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Matthias Kollatz-Ahnen, 59, ist seit 2014 Finanzsenator in Berlin. Zuvor war er Mitarbeiter bei der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Pricewaterhouse Coopers.
© dpa/Maurizio Gambarini

Berliner Haushalt: Das Land als Mieter

Ein Interview mit Finanzsenator Matthias Kollatz-Ahnen über Schulbauten, landeseigene Wohnungsbauunternehmen und Projekte, die nicht teurer wurden.

Herr Kollatz-Ahnen – sind Sie eigentlich so richtig glücklich mit Ihrem 5,5-Milliarden schweren Schulprogramm?

Wir sind ganz gut in der Spur. Wir hatten bisher 245 Millionen Euro für das Schulbauprogramm und erhöhen das auf bis zu 570 Millionen. Dadurch erreichen wir die nötige Umsetzungsstärke. Und dass wir diese Priorität im Haushalt gesetzt haben, war nicht selbstverständlich.

Dafür bauen Sie einen Schattenhaushalt auf in einer neuen Firma mit Freibrief zur Kreditaufnahme. Das erinnert an die Bankgesellschaft ...

Dieser Vergleich ist abwegig, die Bankgesellschaft hat spekulative Geschäfte gemacht. Heute tritt dagegen das Land als Mieter auf und kauft nach einem langfristigen Mietvertrag die Schulen vom Vermieter ab. Es ist eine Art Mietkauf. Mir schweben Kapitalmarktmittel von 150 Millionen Euro im Jahr vor, und das sieben Jahre lang. Und wir werden diese große Anstrengung nur hinbekommen, wenn wir neue Spieler an den Start bringen. Landeseigene Wohnungsbauunternehmen wie die Howoge, die dafür eine neue Tochterfirma gründet, haben schon früher in Berlin mal Schulen gebaut. Die Howoge baut immer noch Kitas, die das Land dann mietet. Künftig werden es eben Schulen sein.

Ein Joker dürfte diese Konstruktion vor allem beim Kuhhandel um Obergrenzen für die Verschuldung von Berlin sein. Halten Sie nur durch Tricks die Vorgaben der Schuldenbremse ein?

Ob diese Kredite zur Haushaltsverschuldung gezählt werden oder nicht, das ist noch im Fluss, weil sich die Regeln und ihre Auslegung der statistischen Zuordnung gerade herausbilden. In Berlin ist es aber sinnvoll, mehr über eigenständige Unternehmen und Kreditfinanzierungen zu machen, um die Effizienz zu erhöhen. Das zeigt ein Krankenhausneubau in Neukölln. Und so werden wir auch die Messe ihren Neubau finanzieren. Die Firmen bekommen vom Land das nötige Eigenkapital und nehmen das Baugeld am Kapitalmarkt auf. Es ist ein Experiment und verspricht wirtschaftlich solide Neubauten.

Und warum ausgerechnet die Howoge?

Weil die einen guten Überschuss erzielt, ihren Wohnungsbestand durchsaniert hat und die Firma ein gutes Verhältnis von Verschuldung zum Wert ihrer Immobilien vorweist. Die Howoge hat außerdem Erfahrungen beim Bauen und soll deshalb auch eine Reihe der richtig teuren Sanierungsvorhaben übernehmen.

Wenn das Land und seine Firmen bisher Großvorhaben übernahmen, endete das meistens im Fiasko, warum soll das jetzt gut gehen?

Dass in Berlin immer alles sehr viel teurer wird, weise ich klar zurück. Ein Beispiel von vielen: Der Neubau des Hochhauses der Charité mit einem dreistelligen Millionenbetrag erfolgte nach Plan.

Sie erinnern sich aber an einen neuen Flughafen, der gebaut werden soll und an die Staatsoper Unter den Linden?

Aber das Konzerthaus am Gendarmenmarkt hat die Berliner Immobilienmanagement BIM saniert und blieb im Kostenrahmen. Auch die Berlinovo hat gerade einen Neubau mit Studentenappartements planmäßig errichtet. Und die ersten 45 modularen Schulbauten mit knapp 10000 Schulplätzen haben wir innerhalb des Budgets von 60 Millionen Euro so gut wie fertig gestellt.

Um die Sache noch komplizierter zu machen, wollen Sie außerdem zwei bis vier Gesellschaften gründen, die für die Bezirke kleinere Sanierungsprojekte übernehmen. Wozu das?

Damit die Bezirke bei der Ausschreibung von kleineren Baumaßnahmen nicht an der Notwendigkeit von Spezialkräften scheitern. Indem sich die Bezirke zusammen schließen, erreichen sie eine kritische Masse, durch die sich außerdem die Beauftragung eines Projektsteuerers rentiert. Der ist wichtig, damit die Vorhaben gesteuert, begleitet und kontrolliert werden und gerade nicht aus dem Ruder laufen. Der Bauunterhalt ist ein großer Batzen, der sich auf 1,5 von den 5,5 Milliarden Euro beläuft, wenn wir da Maßnahmen bündeln, lohnt es sich.

Warum wurde die landeseigene BIM bei der Schulsanierung übergangen – kein Vertrauen?

Wurde sie nicht, aber man tut einem erfolgreichen städtischem Unternehmen keinen Gefallen, wenn man ihm alle neuen Aufgaben überhilft. Die BIM saniert die Oberstufenzentren. Die BIM baut die Notunterkünfte zu Gemeinschaftsunterkünfte um. Und an der Bim hängt der neue Eigenbetrieb, der bei Streitigkeiten um Ausschreibungen die Flüchtlingsbauten vorantreibt.

Apropos Berlinovo und ihre Studentenappartments. Hatte der frühere CDU-Patron und Bankenvorstand Klaus Landowsky doch recht, dass sich die Immobiliengeschäfte der Bankgesellschaft am Ende doch als Goldgrube herausstellen würden?

Nein, das ist Quatsch. Aus den Garantien von zwölf Milliarden Euro sind ja Sicherheitsleistungen bezahlt worden. Und wenn ein Parlament eine Deckungsbürgschaft in dieser Höhe für eine Firma gewähren muss, dann ist das an sich schon ein Schaden. Aber wir versuchen, aus den verbliebenen Bürgschaften über vier Milliarden Euro etwas zu machen, indem wir Immobilien außerhalb Berlins verkaufen, den Bürgschaftsschirm bis 2020 verlassen und die Berlinovo bitten, Wohnungen zu bezahlbaren Mieten für Studenten und bald auch für Senioren zu bauen. Und das ist nicht das Verdienst von jenen, die eine Bank aufbauten, die später zusammenbrach.

Das Gespräch führte Ralf Schönball.

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