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Es wird eng im Stall. Schweinezüchter und Mastbetriebe in Brandenburg werden ihr Vieh nicht mehr los.
© Patrick Pleul/dpa

Zwischen Pest und Corona: Das Leid der Bauern in Brandenburg

Wegen der Schweinepest werden Landwirte ihre Tiere nicht los. Und nun sind wegen der Coronakrise auch die Restaurants wieder geschlossen. Tun die Behörden genug?

Jeden Tag kommen in den Ställen von Schweinehalter Peter Meier (Name geändert) mehr als 150 Ferkel zur Welt. Vier Wochen lang bleiben sie bei ihren Müttern, bevor sie zu ihren Altersgefährten in den Ferkelstall kommen. Weitere sieben Wochen später verkauft Peter Meier sie an Mastbetriebe. Das heißt: Er versucht, sie an Mastbetriebe zu verkaufen. Denn seit Monaten nehmen diese nicht die gewohnten Mengen, weil die Schlachtbetriebe wegen der Corona-Auflagen die Produktion drosseln.

„Ich kann das aber mit meinen Ferkeln nicht so schnell“, sagt Meier: „Selbst wenn ich sofort aufhöre, die Sauen zu besamen – die haben eine Tragezeit von sechseinhalb bis sieben Monaten.“ Außerdem wäre es der Anfang vom Ende seiner wirtschaftlichen Existenz, sagt der 61-Jährige, der von Kindheit an Bauer ist. „Weder ich noch mein 93-jähriger Vater haben jemals eine solche schlimme Situation erlebt. Denn jetzt kommt auch noch die Afrikanische Schweinepest hinzu. Mein Betrieb liegt im betroffenen Gebiet im Landkreis Oder-Spree. Das steht leider auch auf der Ohrmarke meiner Ferkel, was ihre Vermarktung noch schwieriger macht.“

Deshalb nimmt Peter Meier derzeit bereits 15 Euro Verlust pro Tier in Kauf. Macht bei rund 2000 Ferkeln, die er pro Woche verkauft, etwa 30.000 Euro Miese. Lange hält er das nicht mehr durch. Wie Peter Meier geht es derzeit vielen Tierhaltern in Brandenburg. „Alle haben große Schwierigkeiten, ihre Schweine überhaupt abzusetzen“, sagt Tino Erstling, Sprecher beim Landesbauernverband (LBV): „Und selbst wenn es ihnen gelingt, sind die wirtschaftlichen Verluste enorm. Pro Kilo Schlachtgewicht werden derzeit nur noch 1,27 Euro statt der bislang üblichen 2 Euro bezahlt.“

Das liege nicht nur an der Tierseuche, sondern auch an der Coronakrise, sagt Erstling. Durch den erneuten Lockdown würden jetzt wieder viele Restaurants und Hotels weggefallen, die besonders hochwertiges Fleisch gekauft hätten. Aber auch Bauern, die keine Schweine züchten, seien betroffen. Sie dürfen in den ASP-Gebieten ihre Felder nicht oder nur eingeschränkt bestellen, was derzeit unter anderem Wintergerste, Winterroggen oder Raps betrifft.

Und die Suche nach infizierten Tieren geht weiter. So wurden im Landeslabor für Berlin und Brandenburg in Frankfurt (Oder) seit September mehr als 4000 Wildschwein-Proben getestet – 128 davon positiv. Allein im Oktober wurden auch knapp 2000 Hausschwein-Proben untersucht, von denen zum Glück alle negativ waren.

Bemühungen um deutsch-polnischen Schutzzaun gescheitert

Dennoch besteht kein Zweifel, dass sich der ASP-Erreger unaufhaltsam weiter ausbreitet. In der vergangenen Woche wurde in der Nähe von Friedland erst ein und kurz darauf ein zweites infiziertes Tier etwa 20 Kilometer außerhalb des eigentlich isolierten ersten sogenannten Kerngebiets gefunden. Auch im südlichen Nachbarland Sachsen gab es einen ersten Fall. Allerdings kam die dort betroffene Bache nachweislich nicht aus Brandenburg, sondern aus Polen, wo in diesem Jahr bereits mehr als 3000 Wildschweine positiv auf das Virus getestet wurden.

