75 Fakten zu 750 Jahren Kladow: Das Dorf zur Welt - Kladow feiert Jubiläum
Von Horst Evers bis zur Queen, von der DDR-Boje bis zum Direktflug nach London: 75 Fakten zu 750 Jahren Kladow, die am Wochenende gefeiert werden.
Siebenhundertfünfzig Jahre ist Kladow alt, dieser ziemlich spezielle Ortsteil da unten tief im Süden von Spandau. Am Wochenende wird Jubiläum gefeiert, Sonnabend mit einem Fest am Hafen, Sonntag mit einem schmissigen Umzug durchs Dorf. Kladow, das heißt im Westen: Wald. Im Osten: Wasser. Im Süden: Wasser. Im Norden: platte Wiese. Kurzum: nichts los. Oder doch? 75 Fakten zum 750-Jährigen.
1.) Die Berühmteste. Wenn die Waschmittel-Ikone Clementine („Nicht nur sauber, sondern rein“) durch Kladow lief, musste jeder lächeln. Ach, die Ariel-Frau, alles klar? Sie wohnte am Glienicker See.
2.) Die mit den Gummischlangen. Jutta Neumann kennt jedes Kladower Kind. Im Keller ihres Schreibwarenladens verkauft sie seit Generationen Gummischlangen (und läuft, logo, mit beim Festumzug). +++ Update +++ Hier das Abschiedsinterview im Januar 2018 aus dem Spandau-Newsletter.
3.) Die von der Costa Concordia. Das halbe Dorf saß gedanklich mit im Rettungsboot, als Jutta Neumann den Untergang der Costa Concordia überlebt hat.
4.) Nizza von Berlin. Doller Vergleich, stand auch schon oft im Tagesspiegel – sagt in Kladow aber kein Mensch.
5.) Der Dorfplatz. Das Zentrum heißt offiziell Alt-Kladow – sagt auch niemand.
6.) 16 000. So viele Menschen leben dort. Zum 725-Jährigen kamen übrigens zehntausende Berliner Touris „ins Dorf“.
7.) Basiswissen. Kladow ist einer von 96 Ortsteilen Berlins, einer von 9 Ortsteilen Spandaus (und nicht der kleinste, das ist Gatow nebenan mit 4500 Leuten).
8.) Clodow mit C. Ganz alter Name von 1267 – also vor 750 Jahren.
9.) Baumstamm. Der Name leitet sich ab vom slawischen Wort „Kloda“.
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10.) Ein Gedicht. „Ich denke oft an Kladow im April“ – von Mascha Kaléko, als sie 1938 nach New York fliehen musste.
11.) Ein Werk. „Wanderungen durch die Mark“ von Theodor Fontane. Sie führten ihn durch Kladow, Gatow, Havelland.
12.) Ein Lied. Horst Evers sang: „Wo ist nachts keine Sau, aber die Havel blau? Ja ganz genau – Spandau! / Wo sagen sich Mann und Frau, Füchse und Kabeljau, Gutnacht und ciao – Spandau! /In Kladow, Gatow, Hottengrund / da ist die Umwelt noch gesund …“
13.) Hottengrund. So heißt die Endhaltestelle des X34 vom Zoo. Warum? BVG-Ausflugs-Basiswissen: Hier hüteten die Kladower Bauern ihr Vieh.
14.) Bundeswehr. Der Festumzug startet Sonntag am Hottengrund in der Kaserne – davon gibt es in Kladow gleich zwei.
15.) Briten. Bis 1994 hieß die Kaserne am Hottengrund noch „Montgomery Barracks“ – da war die Kampftruppe der britischen Alliierten für West-Berlin stationiert. Panzer rollten ab und zu am Dorfplatz vorbei.
16.) Queen in GWW. THF? TXL? Wollte die Queen nach Berlin, landete sie in Gatow – der Flugplatz gehört allerdings heute wieder zu Kladow.
17.) God Save Kladow. Grundschüler wedelten brav mit Briten-Fähnchen hinterm Flughafenzaun – die alte Frau mit dem großen Hut (die Queen) winkte zurück.
18.) Gatow International. Von 1946 bis 1948 gab es Direktflüge von hier nach London vom British-Airways-Vorgänger. Ulkig: mit Zwischenstop in Hamburg.
19.) Luftbrücke. Hier landete 1948 das erste Flugzeug. Und auf der Havel setzten Kohle-Flieger auf. Die Laderampe der Wasserflugzeuge war am Hafen Kladow.
20.) Imchen. So heißt die unbewohnte Insel vorm Kladower Hafen. Kein Berliner Begriff – stammt von „Imme“ (Biene).
21.) Kormorane. Auf der Insel Imchen sondern die Vögel ihren Kot en masse ab – deshalb sind die Bäume so kahl-verätzt.
