Bürgerforum im Band des Bundes: „Der Bundestag bricht sein Versprechen“
Architekt Axel Schultes kritisiert, dass die Idee fürs Bürgerforum in seinem Band des Bundes aufgegeben wird – für eine Straße.
Im Februar 1993 wurde der internationale Wettbewerb zum Spreebogen entschieden: Das Berliner Team Axel Schultes und Charlotte Frank gewann ihn unter 835 Einsendungen – mit dem „Band des Bundes“. West- und Ost-Berlin sollten über die Spree hinweg miteinander verzahnt werden – ein eingängiges, auch international sofort verstandenes städtebauliches Bild für die Hauptstadt des vereinten Deutschland. Zwischen Kanzleramt und Parlamentsbauten, die nach den entsprechenden Architekturwettbewerben denn auch gebaut wurden, sahen Schultes und Frank das Gebäude eines „Bürgerforums“ vor, in dem das Volk, die Bevölkerung, der Souverän sich selbst begegnen und zu Wort kommen sollte.
Von dem Bürgerforum war nach dem Wettbewerb nie mehr die Rede. Es gab weder einen Interessenten, der es hätte betreiben wollen, noch gar einen Träger zu Finanzierung und Unterhalt. Stattdessen wurde über die Freifläche zwischen Kanzleramt und Paul-Löbe-Haus des Deutschen Bundestages eine provisorische Straße gelegt. Im Schultes-Frank-Entwurf ist keine Nord-Süd-Straße vorgesehen. Die anstelle der früheren „Entlastungsstraße“ angelegte Autoverbindung sollte nur so lange Bestand haben, wie der Straßentunnel zwischen Landwehrkanal und Moabit/Hauptbahnhof noch nicht fertig war.
Die Idee des Bürgerforums wurde damit begraben
Tatsächlich hat sich diese Straße zu einer bequemen Alternativverbindung für den Autoverkehr entwickelt und wird als solche ungeachtet des Tunnels genutzt. Jetzt soll sie, wie berichtetet, in geänderter Führung auf die Konrad-Adenauer- Straße und die Kronprinzenbrücke zuführen. Ausgerechnet das Teilstück, das über das „Band des Bundes“ führt, bliebe dadurch erhalten und soll nach den Planungen der Verkehrsverwaltung sogar deutlich ausgebaut werden.
Dagegen hat sich jetzt Axel Schultes ausgesprochen. Er beklagt das „gebrochene Versprechen des Deutschen Bundestages auf Rückbau des Straßenprovisoriums“ und fragt: „Warum die große, ungelöste Frage des ,Forums' durch nichts als einen kleinen, versteckten Verwaltungsakt sozusagen ein für alle Mal entsorgen?" Schultes macht stattdessen „einen Vorschlag zur Güte, um die geteerte, bordsteinbewehrte Standardstraße zu vermeiden“. Ein „shared-space, eine gemeinsam-simultan genutzte, also auch befahrbare Platzfläche“ könne „den sowohl beschuhten als auch bereiften Stadtmenschen ein friedliches Miteinander ermöglichen“. Gemeint ist ein durchgehend gepflasterter oder mit Platten belegter Straßenraum ohne bauliche Unterscheidung von Kfz-Verkehrsfläche und Bürgersteigen, wie es ihn beispielsweise als Vorplatz vor dem Basler Hauptbahnhof gibt – dort sogar unter Einschluss mehrerer Straßenbahngleise.
Für Berlin kommen diese Gedanken vermutlich zu spät. Die Verwaltung hat ihre Planungen für die endgültige Straßenführung fertiggestellt, die werden derzeit, wie gesetzlich vorgeschrieben, „ausgelegt“ - und anschließend ausgeführt. Das „Bürgerforum“ bleibt nichts als ein schöner Wettbewerbsgedanke.
Hier können Sie die Kritik des Architekten Axel Schultes im Wortlaut nachlesen