zum Hauptinhalt
Der BER ist eröffnet - teilweise zumindest: Dieser Airbus A320 der Fluglinie Condor startete am Sonnabend auf der Südbahn.
© dpa/Patrick Pleul

Flughafen Berlin-Brandenburg: Der BER ist hiermit eröffnet

Am Sonnabend ist der neue Hauptstadtflughafen in Betrieb gegangen - zumindest teilweise. Die Südbahn des BER dient als Ersatzpiste für die Landebahn des alten Flughafens Schönefeld, die nun saniert wird.

Die Kulisse am Sonnabend hätte nicht schöner sein können für den feierlichen Anlass. Rot gefärbt war der Himmel, als die Sonne über Schönefeld aufging und der Airbus A320 der Fluglinie Condor an den jungfräulichen Gebäuden des neuen Hauptstadtflughafens vorbeirollte. Um 5.35 Uhr hob die Maschine, Flugnummer DE6544, in Richtung Palma de Mallorca ab - und eröffnete damit ganz unspektakulär den Flughafen BER, teilweise wenigstens.

Denn seit Sonnabend nutzen Flieger des alten Airports Schönefeld die Südbahn des BER, offiziell die "Bahn 25L", und das Rollfeld vor dem neuen Terminal, weil die bisherige Landebahn aus DDR-Tagen ein knappes halbes Jahr lang saniert werden muss. Die erste Landung erfolgte durch eine Boeing B737 von Pegasus Airlines, Flugnummer PC7854, aus Istanbul um 5.55 Uhr, wie die Flughafengesellschaft mitteilte. Die Flüge seien "in Betriebsrichtung West" gestartet und gelandet. Am Sonnabend sind bereits 130 Flugbewegungen geplant.

Der Ersatzbetrieb hat Folgen, nicht nur für Menschen in der Einflugschneise. Die Flughafenplaner haben nämlich getrickst: Lange war gestritten worden, ob es rechtlich möglich ist, die südliche Bahn während der Bauarbeiten im Norden nutzen zu können. Das Problem ist der Schließungsbeschluss für den Flughafen Tegel, der Voraussetzung dafür war, dass der BER ausgebaut werden durfte: Dort heißt es, dass Tegel ein halbes Jahr nach der Inbetriebnahme der auf 3600 Meter verlängerten Nordbahn und der neuen Südbahn mit einer Länge von 4000 Metern, geschlossen werden muss.

Lärmschutz für BER-Anwohner noch nicht komplett

Die erste Landung: Um 5.55 Uhr traf eine Boeing der türkischen Pegasus Airlines auf der BER-Landebahn ein.
Die erste Landung: Um 5.55 Uhr traf eine Boeing der türkischen Pegasus Airlines auf der BER-Landebahn ein.
© dpa/Patrick Pleul

Der Trick, um all das auszuhebeln, geht ganz einfach: Die Flughafengesellschaft hat sich den Betrieb nur auf einer Länge von 3600 Metern genehmigen lassen. Damit ist die neue BER-Bahn noch nicht vollständig in Betrieb, und damit greift auch der Schließungsbeschluss für Tegel – noch – nicht. Die Genehmigungsbehörde hat auch nicht vorgeschrieben, dass alle Häuser im Bereich des Schutzgebiets der Südbahn schon während der Zwischennutzung lärmisoliert sein müssen. Noch sind nach Angaben der Flughafengesellschaft nicht alle Anträge bearbeitet. In diesen Fällen hätten Unterlagen gefehlt, sagte Flughafensprecher Rald Kunkel. Um den Einbau der Schallschutzfenster und eventuell der Lüfter müssen sich die Anwohner selbst kümmern. Anspruchsberechtigt sind rund 4500 Anwohner.

Folgen hat die Mini-BER-Inbetriebnahme aber nicht nur für die Anrainer, sondern auch die vielen Familien, die in den Urlaub wollen. Denn die Behörde hat vorgegeben, dass schon jetzt die strengeren Nachtflugregeln des BER gelten – mit dem Flugverbot zwischen 0 Uhr und 5 Uhr. Flüge in dem Zeitraum werden allgemein damit begründet, dass sie wichtig seien für Interkontinentalverbindungen. In Schönefeld, wo Starts und Landungen bisher rund um die Uhr erlaubt waren, ging’s aber in der Regel nur nach Europa: Um 2.45 Uhr etwa nach Antalya. Gut 1600 Flüge waren es im Jahr 2014, für die jetzt andere Zeiten gelten müssen, darunter 876 Passagierflüge des Linienverkehrs.

Nachts geht's nach Rostock oder Hannover

Das Flugverbot kann sich aber auch auf Flüge nach Tegel auswirken. Verspätete Maschinen, die keine Sonder-Landeerlaubnis mehr erhalten, können nun nach 0 Uhr nicht mehr einfach nach Schönefeld umgeleitet werden (was ja für Familien jetzt schon mühsam war, wenn die abholenden Nachbarn beispielsweise in Tegel warteten und dann einmal quer durch die Stadt nach Schönefeld fahren mussten). Die Flugzeuge werden jetzt gleich nach Hannover oder Rostock geschickt, wo sie nachts landen dürfen.

In Leipzig dagegen, wo Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) so gern den Ergänzungsflughafen zum BER sieht, dürfen nachts ebenfalls keine Passagierflugzeuge landen; dies ist nur Maschinen mit Fracht erlaubt, weil der Flughafen ein Frachtzentrum ist. So hat es das Bundesverwaltungsgericht entschieden. Über nach Rostock-Laage umgeleitete Flüge würde sich sicher auch ein ehemaliger Berliner Flughafen-Manager freuen. Rainer Schwarz, der in Berlin gefeuert worden war, ist jetzt in Rostock Chef und kann jede Zusatzeinnahme für den defizitären Flughafen gut brauchen.

Passagiere müssten in Hannover oder Rostock übernachten, wenn es nicht gelingen sollte, eine Busfahrt nach Berlin zu organisieren. Die Kosten müssten die Fluggesellschaften übernehmen. Von Hannover sind es nachts drei Stunden mit dem Bus nach Berlin; von Rostock 2,5 Stunden. Aber auch für Passagiere in Schönefeld kann sich einiges ändern. Da der Weg vom bisherigen Terminal zur Südbahn sechs Kilometer länger sein wird als bisher zur Nordbahn, kann es schnell zu Verspätungen kommen. Immerhin rollen die in den Maschinen sitzenden Fluggäste dann unmittelbar am BER-Terminal vorbei, das zumindest von außen fertig aussieht.

Freuen können sich die Bewohner an der Nordbahn. "Zum ersten Mal können wir nachts ruhiger schlafen", sagt die Bohnsdorferin Christine Dorn. Sie ist Vorsitzende beim Bürgerverein Brandenburg-Berlin (BVBB), der sich weiter gegen Schönefeld als BER-Standort wehrt. Und Dorn weiß auch schon, was auf die Bewohner an der Südbahn außer dem Lärm noch zukommen kann: Die Gefahr, dass durch knapp über die Häuser fliegende Maschinen Dächer beschädigt werden könnten. An der Nordbahn – und in Tegel – kennt man die Probleme. An der Südbahn sind sie neu. Wie der Lärm.

Zur Startseite