20. Todestag von Lady Diana: Der Besuch der Princess of Wales in Berlin
Im Oktober 1985 besuchte Lady Diana zum ersten Mal West-Berlin – und wurde umjubelt. Erinnerungen an zwei royale Tage.
Eine Rose ist eine Rose ist eine Rose – gewiss, aber dieses galante Willkommensgeschenk war nun doch etwas ganz Besonderes. Stieg erst per Hubschrauber in den Himmel über Berlin, schwebte dort ein wenig herum, bis ein britischer Infanterist, Angehöriger des Royal Hampshire Regiments, sich die rote Rose zwischen die Zähne klemmte, an einem Seil zu Boden glitt und sie der Prinzessin der Herzen überreichte – eine Szene voller Courtoisie und historischer Reminiszenzen, trug doch das Regiment die Hampshire Rose in seiner Kokarde, ehrenvolle Erinnerung an längst vergangene Schlachten.
Ja, er hatte schon Stil, der erste Besuch von Lady Diana, Princess of Wales, am 18. und 19. Oktober 1985 in West-Berlin, und die vom Spandauer Himmel im Rahmen einer Luftlandeübung herabschwebende Rose war ein besonders hübsches Detail des bis ins Letzte ausgefeilten Programms. Drei Monate vorher war die etwa 24-stündige Visite angekündigt worden, die in erster Linie nicht der Stadt galt, vielmehr dem 1. Bataillon des in Berlin stationierten Royal Hampshire Regiments. Zu dessen Ehrenoberst war die Prinzessin wenige Monate zuvor ernannt worden.
Die Aussicht auf den Besuch ließ die Royalisten unter den West-Berlinern und vor allem die Journalisten aus dem Häuschen geraten. Generalstabsmäßig war alles vorbereitet worden, die Presse musste sich schon am frühen Vormittag des 18. Oktober, als drüben in London wahrscheinlich noch nicht mal Breakfast serviert wurde, im Hotel Interconti zur Akkreditierung einfinden. Dabei hatten sie eine schwerwiegende Entscheidung zu treffen: Flugplatz Gatow oder Schloss Charlottenburg? Beides zusammen gehe nicht, da blieb der Presseoffizier hart. Immerhin war durch einen herumgereichten Zettel schon zu erfahren, wie Lady Di in Berlin gekleidet sein würde: Wollkostüm mit schwarzem Faltenrock und rosafarbener Jacke, ein runder, ebenfalls rosafarbener Hut mit schwarzem Band, schwarz auch die Accessoires.
Punktlandung in Gatow
Pünktlich um 13.15 Uhr landete die Prinzessin auf dem Flugplatz der Royal Air Force in Gatow, begrüßt mit militärischen Ehren. Anschließend ging es im schwarzen Daimler, Kennzeichen PMG 1, zum Schloss Charlottenburg. Dort warteten schon hunderte Schaulustige hinter und auf den Absperrungen, jugendliche Neugierige erklommen sogar die umstehenden Straßenlaternen. Straßenhändler streiften umher, boten „Briefe mit Sonderstempeln“ an oder blau-weiße Aufkleber mit dem Aufdruck „Dianastraße“, die es in Waidmannslust tatsächlich gibt, freilich benannt nach der Göttin der Jagd, nicht nach der göttlichen Prinzessin.
Die Polizei gab sich servicebetont, verkündete sogar per Lautsprecher: „Die Kolonne befindet sich in der Schlossstraße“ – und da war die schwarze Limousine auch schon heran, durchglitt das Tor, darin ein rosafarbener Fleck: Das war sie. Ankunft leider bei Nieselregen.