22.) Grunz! Auf Imchen leben auch Wildschweine (ja, die schwimmen, manchmal sogar mit 40 Tieren durch die Havel).
23.) Fähranleger. Berlins beliebtestes BVG-Schiff legt dort jede Stunde ab nach Wannsee (20 Min. Fahrt, AB-Ticket).
24.) Dauerbetrieb. Das Schiff schippert übrigens seit 1944 in Kladow über den Wannsee – die Landwege waren kaputt.
25.) ICE–Zubringer. Mit der Fähre ging es für Kladower oft in den Urlaub – bis 1998 hielten die ICEs drüben in Wannsee.
26.) „Bahnhofsstraße“. Stand so mal im Kladower Stadtplan von 1934 – heutiger Name: Mascha-Kaléko-Weg.
27.) Tunnel. Offenbar gab es einen Plan für einen Bahntunnel unter der Havel („bei Gatow“), schreibt das „Kladower Forum“ um Rainer Nitsch.
28.) Das Gedächtnis. Die Ehrenamtlichen vom „Kladower Forum“ (mit Sitz am Dorfplatz) pflegen die Ortsgeschichte und veranstalten die 750-Jahre-Feste.
29.) Der Brunnen. Im Frühling haben sie den „Löwenbrunnen“ aus dem Keller des Rathauses Wilmersdorf geholt und in Kladow aufgestellt. Dort stand er bis 1972.
30.) 750 Jahre Nachbarschaft. Übrigens feiert auch Groß Glienicke „750 Jahre“.
31.) Groß Glienicke. Liegt auf der anderen Seite des gleichnamigen Sees. Die beiden Inselchen gehören zu Brandenburg.
32.) Grenze im Wasser. Kladow (West-Berlin) und Groß Glienicke (DDR) waren durch den Glienicker See getrennt. In der Mitte: farbige Bojen – die Staatsgrenze.
33.) Kladow (DDR). Kladows Norden (zwischen See und Flugplatz) gehörte bis 1945 zu Groß Glienicke.
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34.) Geteilte Kirche. Getrennt durch die Mauer war auch die Kirchengemeinde – das Gotteshaus stand in der DDR, in West-Berlin hörten sie die Glocken.
35.) Kapelle im Westen. Der DDR-Pfarrer regte den Bau einer Kirche für seine Gemeinde im Westen an – so entstand 1953 die Schilfdachkapelle in Kladow.
36.) Frohes Fest. Die Grenze wurde am 24. Dezember 1989 geöffnet.
37.) Berlins Badestelle. Die beiden Badestellen in Kladow haben markante Namen: Moorloch & Pferdekoppel.
38.) Stadt, Land, Fluss. Markant auch der einstige Name der Flugplatzwiese, die Kladows zentraler Straße den Namen gab: Ritterfeld(damm).
39.) Gatow? Kladow? Auf den Landebahnen des Flugplatzes entstand das Wohnviertel „Landstadt Gatow“ – das aber zu Kladow gehört.
40.) Ortswirrwarr. Auch der Golfclub Gatow, Campingplatz Gatow und der Britische Yachtclub Gatow liegen – in Kladow. Anlass: die Ortsteilgrenzreform 2003.
41.) Bonner Viertel. Die Landstadt Gatow war mal als Wohnort für Bonner Regierungsleute gedacht – zog aber keinen an.
42.) Luftwaffenmuseum. Hinter der Landstadt stehen etliche Flugzeuge – Teil des Luftwaffenmuseums der Bundeswehr (80 000 Besucher im Jahr).
43.) Grün für Grün. Ein neuer „Landschaftspark soll nebenan entstehen – der ist aber umstritten („Lasst Natur Natur sein“).
44.) Polizeiwache. Apropos Grün – die nächste Wache ist elf Kilometer entfernt.
45.) Police Station. Bei der Festparade rollen alte Militärpolizeiautos mit (die einst auch besoffene Soldaten aus den Kladower Kneipen holten).
46.) Lalülala! Seit 1904 gibt es eine Freiwillige Feuerwehr im Dorf.
47.) Neue Wache. Bis 1988 wurde die alte Feuerwache neben dem Friedhof genutzt (heute: ein Gartencenter). Die neue Wache steht pompös am Ortseingang.
48.) Kunststück. 1992 – zum 725-Jährigen – wurde die Skulptur „Freudsches Schwert“ von Volkmar Haase vor der Dorfkirche aufgestellt.
49.) Volkmar Haase. Der Bildhauer wohnte ums Eck, zeigte seine Skulpturen im Garten – noch so eine Berühmtheit.
50.) Der Stein. Seit dem Jubiläumsjahr 1992 liegt auf dem Dorfplatz auch ein großer Findling. Er stammt aus der Kladower Kohlegrube – eiserne Senatsreserve aus West-Berliner Tagen für den Tag X.
