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In Potsdam schnappte die Polizei am Mittwoch einen 29-jährigen Berliner, der illegal Abfall entsorgte. Hier zu sehen: Asbest und Bauschutt.
© Polizei Brandenburg

Das lukrative Geschäft der Müllmafia: Der Abfall wird jetzt illegal nach Polen exportiert

Asbest, Kunststoffe und Straßenabbrüche: In einem alten Kiesbergwerk in Brandenburg soll illegal Müll gelagert worden sein. Auch in Potsdam gibt es einen Fall.

Wieder war es ein früheres Kiesbergwerk, diesmal in Beeskow im Landkreis Oder-Spree. Ermittler des Brandenburger Landeskriminalamtes (LKA) vermuten, dass dort illegale Abfälle lagerten und ein reger Müllexport nach Polen betrieben wurde. Seit Jahrzehnten hat Brandenburg mit dem lukrativen Geschäft der Müllmafia zu kämpfen – und mit dem bleibenden Dreck. Mehr als hundert illegale Deponien konnten bislang nicht geräumt werden.

Der Hinweis kam vom Landesumweltamt: Seit Dienstag sind die Ermittler in Beeskow unterwegs, 50 Einsatzkräfte rückten an, mit einer Drohne haben sie das Gelände vermessen, Bodenproben genommen und in Geschäftsräumen Akten beschlagnahmt. Die Auswertung werde einige Zeit dauern, sagte ein Sprecher des LKA.

Die 2020 gegründete Schwerpunktstaatsanwaltschaft für schwere Umweltkriminalität bei der Staatsanwaltschaft Potsdam, die erste dieser Art in der Bundesrepublik, ermittelt gegen den Betreiber der Anlage wegen mehrerer schwerer Umweltstraftaten. Auf der Deponie sollen asbestähnliche Materialien, Kunststoffe und Straßenabbrüche ohne Genehmigung verklappt worden seien. Ob Grundwasser und Boden in Gefahr sind, steht nach Auswertung der Proben fest.

Daneben geht es um Erkenntnisse des Umweltamtes. Demnach soll der Betreiber unerlaubt Abfälle nach Polen exportiert haben – mehrere Lkw-Ladungen pro Tag, beladen mit Müll, der „wahrheitswidrig als nicht anzeigepflichtig“ deklariert worden sein soll. „Der Umfang der Transporte ist nach den bislang durchgeführten Ermittlungen beträchtlich“, sagte der LKA-Sprecher.

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Erst im April sollen die Behörden in Polen solche illegalen Transporte abgefangen haben. Der Bauunternehmer wies im RBB die Vorwürfe zurück. Nach Polen würden „Produkte“, aber kein Abfall gebracht. Es seien keine giftigen Stoff illegal entsorgt worden.

Seit Jahren boomt illegale Müllexport

Die Ermittler entdecken immer seltener illegale Deponien, Entsorger und Müllmafia gehen neue Wege. Seit Jahren boomt etwa der Müllexport, auch der illegale, nach Polen, dort brannten in der vergangenen Jahren mehrfach wieder illegale Deponien – mit Müll aus Deutschland.

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„Die Fallzahlen beim unerlaubten Betreiben von Anlagen sind rückläufig“, sagte der LKA-Sprecher. Dagegen gebe einen Zuwachs „bei der illegalen und gewerbsmäßig betriebenen grenzüberschreitenden Abfallverbringung nach Polen“. Brandenburg komme als Transit- und Herkunftsland der illegalen Abfallverschiebung eine besondere Bedeutung zu. So mussten etwa 2018 in sechs Fällen insgesamt 150 Tonnen Müll aus Polen nach Brandenburg zurückgeholt werden – und das waren nur die entdeckten Exporte.

Gefährliche Abfälle werden oft in Wäldern verklappt

Ebenfalls stark zugenommen hat laut LKA der „unerlaubte Umgang mit gefährlichen Abfällen“ – auch das ist ein lukratives Geschäft. Teils ganze Lkw-Ladungen Schutt und Abfälle von Baustellen und Abrissarbeiten wie Teerpappe oder Asbestplatten werden in den Wäldern oder am Wegesrand verklappt, anstatt sie teuer zu entsorgen.

„Die Art der Abfälle lässt auf Entsorgungs- und Baufirmen oder deren Subunternehmer schließen“, sagte der LKA-Sprecher. Selten gibt es Zeugen und daher kaum Spuren zu den Tätern.

Eine Ausnahme ist ein aktueller Potsdamer Fall. Dort ermittelte die Polizei nach Zeugenhinweisen seit Ende Mai wegen illegaler Abfallentsorgung im Bereich Satzkorn sowie im Naturschutzgebiet zwischen Karzow und Priort nördlich der Landeshauptstadt.

Die Ermittler stießen auf einen 29-jähriger Berliner, der als Entsorger arbeitet. Die Abfälle – Wellasbestplatten, Bauschutt, Haushaltsmüll – sollen von verschiedenen Baustellen in Berlin und Brandenburg stammen. Die Polizei stoppte ihn am Montag auf frischer Tat, als er im Havelland einen Auftrag annahm.

Die Ermittler sicherten Daten und durchsuchten den Transporter, in dem noch Schuttreste lagen. Den Abfall muss die Stadt Potsdam entsorgen. Wie so oft, auch bei illegalen Deponien. kommen dafür am Ende die Gebühren- und Steuerzahler auf.

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