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Trotzdem sind alle Bemühungen, die Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) bereits seit Jahresbeginn unternommen hat, um einen Schutzzaun auf beiden Seiten der gemeinsamen Grenze zu bauen, gescheitert. Auf entsprechende Nachfragen verweist man auf ein schwieriges Verfahren, weil so viele verschiedene Gremien und Behörden daran beteiligt seien. Letztere konzentrieren sich ohnehin mittlerweile vor allem darauf, die Ausbrüche bei Hausschweinen zu bekämpfen, von denen es in Polen allein in diesem Jahr schon mehr als hundert gab.

Töten von Wildschweinen: Proteste in Berlin befürchtet

„In Deutschland konnte das Übergreifen auf Mastschweine bislang zum Glück verhindert werden“, sagt Dominik Lenz, Sprecher im Ministerium für Soziales, Gesundheit, Integration und Verbraucherschutz des Landes Brandenburg: „Aber wir sehen deutlich, dass sich das Infektionsgeschehen bei den Wildschweinen in Richtung Norden und Westen ausdehnt.“

Bisher haben sich in Deutschland nur Wildschweine mit der Afrikanischen Schweinepest infiziert.
Bisher haben sich in Deutschland nur Wildschweine mit der Afrikanischen Schweinepest infiziert.
© Lino Mirgeler/dpa

Im Norden liegt die Uckermark, im Westen irgendwann Berlin, wo es zwar wenig Hausschweine, dafür aber umso mehr Wildschweine gibt. Schon heute befürchten manche Politiker, dass es in der Hauptstadt zu Protesten kommen könnte, wenn man Tiere zur Seuchenbekämpfung sozusagen prophylaktisch töten müsste. Erst im August unterschrieben Tausende Berliner einer Online-Petition gegen den Abschuss einer Bache, die badenden Menschen am Teufelssee nach Meinung des Landesforstamts zu oft zu nahe kam. Zu sehen war das unter anderem in einem Video, auf dem ein nackter Mann der Sau hinterherrannte, weil diese eine Tasche „gestohlen“ hatte, in der sich angeblich sein Laptop befand.

Wildschweine bei Suche nach Kadavern aufgeschreckt?

Die Wildschweine in Brandenburg sind offenbar wesentlich scheuer. Jedenfalls gab es nach der Entdeckung des neuen ASP-Infektionsfalls in der Nähe von Friedland massive Kritik durch den Landesbauernverband. Man habe nicht nur wertvolle Tage verstreichen lassen, bevor man den mobilen Elektrozaun um das nunmehr dritte brandenburgische Kerngebiet errichtete, sondern auch noch bei der Suche nach weiteren Kadavern das Schwarzwild aufgeschreckt, sagt LBV-Sprecher Tino Erstling: „Wenn da Tiere infiziert sind, tragen sie das Virus wieder weiter. Generell müssen wir immer wieder feststellen, dass man entgegen gegensätzlicher Beteuerungen eben nicht auf die ASP-Krise vorbereitet war.“

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Beim Landkreis und beim Ministerium weist man die Kritik zurück. Man müsse immer erst herausfinden, ob es noch mehr infizierte Wildschweine gibt, bevor man den mobilen Zaun um das Kerngebiet errichte, heißt es. Gerade in diesem Fall habe man ja sogar noch ein weiteres infiziertes Tier gefunden und daraufhin das Kerngebiet noch mehr ausgedehnt.

Seuchenexpertin lobt Arbeit der Brandenburger Behörden

Elke Reinking, die Sprecherin des für Tierseuchen zuständigen Friedrich-Loeffler-Instituts, bricht eine Lanze für die zuständigen Behörden in Brandenburg. „Die haben bislang wirklich einen guten Job gemacht“, sagt sie: „Auch wenn man bei den zuständigen Landkreisen nicht immer so Medien-erfahrene Mitarbeiter hat und es manchmal noch an der Kommunikation hapert.“

Schweinehalter Peter Meier sieht allerdings schon noch Möglichkeiten, um die Arbeit der Behörden zu verbessern. So gebe es in Nordrhein-Westfalen eine Tierseuchen- und Wildtierseuchen-Vorsorge-Gesellschaft, die eigens zur Unterstützung der zuständigen Kreisordnungsbehörden bei der Bekämpfung von Ausbrüchen wie der Afrikanischen Schweinepest gegründet wurde. Warum man dort keine Hilfe, sowohl an Material als auch an Personal anfordert, versteht Peter Meier nicht. Zumal das nächste Unheil bereits im Anflug – nein, sogar schon angekommen ist: Im Norden des Landes wurde ein Kranich positiv auf die Geflügelpest getestet.

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