Chef des Wasserstraßenneubauamtes: Der Herr der Berliner Brücken
Der Chef des Wasserstraßenneubauamtes über Millioneninvestitionen, Arbeiten an Havel, Spree und Landwehrkanal, sowie eine Hilfe für Fische.
Herr Dietrich, das Wasserstraßenneubauamt ist auch zuständig für Brücken. Verkehrssenator Andreas Geisel (SPD) will den eingetretenen Sanierungsstau der städtischen Brücken nun langsam auflösen. Wie sieht es bei Ihnen aus?
Wir investieren durchschnittlich 50 Millionen Euro pro Jahr in die Erhaltung sowie den bedarfsgerechten und umweltverträglichen Ausbau der Wasserstraßeninfrastruktur des Bundes in der Region. Dazu zählen auch Brückenanlagen, für die wir zuständig sind.
An welchen Brücken arbeiten Sie derzeit?
Wir arbeiten aktuell an 21 Brückenbauvorhaben, unter anderem an dem Ersatzneubau der Freybrücke und an der Grundinstandsetzung der Sieversbrücke über den Teltowkanal in Lankwitz. Außerdem laufen Vorplanungen für die Grundinstandsetzung oder den Ersatz der Knesebeckbrücke, Teubertbrücke, Techowbrücke, Bäkebrücke und Altglienicker Brücke, die ebenfalls alle über den Teltowkanal führen. Dazu kommen die Marggraffbrücke über den Britzer Verbindungskanal sowie die Tegeler Brücke über den Berlin-Spandauer-Schifffahrtskanal.
Wird die Freybrücke nicht durch das Land Berlin erneuert?
Auf der Freybrücke überqueren die Bundesstraßen 2 und 5 die Havel. Eigentümer ist die Bundesfernstraßenverwaltung. Die alte Brücke musste schon aufgrund ihres Zustandes erneuert werden und gleichzeitig an das Verkehrsprojekt Deutsche Einheit 17 angepasst werden. Wir hatten das Planfeststellungsverfahren veranlasst, das Bauen hat dann die Senatsbauverwaltung übernommen. Die Finanzierung erfolgt gemeinsam durch die Bundesfernstraßenverwaltung, die Bundeswasserstraßenverwaltung und Berlin.
Wie ist die Zuständigkeit für die Brücken grundsätzlich geregelt?
Es kommt darauf an, welcher Verkehrsweg zuerst da war. Deshalb ist für die Berliner Brücken über die Spree und die Havel immer der jeweilige Straßenbaulastträger verantwortlich. Bei den künstlich angelegten Wasserstraßen kommt es auf den Einzelfall an. Am Teltowkanal stehen zum Beispiel fast alle Brücken in der Unterhaltungslast der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes.
Bei der Sieversbrücke in Lankwitz haben Sie den Zeitplan nicht eingehalten. Warum?
Die Anlage der Sieversbrücke besteht im Grunde aus zwei Brücken, je einer für jede Richtungsfahrbahn. Aufgrund eines Sondervorschlages wurden beide Brückenüberbauten in den 1950er Jahren als filigrane Spannbetonbrücke errichtet und mussten nun im Bestand saniert und statisch verstärkt werden.
Im ersten Bauabschnitt wurde der östliche Brückenüberbau saniert, wobei es außerordentliche Überraschungen gab. So haben wir tragende Spannglieder in der Brücke gefunden, die weder in einer Ausführungszeichnung noch in einem Bestandsplan eingetragen waren.
Diese und andere unvorhersehbare Ereignisse haben zu etwa einem Jahr Bauzeitverzug für die seit 2013 laufenden Arbeiten geführt. Bei der Sanierung des westlichen Brückenüberbaus konnten wir die Erkenntnisse aus dem ersten Bauabschnitt verwerten und wollen die Arbeiten dort jetzt bis Ende 2016 abschließen.
Wie viele Brückenanlagen betreibt die Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes in Berlin?
