Protest gegen Flüchtlinge in Berlin: Demonstrationen in Marzahn und Buch gegen Unterkünfte für Asylbewerber
Auch am Montag wurde wieder gegen den Bau von Flüchtlingsheimen demonstriert. Unter den Demonstranten in Marzahn waren auch einschlägig bekannte Rechtsextremisten. Proteste gab es ebenfalls in Buch.
Auch an diesem Montag wurde in Marzahn wieder gegen den Bau von Flüchtlingsheimen protestiert. Am Abend versammelten sich rund 500 Menschen zu der Demonstration unter dem Motto "Nein zum Containerdorf" am Blumberger Damm/Ecke Landsberger Allee. Unter den Demonstranten waren einige einschlägig bekannte Rechtsextremisten, so auch der Landeschef der NPD Sebastian Schmidtke. Eine Gegendemonstration mit zunächst 400 Teilnehmern formierte sich ebenfalls dort. Diese Veranstaltung stand unter Motto "Solidarität statt Ausgrenzung". Die Polizei war mit rund 300 Beamten im Einsatz. Zwischenzeitlich kam es zu kleineren Rangeleien; die Polizei nahm einige Demonstranten fest. Bereits vor einer Woche wurde dort protestiert.
Während die Demonstranten gegen die Flüchtingsheime den Blumberger Damm herunter zogen, führte die Route der Gegendemonstranten zunächst über die Landsberger Allee. In der Lea-Grundig-Straße wurden sie aus einem Haus heraus mit einem Böller beworfen; die Polizei griff ein. Sie nahm einen Mann fest. Zuvor hatte es bereits an den Treffpunkten einige Rangeleien gegeben.
Auch im Norden von Berlin, in Buch, wurde demonstriert. 200 Menschen, die gegen Asylbewerberunterkünfte protestieren, standen 150 Gegendemonstranten gegenüber. Diese Demonstrationen verliefen ohne besondere Vorkommnisse.
Die Sicherheitsbehörden sind besorgt
Mit Sorge beobachten Sicherheitsbehörden und Politik die zunehmenden Proteste und Aktionen gegen Flüchtlingsunterkünfte in Berlin und Brandenburg. Schon am Samstag hatten 400 Menschen in Köpenick gegen eine geplante Containersiedlung für Flüchtlinge protestiert, dabei waren ebenfalls rechtsextreme Szenegrößen wie NPD-Landeschef Schmidtke. Und auch in Marzahn hatten in der vergangenen Woche schon einige hundert Menschen demonstriert.
Bei den Initiativen gegen die Flüchtlingsheime ähneln sich die vor allem über Facebook verbreiteten Slogans gegen Asylbewerber und Flüchtlinge. Und alle weisen den Vorwurfe entschieden zurück, es handle sich um Aufmärsche von Neonazis oder zumindest von Rechtspopulisten. Tatsächlich aber stammen die Parolen gegen „Wirtschaftsflüchtlinge und Scheinasylanten“ eindeutig vom äußersten rechten Rand, wie auch die Sprechchöre in den Videos gegen „Asylantenschweine“.
Grüne sieht rechtsextreme Kampagnen
Die Extremismusexpertin der Grünen im Berliner Abgeordnetenhaus, Clara Herrmann, sieht hinter den Aktionen eine rechtsextreme Kampagne. Eine Kerngruppe von Rechtsextremen initiiere die Proteste und melde die Kundgebungen an. Auch der Senat kommt zu dieser Einschätzung. Schon 2013, als die Proteste gegen ein Flüchtlingsheim in Hellersdorf eskalierten, hatte der Berliner Verfassungsschutz erklärt, dass zum Teil Neonazis die Hintermänner der Initiativen seien und diese steuerten. NPD-Landeschef Schmidtke hatte maßgeblich die Protestaktionen in Hellersdorf vorangetrieben.
In Brandenburg haben die vor allem über Facebook verbreiteten und von der NPD gesteuerten Initiativen gegen Flüchtlingsheime kaum noch Zuspruch. Die Kampagne „Nein zum Heim“ lief ins Leere. Zwar hätten die Menschen angesichts steigender Flüchtlingszahlen vielerorts Ängste wegen neuer Asylbewerberheime, heißt es aus dem Innenministerium. Doch es gelinge weitgehend, diesen mit Bürgerdialogen und Einwohnerversammlungen zu begegnen. Im Vergleich zum Herbst des vergangenen Jahres habe sich die Lage beruhigt.
90 Neonazis zogen am Volkstrauertag durch Gransee
Dafür macht die Neonazi-Szene mobil. Mit Fackeln in der Hand zogen bis zu 90 Neonazis am Volkstrauertag durch die Straßen der Kleinstadt Gransee (Oberhavel) und riefen fremdenfeindliche Parolen. Verantwortlich für den nicht angemeldeten Aufzug der „Aktivisten des Nationalen Widerstandskampfes“ sind nach Tagesspiegel-Recherchen Maik Eminger aus Grabow (Potsdam-Mittelmark) und das Neonazi-Netzwerk „Licht und Schatten“. Eminger ist der Zwillingsbruder des im Münchner NSU-Prozess mitangeklagten André Eminger, des mutmaßlichen Hauptunterstützers der Terrorgruppe. Die Sicherheitsbehörden gehen davon aus, dass Eminger erneut – wie vor der Festnahme seines Bruders auf seinem Gehöft durch die GSG 9 im November 2011 – eine führende Rolle in der rechten Szene anstrebt.