Eintrag ins Goldene Buch der Stadt
Vom Geschehen im Schloss bekamen die draußen nur ein Blitzlichtgeflacker mit, als die Prinzessin sich schlicht mit „Diana“ ins Goldene Buch der Stadt eintrug. „Sehr rank und schlank wirkt sie und ein bisschen scheu“, so beschrieb die im barocken Kuppelsaal des Schlosses postierte Redakteurin des Tagesspiegels ihren Eindruck von der Prinzessin. Jeder Schritt war vom Protokoll vorgeschrieben, eigene Worte, eine Rede gar, waren nicht vorgesehen: Erst Vorstellung der Honoratioren, dann Ansprache des Regierenden Bürgermeisters Eberhard Diepgen, Eintrag ins Goldene Buch, Austausch der Präsente: für den Regierenden ein Porträtfoto mit krönchenverziertem Rahmen, für die Prinzessin einen goldgeränderten Porzellanteller mit Edelweißdekor, Sonderanfertigung der KPM. Der entlockte ihr dann doch einen kurze Bekundung der Freude – so viel eben das Protokoll zuließ: „Ach wie schön. Ach, Edelweiß.“ Anschließend Sektempfang, dann kamen die draußen wartenden königstreuen Berliner auf ihre Kosten.
Fast auf die Minute programmgemäß schimmerte es an der Eingangstür des Schlosses wieder rosa. Ein kurzer Rundgang über den Ehrenhof, dann schritt die Prinzessin lächelnd der wartenden Menge entgegen. Blumensträuße wurden ihr gereicht, Kinder schwenkten Fähnchen, hier und da kam es zu einem kurzen Gespräch, dann ging es zurück zum Daimler und weiter nach Spandau zu den Wavell Barracks in der Wilhelmstraße, der ehemaligen Von-Seeckt-Kaserne.
Dort waren die roten Uniformjacken der Soldaten sauber gebürstet, die schwarzen Hosen frisch gebügelt und die aufgepflanzten Bajonette poliert worden. Ein Quadrat aus Pressetribüne, Zeltdächern für die Familien der Regimentsmitglieder und zehn exakt ausgerichteten Schützenpanzern war formiert worden. In ihm entfaltete sich die ganze Pracht britischen Militärwesens, fast wie alljährlich beim „British Tattoo“ in der Deutschlandhalle, samt wacker paradierender Regimentskapelle und unter golden schimmernden Helmspitzen im Gleichschritt einhermarschierenden Soldaten. Deren Front schritt die Prinzessin später gemessen ab, schüttelte dem Bandmaster unmilitärisch die Hand, plauderte auch ein wenig mit diesem oder jenem der Soldaten. Nach dreifachem Salutschießen ging es in die Offiziersmesse, zum privaten Treffen mit Soldatenfamilien und dem späteren Regimentsessen. Übernachtet hat sie dann in der Residenz des britischen Stadtkommandanten, der Villa Lemm am Ufer des Gatower Havelufers.
Diana im Jogginganzug
Am nächsten Morgen wohnte Diana Waffen- und Gefechtsübungen bei, bekam eine Panzerabwehrwaffe erklärt, erhielt ihre aus dem Himmel herniedergeschwebte rote Rose und durfte sogar in einem Panzer ihre Fahrkünste unter Beweis stellen. Der schwarze Jogginganzug, den sie dabei trug, stand ihr gut.
Noch ein zweites Mal besuchte die Prinzessin Berlin, gemeinsam mit Prinz Charles, als Teil einer sechstägigen offiziellen Visite in der Bundesrepublik, Anlass für den Abstecher an die Spree war das 750. Stadtjubiläum. Zu deren Programm gehörte am Abend des 1. November 1987 auch das Gastspiel des Royal Ballet Convent Garden London, dem Charles und Diana beiwohnten.
Zuvor hatte Diepgen in seinem Amtssitz, dem Rathaus Schöneberg, einen Empfang zu Ehren des royalen Paares gegeben, auch Geschenke wurden wieder ausgetauscht: Für Prinz und Prinzessin zwei KPM-Figuren, für den Regierenden Bürgermeister einen gläsernen Pokal mit den Wappen des Prince of Wales und Berlins – ein von Charles mit launigen Worten überreichtes Präsent: „Wenn das runterfällt, macht es viel Lärm.“
Um die Ehe des Paares muss es da schon ziemlich düster ausgesehen haben. Nur knapp zehn Jahre hatte Lady Diana da noch zu leben.