie eine Bar mit Theater geworden sei. Und Ensemblemitglieder klagten über Schulz’ Führungsstil, darüber, dass er sie respektlos behandle.

Im April verliert Schulz sein Theater, sein Lebenswerk, wie er sagt. Der Zuschlag geht an seine Geschäftspartner, den Bühnenbildner David Regehr, Regisseur Maurici Farré und den Ensemble-Sprecher Matthias Horn und ihre neu gegründete Theater an der Museumsinsel gGmbH.

Innerhalb weniger Wochen versucht die Truppe, das Sommer-Theater auf die Beine zu stellen – ohne das traditionelle Amphitheater, das Schulz gehört. Die Saison floppt, Kritiker lästern. „Das Team vom Sommer war enttäuschend“, sagt David Regehr heute. „Bis auf die Schauspieler.“ Irgendwann im August, so erzählt er es nun bei einem Treffen im Café „Petit Bijou“ an der Spree, sei ihm klar geworden, „dass Farré noch schlimmer ist als Schulz“. Auch das Ensemble sei von der neuen Führung enttäuscht gewesen.

David Regehr (rechts) und Roger Jahnke kämpfen zusammen um die Hütten.
David Regehr (rechts) und Roger Jahnke kämpfen zusammen um die Hütten.
© Thilo Rückeis

Regehr geht auf, so kommt es rüber, dass ein erfolgreiches Theater mehr brauche als den Idealismus, jetzt alles anders und besser zu machen.

Das, was im Sommer gefehlt hat, nennt der andere, der ebenfalls am Tisch sitzt, „die Symbiose aus Location und Stammpublikum“, die durch die Vertreibung Schulz’ wegfiel. Der andere ist Roger Jahnke. Er hat mit Schulz zusammen das Theater damals aufgebaut, bevor sich die beiden 2015 im Streit trennten und in diesem Frühjahr wieder zueinanderfanden, um das alte Theater doch noch zu behalten, erfolglos.

Regehr tut dann im September etwas, das Maurici Farré, der Regisseur, einen „Verrat am Theater“ nennt: Er geht zurück zu seinem Partner Schulz, mit dem er auch noch das Clärchens Ballhaus führt. Ein Teil des Ensembles folgt ihm.

„Ich bin darüber wirklich schwerst irritiert“, sagt Sven Diedrich. Und: „Ich habe mich noch nie so instrumentalisiert gefühlt.“ Denn der Linken-Politiker, seit 1995 Mitglied der BVV Mitte, hat sich schon immer für das Theater im Park eingesetzt. Früher noch für Schulz’ Projekt, schließlich, seit dem vergangenen Jahr dafür, dass alles anders wird, besser, transparenter. Die Gewinne müssen jetzt ins Theater investiert werden, ein Beirat soll Einblicke über die Geldflüsse bekommen.

Die Märchenhütten könnten nicht mehr als „fliegende Bauten" gelten

Für all das stand, noch im Sommer, David Regehr. Doch das ist vorbei, die Fronten haben sich verschoben. Als „politischen Strippenzieher dieser Affäre“, bezeichnet Regehr seinen alten Freund Sven Diedrich inzwischen.

Jenseits aller persönlichen Zerwürfnisse steht der Bezirk, steht die Stadt jetzt vor der absurden Situation, dass zwei zerstrittene Theatertruppen sich im Monbijoupark auf die Wintersaison vorbereiten. In den Märchenhütten wird an diesem Morgen geprobt für die Premiere am 22. November. Eine Vorführung, für die schon Tickets verkauft wurden, für die es aber keine Erlaubnis gibt.

Hier steht die Märchenhütte.
Hier steht die Märchenhütte.
© Tsp

Die Macher berufen sich zwar auf einen Vertrag mit der Humboldt-Uni, der die Flächen gehören. Doch der Bezirk weist auf eine Klausel im Vertrag hin, die besagt: Ohne Betriebserlaubnis vom Bezirk ist die Nutzung nicht möglich. Außerdem, sagt der zuständige Stadtrat Ephraim Gothe (SPD), seien die Märchenhütten keine „fliegenden Bauten“, weil sie schon zu lange im Park stehen. Das wiederum widerspreche dem aktuellen Bebauungsplan und der Entscheidung der BVV, die sich gegen eine dauerhafte Bebauung im Park ausgesprochen hatte.

„Entweder stirbt einer oder es kommt ein Kind hinzu"

Die, die eine Genehmigung vom Bezirk haben, die Truppe um Maurici Farré, plant ihre Premiere eine Woche später, am 29. November. Bis dahin soll die Märchenscheune stehen, ein Spiegelzelt, das Anfang nächster Woche im Park erwartet wird. „Mir geht es um das Theater“, versichert Farré. Das sagen sie alle.

Im Café an der Spree sagt Roger Jahnke jetzt, man befinde sich gerade im vierten Akt: Alle Konflikte kommen noch mal zu Tage. „Entweder stirbt einer oder es kommt ein Kind hinzu.“

Und dann, hoffentlich, im fünften Akt: Happy End.

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