Nach Scheitern des Mauer-Kunstwerks in Berlin: "Dau"-Aktion zieht weiter nach Paris
Nach dem Scheitern in Berlin soll des Mauer-Kunstwerk in Paris aufgebaut werden. Die Vorbereitungen sind streng geheim - doch auch hier gibt es Probleme.
Seit mehreren Monaten wird im Geheimen an einem „Dau“-Projekt in Paris gearbeitet. Eine Sprecherin der Produktion Phenomen Films in der französischen Hauptstadt erklärte dem Tagesspiegel: „Wir wollen das Geheimnis wahren, wie das in Berlin auch geplant war.“ In Paris ist das Projekt bisher in der Öffentlichkeit nicht bekannt, wird deshalb auch nicht so heftig diskutiert wie in Deutschland, einige französische Medien erwähnten es nur am Rande.
Mit Details halten sich die Pariser Produzenten zurück. Zum Ende des Herbstes soll das Projekt beginnen, einige Wochen nach der Berliner Installation, die eigentlich am 9. November zu Ende gehen sollte. Auch in Paris soll das Ereignis rund einen Monat dauern, bevor es nach London geht. Auf Anfrage, ob und wie die Absage in Berlin das Projekt in Paris beeinflusst, hat die Produktion bisher nicht reagiert.
Das Verwirrspiel scheint sich zu wiederholen. Auch in Paris ist noch längst nicht sicher, ob die Behörden für das Kunstprojekt grünes Licht geben und die Genehmigungen wirklich erteilen werden. Die Produktion betont zwar: „Wir arbeiten mit der Stadt Paris und bei technischen Dingen mit der Polizeipräfektur zusammen, und sie befürworten es.“ Eine Entscheidung über die technischen Installationen und Sicherheitsvorkehrungen steht aber aus. Und bei der Pariser Stadtverwaltung, die zustimmen muss, wenn ein Projekt wie dieses öffentlich stattfindet, sagt eine Sprecherin: „Wir haben keine Informationen darüber.“ In Berlin hatten sich Politiker vorher positiv über das Projekt geäußert, dennoch gab es keine Genehmigung von den Behörden.
Genauer Ort im Pariser Zentrum unklar
Der für Paris vorgesehene Ort liegt unmittelbar im Zentrum, nicht weit entfernt vom Rathaus. Die Dimensionen des Unternehmens und der genaue Ort für die Installation wurden noch nicht genannt. Die Produktion arbeitet nach eigenen Angaben aber eng mit den zwei großen Theatern im Zentrum der Stadt, mit dem Théâtre de Châtelet und dem Théâtre de la Ville, zusammen. Beide Häuser beantworteten Anfragen nicht.
Bei Phenomen Films in Paris heißt es, das Spektakel solle dort ganz anders werden, als es in Berlin geplant war. Die Mauer sei nicht Thema. „Es ist immer der jeweiligen Stadt angepasst“, erklärt die Sprecherin geheimnisvoll. Die Vorführung der „Dau“-Filme ist jedenfalls auch in Paris geplant. Und weil sich die Pariser Kulturwelt ein solches Ereignis offenbar nicht entgehen lassen will, wollen sich die Schauspielstars Isabelle Adjani, Gérard Depardieu und Fanny Ardant an dem Spektakel beteiligen, das unbedingt riesig werden soll. Wie viele Personen daran insgesamt beteiligt sind, bleibt aber offen. Die Organisation soll über Eintritts-Visa laufen. So war es auch in Berlin vorgesehen.
Die Ereignisse in der deutschen Hauptstadt stellen nun alles infrage. Die Spektakel in den drei Städten sollten unter dem Tenor Liberté (Berlin), Egalité (Paris) und Fraternité (London) laufen. Nun fehlt schon die Liberté, die „Freiheit“. Großereignisse in Frankreich werden seit den Attentaten in Paris und Nizza immer mit besonderer Vorsicht vorbereitet, einige wurden seitdem schon abgesagt, weil es Sicherheitsbedenken gab.
Hohe Sicherheitsanforderungen
Die Sicherheitsvorkehrungen für die Militärparade zum Nationalfeiertag am 14. Juli in Paris waren sehr streng, auch die Weihnachtsmärkte stehen unter militärischer Aufsicht. Dazu kommt, dass ein Spektakel dieser Länge und Größe im engen Zentrum von Paris die ganze Stadt lahmlegen könnte. Schon jetzt wird Bürgermeisterin Anne Hidalgo heftig dafür kritisiert, dass sie den Verkehr in der Innenstadt nicht im Griff hat und mehrere Straßen an der Seine für Autos sperren ließ. Seitdem ist ständig Stau. Noch mehr Chaos im Stadtzentrum kann sie sich eigentlich nicht erlauben. Die Bürgermeisterwahl ist erst im Jahr 2020, aber der Wahlkampf hat begonnen.
Stillschweigen herrscht ebenfalls, was den letzten Teil der „Dau“-Trilogie angeht, die „Brüderlichkeit“ in London. Ein Heimspiel. London ist der Sitz von Phenomen Trust, der Stiftung des russischen Milliardärs und Sponsors Sergej Adoniev, der „Dau“ finanziert. Die Kosten für den Berliner Teil wurden von den Berliner Festspielen mit 6,6 Millionen Euro angegeben. Die Festspiele selbst sind nach eigenen Angaben finanziell nicht in dem Projekt engagiert.
In der „Dau“-Zentrale im Londoner Stadtteil Mayfair werden die Filme des russischen Regisseurs Ilya Khrzhanovsky produziert und geschnitten, sie sind das Zentrum des Mega-Projekts. Es sollen 700 Stunden Fimmaterial existieren. 13 Spielfilme und drei Fernsehserien sollen in Arbeit sein. Nur wenige haben diese Filme bisher gesehen.
Das Riesenwerk dreht sich um das Leben des russischen Physikers und Nobelpreisträgers Lew Landau. In der Stalin-Zeit lebte er in einer abgeschlossenen Kolonie, einem Ort der Utopie und der totalitären Kontrolle. Khrzhanovsky hat diese Situation in der Ukraine nachgestellt. Leben in der Vergangenheit: Mehrere Hundert Menschen haben sich über zweieinhalb Jahre diesem Experiment unterzogen.
Dabei wurden sie mit ihrem Einverständnis gefilmt, auch in intimen Momenten. Die Darsteller sind Schauspielamateure, darunter prominente Künstler wie Marina Abramovic, Carsten Höller und Teodor Currentzis. Er gilt wie Ilya Khrzhanovsky als radikaler, charismatischer Kopf, sein Ensemble MusicAeterna wird gleichfalls von Sergej Adoniev unterstützt.