Berlin-Kreuzberg: Das (fast) leere Schulhaus vom Bergmannkiez
Mitten in Kreuzberg steht seit Jahren ein ehemaliges Schulgebäude in bester Lage großteils leer. Lange hat das niemanden interessiert.
Wenn Kreuzberger Eltern sich etwas wünschen könnten, dann wahrscheinlich dies: eine Grundschule im Bergmannkiez, repräsentativer Altbau, großer Schulhof mit angrenzendem Riesenspielplatz – und das Ganze nur einen Steinwurf von der Marheinecke Markthalle entfernt. Es gibt diese Schule.
Oder besser: Es gab sie. Sie hieß Rosegger-Schule, bis der Schülerrückgang und ein eher bescheidener Ruf ihr den Garaus machten und der Bezirk sie 2004 stilllegte. 2011 zog – per Erbbaurecht – das ein, was eine „Hochschule für Weltmusik“ werden wollte und inzwischen „Global Music Academy“ heißt und diverse Musik- und Tanzkurse anbietet. Die Kurse füllen – zusammen mit dem Konservatorium für Türkische Musik – das Erdgeschoss der früheren Rosegger-Schule. Die anderen Etagen stehen leer, wie der Tagesspiegel am Dienstag erfuhr.
Ein weitgehend leer stehendes Schulgebäude im Bergmannkiez konnte nicht unbeachtet bleiben, zumal die nur 600 Meter entfernte asbestbelastete und kaputt gesparte Lenau-Schule im Winter 2019/20 abgerissen wird, um einem Neubau Platz zu machen. Der Bezirk sucht jetzt eine Möglichkeit, die über 400 Schüler und ihre Lehrer für rund drei Jahre „auszulagern“. Am Donnerstag will Bildungsstadtrat Andy Hehmke (SPD) Schulvertretern Optionen unterbreiten. Dem Vernehmen nach gehört zu den Optionen die Aufteilung der Schule an zwei Standorte, wobei es ohne Container nicht ginge.
Mehrere Ämter brauchen mehr Raum
Die Frage, ob auch das Rosegger-Gebäude an der Bergmannstraße zu den Optionen gehöre, verneinte Hehmke aber am Dienstag auf Anfrage. Selbst wenn der Erbbaurechtsvertrag aufgelöst würde, so Hehmke, wäre der Weg damit nicht frei, da der bauliche Zustand es nicht zulasse, das Haus „in der kurzen Frist bis zur Auslagerung der Lenau- Schule herzurichten“. Im Übrigen hätten im Bezirk „mehrere Fachämter“ zusätzlichen Raumbedarf – etwa für Büroflächen – angemeldet, während es bei den Kreuzberger Grund- und Sekundarschulen noch eine „entspannte Situation“ gebe – zumindest im Vergleich zu Friedrichshain.
Falls es dazu käme, dass das Rosegger-Gebäude vorfristig zurück an den Bezirk fiele, würde es erstmal teuer, denn die oberen Etagen stehen nicht einfach nur leer, sondern wurden von der Bauaufsicht gesperrt: Offenbar hatte die Schule vor dem Einzug der Musiker bereits so lange still gelegen, dass die Betriebsgenehmigung verfallen war. Das aber hatte zur Folge, dass die oberen Etagen nach den neuen anspruchsvollen Anforderungen an Brandschutz und Barrierefreiheit hätten umgebaut werden müssen.
Die Lenau-Schule möchte unter einem Dach bleiben
Dazu kam es nicht. Ob dies am fehlenden Geld lag oder andere Gründe hatte, ließ sich am Dienstag nicht klären, weil sich kein Vertreter der Music Academy öffentlich äußern wollte. Es blieb daher auch die Frage offen, ob die Academy bereit wäre, aus dem Erbbauvertrag auszusteigen und in eine andere – kleinere und weniger sanierungsbedürftige – Immobilie umzuziehen.
Michael Koch, der Leiter der Lenau-Schule, sagte, ihm sei es wichtig, dass alle Schüler in den Jahren der Auslagerung unter einem Dach bleiben könnten. Das aber wird schwierig. Naheliegend ist bisher nur, dass die Lina-Morgenstern-Schule Teil der Lösung sein könnte: Hehmke erinnerte am Dienstag an die Bezirkspläne zur Entwicklung einer Gemeinschaftsschule aus Lina-Morgenstern- und Lenau-Schule.
Das Rosegger-Gebäude war zum letzten Mal in der Debatte, als die Evangelische Schulstiftung dort eine Schule gründen wollte. Der Bezirk wollten ihr sein Gebäude nicht geben, weil er befürchtete, die soziale Entmischung der öffentlichen Schulen dadurch zusätzlich zu befördern. Das Gleiche galt für das Gebäude der Gerhart-Hauptmann-Schule in Kreuzberg, das dann spektakulär von Geflüchteten vereinnahmt wurde.