Als Bundesverwaltung betrachten wir die Region Berlin-Brandenburg als verkehrliche Einheit. Die für den Betrieb der Wasserstraßen im Eigentum des Bundes zuständigen Wasserstraßen- und Schifffahrtsämter in Eberswalde, Berlin und Brandenburg an der Havel betreiben insgesamt 1474 Kilometer Wasserstraßen, darunter unter anderem auch das Schiffshebewerk Niederfinow, 71 Schleusen, 77 Wehren und 294 Brückenanlagen.
Für den Neubau des Schiffshebewerks Niederfinow wurde 2008 der Bauauftrag erteilt. Wann soll die neue Anlage fertig sein?
Der sehr seltene Bau eines Schiffshebewerkes ist eine außerordentliche Herausforderung. Aufgrund des Charakters des Projektes als rechtzeitig veranlasste, planmäßige Ersatzinvestition für das alte Hebewerk aus dem Jahr 1934 liegt unsere Priorität bei diesem Bauvorhaben auf der Gewährleistung einer guten Ausführungsqualität und der Einhaltung des Budgets in Höhe von 300 Millionen Euro. Die letzten dreieinhalb Jahre wurde auf der Baustelle konzentriert gearbeitet, über weite Strecken sogar im 24-Stunden-Betrieb. Dennoch wird die Aufnahme des Probebetriebes nicht vor Ende 2017 beginnen.
Welche Projekte betreut das Wasserstraßenneubauamt noch in Berlin?
Aktuell läuft das von uns beantragte Planfeststellungsverfahren für die Fahrrinnenanpassung an Havel und Spree im Zuge des Verkehrsprojektes Deutsche Einheit Nummer 17...
...das Sie nach heftiger Kritik abspecken mussten. So können auch rund tausende Bäume erhalten bleiben. Warum nicht gleich so?
Der Planungsbeginn war im Jahr 1992. In der damaligen Euphorie sollte die Ausbaustrecke uneingeschränkt zu einer transeuropäischen Wasserstraße ausgebaut werden. Die sich daraus ergebenden Widerstände wurden unterschätzt. Inzwischen haben wir die Ausbauplanungen im intensiven Dialog mit den zuständigen Senats- und Bezirksverwaltungen sowie der Berliner Landesarbeitsgemeinschaft Naturschutz vollständig überarbeitet und können die Ufervegetation weitgehend erhalten. Moderne Großmotorgüterschiffe werden das Güterverteilzentrum im Westhafen trotzdem mit der vollen Abladetiefe von 2,80 Meter erreichen können, müssen dafür aber Einschränkungen im Begegnungsverkehr in Kauf nehmen. Ein guter Kompromiss.
Und wo bauen Sie noch?
Besonders spannend finde ich die uns anvertrauten Projekte für den planmäßigen Ersatz des Wehres und den Neubau einer Fischaufstiegsanlage an der Staustufe Mühlendamm sowie den Bau einer Leitzentrale auf dem Gelände unseres Bauhofes Grünau. Von dieser Leitzentrale aus sollen künftig sämtliche wasserbaulichen Anlagen des Wasserstraßen- und Schifffahrtsamtes Berlin fernbedient beziehungsweise bei Automatikbetrieb oder halbautomatischer Selbstbedienung durch die Nutzer fernüberwacht werden. Für beide Bauvorhaben haben wir gerade die erforderlichen Bauplanungsaufträge vergeben. Eine schöne Herausforderung ist auch die Grundinstandsetzung der Ufereinfassungen am Landwehrkanal.
Auch hier gab es viel Ärger, weil viele Bäumen fallen sollten. Ist der Konflikt aus Ihrer Sicht beendet?
Ja. Das außerordentliche Engagement der Bürgerinnen und Bürger hat bewirkt, dass der Bund als Eigentümer 66 Millionen Euro für die nachhaltige Sanierung der Ufereinfassungen bereitgestellt hat. Wir bereiten derzeit die Bau- und Genehmigungsplanung für das notwendige Planfeststellungsverfahren vor. Grundlage dafür sind die bautechnischen Lösungen, die in dem im Dezember 2013 beendeten Mediationsverfahren vereinbart wurden.
Das Gespräch führte Klaus Kurpjuweit
Rolf Dietrich: leitet das Wasserstraßenneubauamt Berlin. Seine Behörde ist zuständig für die Planung und den Ausbau der Wasserstraßen des Bundes in der Region.
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