Friedrichstraße in Berlin: Das Herzstück des Quartier 206 schließt im Februar
Schluss mit Luxus: Das noble Quartier 206 an der Friedrichstraße gibt seinen Departmentstore auf. Die Gründe nennt die Inhaberin nicht im Detail. Es ist nicht das einzige Problem.
Knapp 20 Jahre nach der Eröffnung läuft einiges nicht rund im Quartier 206 an der Friedrichstraße in Mitte: Das markante schwarz-weiße Gebäude steht unter Zwangsverwaltung, Luxusboutiquen wie Bottega Veneta, Gucci, Louis Vuitton, Moschino oder Yves Saint Laurent sind ausgezogen – und Ende Februar schließt auch noch das Herzstück des Hauses, der „Departmentstore 206“ im Erdgeschoss. Das gab dessen Gründerin Anne Maria Jagdfeld bekannt.
Ihr Ehemann, der heute 69-jährige Immobilienunternehmer Anno August Jagdfeld, hatte das große „Art & Fashion House“ – so der Beiname des Quartiers 206 – einst gebaut. Bereits vor vier Jahren wurde bekannt, dass Schulden in Höhe von 140 Millionen Euro im Grundbuch stehen. Gläubiger erwirkten die gerichtliche Anordnung einer Zwangsversteigerung. Diese konnte laut Christian Plöger, dem Sprecher der Jagdfeld-Gruppe, abgewendet werden. Die Immobilie sei noch im Eigentum der Familie, sagte er am Montag. Doch die Verfügungsgewalt hat der als Zwangsverwalter amtierende Rechtsanwalt Rüdiger Wienberg.
Warum der Departmentstore schließt, begründet Anne Maria Jagdfeld nicht im Detail. In einer Mitteilung heißt es: „Leider müssen unter anderem Sanierungsarbeiten am Gebäude vorgenommen werden, die sich umfangreicher gestalten als zunächst angenommen und einen Weiterbetrieb des ersten Berliner (Mode-)Luxuskaufhauses verhindern.“
Im Jubiläumsjahr sind Sonderveranstaltungen geplant
Damit ist allerdings nicht das ganze Gebäude gemeint. Das stellte die PR-Unternehmerin Tina Schürmann klar, die im Auftrag des Zwangsverwalters als Sprecherin des Quartiers 206 fungiert. 2017 wolle man dessen 20. Jubiläum feiern, unter anderem mit einer Beteiligung an den Berliner Filmfestspielen, an der Fashion Week und an der „Vogue Fashion’s Night Out“. In den Räumen des Departmentstores solle „ein weiterer Anbieter aus dem Top-Segment angesiedelt werden“. Ob es bereits einen Vertrag mit einem Nachmieter gibt, konnte die Sprecherin aber nicht sagen.
Ein Dutzend leere Läden
Momentan steht ein Dutzend Läden leer. Geblieben sind unter anderem die luxuriösen Marken Bally und Etro sowie Geschäfte der Designer Dorothee Schumacher und Paul Davis. Bei Schumacher sagt eine Verkäuferin: „Wir sind hier nicht zufrieden.“ Bei der Ladeneröffnung vor sechs Jahren sei der Umsatz besser gewesen, durch den Wegzug einiger Luxusmarken sei die Kundenzahl gesunken. Zu den weiteren Händlern gehören die Modeketten Gant und Wolford, die Brillenhandlung „Brille 54“, ein „Café Einstein“ und die Galerie Mensing. In den oberen Etagen gibt es außerdem Büros und die auf vermögende Privatpatienten spezialisierte „Meoclinic“.
Anne Maria Jagdfeld hatte den 2500 Quadratmeter großen Departmentstore nach ihrer persönlichen Vorstellung einer „eleganten und kosmopolitischen Einkaufswelt“ gestaltet. Es gibt dort Designermode international bekannter Hersteller, aber auch junge Mode von Nachwuchsdesignern sowie Accessoires, Kosmetik, Schmuck, Blumen, Kunst und Einrichtungsgegenstände.
"Stil, Glanz und Internationalität nach Berlin gebracht"
„Mit Stolz und natürlich auch Wehmut“ blickt Jagdfeld auf die knapp zwei Jahrzehnte zurück, in der sie und die Mitarbeiter „einen kleinen Beitrag“ dazu geleistet hätten, Berlin wieder zu einer weltweit gefragten Metropole zu machen. „Wir haben Stil, Glanz und Internationalität nach Berlin gebracht, als die Stadt noch nicht hip und trendy war.“
Am Montag waren nicht viele Kunden im Quartier 206 zu sehen. Allerdings ist der Wochenanfang grundsätzlich der schwächste Tag im Einzelhandel. Darüber hinaus hatte Jagdfeld-Sprecher Plöger schon früher darauf hingewiesen, dass eine „geringe Kundenfrequenz im Luxussegment normal“ sei, dafür seien die Umsätze pro Kunde besonders hoch.
Investor Anno August Jagdfeld hatte in der Vergangenheit mehrmals Ärger mit Immobilienprojekten und stritt sich mit Anteilseignern oder Gläubigern – beispielsweise ging es dabei auch um das Hotel Adlon am Pariser Platz und das Grand Hotel Heiligendamm an der Ostsee.