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Bald werden sich die Radfahrer in der Pariser Innenstadt die Straßen nicht mehr mit Autos teilen müssen.
© Ludovic Marin/AFP

Stadt ohne Autos: Die Innenstadt von Paris soll bis 2022 autofrei werden – ein Vorbild für Berlin?

Die inneren Bezirke der Millionenstadt sollen zu einer Fahrverbotszone zusammengefasst werden. In Berlin sind die Voraussetzungen allerdings ganz andere.

Anne Hidalgo, die Bürgermeisterin von Paris, gab vergangene Woche bekannt, den Individualverkehr aus der Innenstadt bis 2022 weitestgehend zu verbannen. Eine Spritztour mit dem Auto zum Arc de Triomphe oder zum Eiffelturm gehört dann der Vergangenheit an. Auch wird es nicht mehr möglich sein, die Stadt zu durchqueren, um von Norden nach Süden zu gelangen.

Betroffen von der Regelung ist vor allem die historische Innenstadt: Die inneren vier Arrondissements – wie die Bezirke der Hauptstadt genannt werden – und nördlich des Boulevard Saint-Germain liegenden Teile des fünften, sechsten und siebten Arrondissements sollen zu einer Fahrverbotszone zusammengefasst werden.

Hier dürfen außer Fußgänger:innen und Radfahrer:innen nur noch Busse, Taxis, Handwerker:innen, Fachkräfte und Lieferverkehr die Straßen nutzen. Insgesamt macht die Zone fast sieben Prozent der gesamten Stadtfläche aus. Die genauen Regeln, wie es etwa mit dem Tourismusverkehr aussehen soll und welche weiteren Ausnahmen es geben wird, sollen in den folgenden Wochen und Monaten ausgehandelt werden. In anderen Metropolen Europas gelten solche Regelungen schon länger, etwa in Madrid, Mailand oder Rom.

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Blickt man auf die Zahlen, ist schnell nachvollziehbar, unter welchen Leidensdruck der Verkehr die Bewohner:innen der französischen Hauptstadt stellt. 180.000 Autos fahren jeden Tag durch den Bereich, der nun gesperrt werden soll. Das sind zehnmal so viele Autos, wie die Bewohner:innen der inneren Bezirke besitzen. 40 bis 60 Prozent davon macht der Transitverkehr aus.

Das bedeutet: 100.000 davon bleiben nicht einmal stehen, wie David Belliard von den französischen Grünen berichtet. Er ist stellvertretender Bürgermeister und wurde von der Stadtregierung beauftragt, sich um die Umgestaltung des öffentlichen Raums und Mobilität zu kümmern.

In Deutschland haben es Autos in Innenstädten auch immer schwerer

Welche Folgen eine Innenstadt voller Autos haben kann, ist auch in Berlin altbekannt. 17 Fahrradfahrer:innen sind vergangenes Jahr nach Angaben des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC) im Berliner Stadtverkehr gestorben. 2019 waren es 6, 2018 waren es 11. Auch die Stickoxidwerte und die Lärmbelastung sind in Berlin an vielen Orten höher als erlaubt.

Spätestens seitdem das Bundesverfassungsgericht das Klimaschutzgesetz der Bundesregierung gekippt hat, weil es nicht weit genug ging, ist die Frage nach autofreien Städten auch in Deutschland hochaktuell. So hat der Hamburger Bezirk Altona 2019 mehrere Straßen für Autos weitgehend gesperrt. Köln plant, seine Innenstadt bis 2030 autofrei zu gestalten. Die prominenteste Initiative dürfte aber die aus der Hauptstadt sein.

Berliner Initiative will die größte autofreie Zone der Welt

Per Volksentscheid wollen die Aktivist:innen von „Berlin autofrei“ ein Gesetz verabschieden, das den gesamten Bereich innerhalb des Berliner S-Bahnrings für Autos weitestgehend sperrt – mit Ausnahmen für Busse, Müllabfuhr, Feuerwehr und privaten Wirtschafts- und Lieferverkehr. Sollte alles im Sinne der Aktivist:innen laufen, könnte es 2027 zur Umsetzung des Gesetzes kommen.

Der Bereich wäre damit die größte autoreduzierte Zone der Welt. Doch der Weg dorthin dürfte nicht leicht werden. So lehnt nach einer Tagesspiegel-Umfrage eine Mehrheit der Deutschen autofreie Innenstädte ab. Und auch vom Berliner Senat kommt nicht nur Rückenwind. „Das sind Forderungen jenseits der Realität der Berlinerinnen und Berliner“, sagt etwa SPD-Verkehrspolitiker Tino Schopf.

Tatsächlich unterscheidet sich die Realität der Berlinerinnen und Berliner auch sehr von der der Pariserinnen und Pariser. Die Städte sind völlig unterschiedlich aufgebaut. In Paris, vor allem in der Innenstadt, tummeln sich wesentlich mehr Bewohner:innen auf wesentlich weniger Raum: Die Bevölkerungsdichte beträgt hier 21.000 Personen pro Quadratkilometer.

Berlin ist nicht Paris

In Berlin sind es knapp über 4100 Personen pro Quadratkilometer. Allein Kreuzberg-Friedrichshain hat eine Fläche von über 20 Quadratkilometer – die Fläche der ersten vier Arrondissements von Paris hat zusammengenommen 5,59 Quadratkilometer.

Die Initiative steht also vor einer grundsätzlich anderen Stadtstruktur und damit vor anderen Herausforderungen. Doch auch wenn nichtklar ist, wie genau die Umsetzung aussehen wird – viele Zeichen deuten daraufhin, dass sich die Zeit der autoverstopften Innenstädte langsam dem Ende zuneigt.

Zumindest die Zeit der Autoabgase und des Motorenlärms: Denn in vielen Ländern Europas soll der Verkauf von Verbrennungsmotoren innerhalb der nächsten Jahrzehnte verboten werden. Vielleicht sieht es bis dahin in Berlin-Mitte auch schon aus wie in Madrid, Mailand, Rom oder bald Paris. Nämlich autofrei.

Francesco Schneider-Eicke

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