51.) Das Loch. Wo einst die Senatsreserve verbuddelt war, befindet sich heute eine tiefe Grube – mit See. Es ist Teil des Golfplatzes.
52.) Der Berg. In Kladow befindet sich Spandaus dritthöchster Berg: der Fuchsberg mit 60 Metern Höhe.
53.) Radaranlage. Auf dem Fuchsberg, am Waldrand, stand einst ein gesicherter Flugradar. Sah aus wie Teufelsberg 2.0.
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54.) Briten & Bouletten. Die zentrale Kneipe im Dorf – „Kladower Hof“ – gehört seit 100 Jahren einer britisch-deutsche Familie. Berühmt: „Inges Buletten“.
55.) Finnenhaussiedlung. Kladow war nicht nur britisch – dort steht die riesige Finnenhaussiedlung seit 1961. Finnland hatte Schulden bei den USA und baute dafür die Häuser.
56.) Blaue Lagune. Oder: „Schlumpfdorf“. So wurde von Kladowern eine große Siedlung am Ortseingang genannt wegen der blauen Fassade und den roten Dächern.
57.) Blaue Bleibe. Die blaue Siedlung war gedacht für DDR-Flüchtlinge aus den Bonner Botschaften, wurde nach dem Mauerfall aber Bleibe für Flüchtlinge aus den Irak- und Jugoslawien-Kriegen.
58.) Entwicklungshilfe. Der DED hatte seit 1977 seine deutsche Zentrale in Kladow (mit Bolzplatz hinten dran).
59.) Abriss. Die Zentrale des „Deutschen Entwicklungsdienstes“ (DED) wurde 2001 geschlossen – und auch gegenüber die blaue Siedlung abgerissen.
60.) Bossa Kladow. Auf dem einstigen DED-Gelände gibt es übrigens den Manuela-Weg, der an die Sängerin („Schuld war nur der Bossa Nova“) erinnert. Sie lebte in der Nähe.
61.) Familiendorf. Noch heute wohnen an Havelufer und Glienicker See Musiker, Schauspieler, Politikleute – und Familien, Familien, Familien.
62.) Jung & Alt. Kein Trenddorf, aber auch keine alte Ödnis. 2400 Kladower sind unter 16 Jahren.
63.) Bildungsorte. Die Grundschule am Ritterfeld galt in West-Berlin als die größte der Stadt – heute gibt es längst zwei Grundschulen, eine Waldorfschule und sogar ein Gymnasium.
64.) Tschüs Bauer. Bauer Huschke verließ das Dorf und verkauft lecker Gemüse drüben in Seeburg. An der alten Stelle entstand 2000 das „Cladow Center“.
65.) Ein Märchen. „Schloss Brüningslinden“ war ein berühmtes Ausflugslokal, 20 Meter über der Havel. Zu Gast war einst Frankreichs Ministerpräsident Pierre Laval. Die Kinder tobten im „Märchenwald“ mit den Figuren der Brüder Grimm. 1972: der Abriss. Heute steht da eine Siedlung; der Wald ist aus der Luft zu erahnen.
66.) Berlins letztes Bolle. „Bolle“ gibt’s nicht mehr? Doch. Der Schaukasten mit alten Devotionalien und roter Leuchtreklame steht in Kladow (hinter Rewe).
67.) Kopfkino. Im Kladower Dorf war in den 50ern sogar ein Kino im Bau (zog aber nie ein, stattdessen eine Bank).
68.) Geheimkino. Auf dem Flugplatz gab’s bis vor wenigen Jahren ein Soldaten- Kino.
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69.) Luftwaffenzentrum. Auf dem Flugplatz befindet sich immer noch still und leise eine sensible Bundeswehrzentrale: „Das Kommando Luftwaffe“.
70.) Bester Spielplatz. Die „New York Times“ kürte den „Räuberspielplatz“ am Hafen zu einem der schönsten Berlins.
71.) Bester Eisladen. Liegt auf dem Weg vom Hafen hoch zum Dorf – „Eiskrem“. Geheimtipp: Butterkekseis.
72.) IGA-Außenstelle. Das ist heute: eine grüne Wiese am Hafen. Das war vorher: eine grüne Wiese am Hafen.
73.) Der Prachtgarten. Kladows schönster heißt „Landhausgarten Dr. Max Fränkel“ (Lüdickeweg, an der Havel). Entworfen wurde er von Erwin Barth. Der schuf Savigny- und Klausenerplatz, Volkspark Jungfernheide und auch Lietzenseepark.
74.) Sportler vom Dorf. Die Sportfreunde Kladow zeigen ganz gut, dass das Wörtchen „Dorf“ nicht immer passt – der Verein hat 2400 (!) Mitglieder.
75.) Der Baum. Die Dorflinde im Kladower Zentrum ist seit 1950 ein Berliner Naturdenkmal. Alter: 500 Jahre …
… 500 nur? Pff, Jungspund!