Wer zieht ins Rote Rathaus?: Die fünf Berliner Spitzenkandidaten im Kurzcheck
Sind die Spitzenkandidierenden von Grünen, CDU, SPD, FDP und Linke in Top-Form? Ein Check zum Start der neuen Comicserie im Checkpoint.
Sie wollen das neue Gesicht der Stadt werden, und das nicht nur, weil sie bald überall von Wahlplakaten auf uns hinab blicken. Doch bevor ganz Berlin über sie redet – wer sind die fünf bisher bekannten Spitzenkandidat:innen? Und was halten sie von Berlin?
Ein kurzer Mikrofoncheck zum Start der neuen Comicserie im Checkpoint-Newsletter – und Trainingsempfehlungen für den Wahlkampfmarathon.
Bettina Jarasch
Als Erstes: die Neue. Wobei: So neu ist Bettina Jarasch, 52 Jahre alt, geboren in Augsburg, gar nicht. Von 2011 bis 2016 war sie Parteichefin der Berliner Grünen. Leider weiß das außerhalb ihrer Partei kaum jemand mehr.
Für Jarasch heißt es also: noch mal vorstellen. Als „Brückenbauerin“ priesen sie ihre Grünen am Anfang. Vor allem für die eigene Partei, lästerten danach viele. Berlin als Stadt sei „eher widerständig – im guten Sinne!“, heißt es auf Jaraschs Webseite.
Jarasch will eine „gespaltene Gesellschaft überwinden“, so erzählte sie es mal der „Taz“. Identifiziert sich aber trotzdem als Teil einer „kleinen radikalen Minderheit in dieser Stadt“. Sie meint Katholiken. Nun denn. Ihr Trainingsprogramm: Christlichen Frieden mit Wahlkampf versöhnen.
[Zwei gegen Jarasch: Im Tagesspiegel-Streitgespräch diskutierten Franziska Giffey und Kai Wegner mit der Grünen-Kandidatin über Klimaschutz und Infrastruktur. Mehr dazu lesen Sie bei Tagesspiegel-Plus.]
Kai Wegner
Als Zweites: der West-Berliner. Der 47-Jährige Kai Wegner ist ein richtiger Berliner – naja, fast: Der CDU-Mann wurde in Spandau geboren. Mit der Zugezogenen Bettina Jarasch verbindet ihn trotzdem einiges: Die Berliner kennen ihn nicht so richtig, und auch er empfindet die längst wiedervereinte Stadt als geteilt.
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„Berlin ist eine großartige Metropole“, sagt Wegner, „aber durch Rot-Rot-Grün politisch polarisiert und gespalten.“ Gibt es eigentlich noch eine andere Stadt in Deutschland, über die so geredet wird? Völkerball in Hamburg? Grabenkampf in München?
Zurück zu Wegner: „Es muss erst wieder ein innerer Zusammenhalt entwickelt werden.“ Wie genau er das anstellen will, bleibt geheim: Die Union hat ihr Wahlprogramm noch nicht veröffentlicht. Sein Trainingsprogramm: Erst spalten, dann heilen.
Franziska Giffey
Weiter geht’s mit der zweiten Frau, die sich dieses Jahr für das Amt der Regierenden Bürgermeisterin und das Rote Rathaus warmläuft. Franziska Giffey wird am 3. Mai 43 Jahre alt und ist in Brandenburg aufgewachsen. Sie war mal Neuköllns Bürgermeisterin und ist jetzt Bundesfamilienministerin.
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Im Wahlkampf muss die SPD-Politikerin hoffen, dass sie nicht doch noch über ihre missglückte Doktorarbeit stolpert. „Berlin soll auch weiterhin eine freie Stadt für die verschiedensten Lebensentwürfe von Menschen sein“, sagt sie.
Aber wirtschaftsfreundlich, mit Recht und Ordnung. Säuerlich lächelt: die Parteilinke. Giffeys Trainingsprogramm: Nicht mit der CDU verwechselt werden. Oder eben gerade doch?
Sebastian Czaja
Echter Berliner, diesmal aus dem Osten: Sebastian Czaja, 37 Jahre alt, ist in Mahlsdorf geboren und aufgewachsen. Ehemaliges Enfant Terrible, Liaison mit Nacktmodell Micaela Schäfer inklusive, samt öffentlicher Trennung via B.Z: „Hat sie mich wirklich geliebt, oder war alles nur eiskalte Berechnung? Ich weiß es nicht“, klagte der damals 21-Jährige.
Doch das liegt alles längst hinter ihm: Heute ist Czaja ganz Mann von Format. Als er sechs Jahre alt war, fiel die Mauer. „Aus einer Stadt der Fronten wurde über Nacht eine Stadt der Chancen.“ Das klingt doch mal ganz anders!
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Die Berliner, glaubt Czaja, wollen nicht, dass man alle Probleme für sie löst (vor allem nicht durch Mietendeckel). Czaja will einen „neuen Stil“ in der Politik, der „den Menschen die Hand reicht“ und „sie versöhnt“. Also doch wieder: Berlin im Grabenkampf. Seufz. Sein Trainingsprogramm: Hürdenlauf. Nicht an den fünf Prozent hängen bleiben!
Klaus Lederer
Und: Klaus Lederer, 47 Jahre alt, aufgewachsen in Frankfurt (Oder) und Hohenschönhausen, ist der beste Beweis, dass der Letzte nicht der Erste sein muss. Seine Linke ist die einzige Berliner Regierungspartei, die sich getraut hat, einen aktiv Regierenden als Spitzenkandidaten für die nächste Wahl aufzustellen. Was ja vielsagend ist.
Lederer will das Rote Rathaus als Regierender Bürgermeister „richtig rot“ machen, hihi. Wenn’s nur um ihn ginge, könnte das dem beliebtesten Landespolitiker gelingen.
Leider hängt da ja noch so eine lästige Partei an ihm dran. Über die Berliner:innen sagt er: „Hinter jeder großen Klappe schlägt ein großes, warmes Herz.“ Sein Trainingsprogramm: Nicht vom Spielfeld drängen lassen.