Pannenflughafen in Berlin: Der nächste BER-Schwindel
Der Start war für den neuen BER-Chef Karsten Mühlenfeld holprig. Politiker in Berlin und Brandenburg wollen sich aus dem Aufsichtrat zurückziehen - und damit aus der Verantwortung. Ein Kommentar.
Die Landung war holprig. Schon auf dem Vorfeld gab es ein öffentliches Hick-Hack um den Kandidaten Karsten Mühlenfeld, der nach dem Willen Brandenburgs und Berlins neuer Flughafenchef werden sollte. Der Bund sagte, warum auch immer, laut: Nein. Und stimmte bei der Wahl am Freitag auch gegen Mühlenfeld. Das überraschte nicht. Das kann der trotzdem gewählte Mehdorn-Nachfolger auch leicht wegstecken. Für den Bund in Person von Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) ist der BER in Schönefeld keine Herzensangelegenheit. Und alles, was in Berlin schiefgeht, kann schließlich dem Flughafen in München nur nutzen, der mit seinem geplanten Ausbau auch nicht so recht vorankommt. Noch ist Berlin dafür keine Alternative. Aber diese Zeit kann noch kommen.
Schmerzhafter für den Neuen am BER muss sein, dass auch Berlin ihn nicht voll unterstützt hat. Innensenator Frank Henkel (CDU) hat sich enthalten, was man oft macht, wenn man nicht Farbe bekennen will. Wenn Henkel mit einem Ja zu Mühlenfeld nicht seine politischen Freunde im CSU-geführten Verkehrsministerium verärgern wollte, hätte er sein Verhalten zumindest schon vor der Sitzung dem Regierenden Bürgermeister und Mit-Aufsichtsrat Michael Müller (SPD) ankündigen können. Auch im Bundesrat sind Enthaltungen üblich, wenn sich Regierungsfraktionen eines Landes nicht einig sind. Wenn Henkel allerdings Bedenken hatte, weil ihn der Auftritt von Mühlenfeld nicht überzeugt habe, wie es jetzt heißt, ist das bedenklich. Hat Henkel sich nur getäuscht – oder haben die anderen Aufsichtsräte, immerhin zehn von 14, die mit Ja gestimmt haben, mögliche Schwachpunkte übersehen (wollen)? Müller und der Brandenburger Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) hatten sich schon vor der Befragung auf den Kandidaten Mühlenfeld festgelegt. Dessen Kontrahent, der ehemalige Bombardier-Manager Michael Clausecker, wurde nicht einmal mehr angehört. Fachliche Entscheidungen sehen anders aus.
Fachleute sollen nun beaufsichtigen - doch welche?
Apropos Fachleute. Sie sollten auch in den Aufsichtsrat einziehen. Dies ist eine alte Forderung, unter anderem von Frank Henkel. Jetzt will er sich – wie auch Müller – aus dem Gremium zurückziehen. Ob der von Müller vorgeschlagene Staatssekretär Engelbert Lütke Daldrup tatsächlich mehr Expertise einbringen kann, ist allerdings zumindest zweifelhaft. Bisher hat er sich um Wohnungsbau – und das Olympische Dorf – gekümmert. Dass die anderen bisher genannten Staatssekretäre, die für Henkel nachrücken könnten, vom Flughafen bisher nicht viel verstehen, steht dagegen fest.
Das ist nicht nur Etikettenschwindel. Mit dem Rückzug aus dem Aufsichtsgremium können sich Müller und Henkel auch geschickt aus der Schusslinie nehmen. Falls unter Mühlenfelds Führung wieder etwas schiefgeht, sind sie – nach außen – nicht mehr verantwortlich. So einfach geht das.
Mühlenfeld hätte mehr Unterstützung nötig. Durch einen starken Aufsichtsrat, der mit ihm und nicht gegen ihn arbeitet. Und mit Gesellschaftern, die sich einig sind. Denn das erwarten die Bürger. Die Personalpolitik nach dem Motto „Rette sich, wer kann“ ist dafür keine gute Voraussetzung. Für Mühlenfeld ist es nach der unsanften Landung auf dem Chefsessel noch schwerer, zu zeigen, dass es beim BER aufwärtsgehen kann - trotz seines Selbstbewusstseins.