Wenn der Mitbewohner hustet: Coronavirus in der Wohngemeinschaft - wie man sich richtig verhält
Die Coronavirus-Pandemie stellt auch Menschen, die in WGs leben, vor besondere Herausforderungen. Ein Guide zum richtigen Verhalten.
Wer derzeit Husten, Fieber oder Halsschmerzen hat, muss – auch, wenn es sich nur um eine gewöhnliche Erkältung handelt - eine COVID-19-Erkrankung in Betracht ziehen. Und sollte in jedem Fall zu Hause bleiben, um das Virus, falls es im Spiel ist, nicht draußen weiter zu verbreiten. Die Menschen, mit denen er zusammenlebt, könnte er dagegen zu diesem Zeitpunkt längst angesteckt haben. Das gilt nicht nur für Partnerschaften oder Familien, sondern auch für Leute, die in einer Wohngemeinschaft leben, sich Bad, Kochtöpfe und ein gemeinsames Sofa teilen.
Was tue ich, wenn in meiner WG jemand den Verdacht hat, mit dem Coronavirus angesteckt worden zu sein?
Aus medizinischer und gesundheitspolitischer Sicht gilt eindeutig: Alle Bürger sollten derzeit Kontakte zur Außenwelt auf ein Minimum reduzieren. Besteht bei einem Mitbewohner der Verdacht auf eine Infektion mit dem Coronavirus, gilt das erst recht. Das heißt für viele Menschen, die in einer WG wohnen und einen Partner haben, der woanders lebt leider: Sie können in dieser Situation auch ihre Liebsten nicht treffen.
Wann sollte in dieser Situation getestet werden?
Hatte das WG-Mitglied, das nun Husten und Fieber hat, kurz zuvor Kontakt mit einem nachweislich Infizierten, oder kommt es gerade von einem Aufenthalt in einem Risikogebiet zurück, zum Beispiel vom Skifahren in Italien oder Tirol, sollte auf das Virus getestet werden. Und man muss warten, bis das Ergebnis vorliegt. Fällt der Test positiv aus, so hat das Auswirkungen auf die Mitbewohner: Auch sie müssen in häusliche Quarantäne. Zudem sollten sie versuchen, sich innerhalb der Wohnung möglichst vor einer Ansteckung zu schützen, durch Abstand und penible Hygiene.
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Viele Menschen mit Husten und leichtem Fieber und Verdacht auf eine Infektion mit dem Corona-Virus würden sich zwar am liebsten auch testen lassen, wenn keiner dieser Gründe zutrifft, wenn sie also keinen Kontakt mit einem nachweislich Infizierten hatten und nicht aus einem Risikogebiet zurückgekehrt sind. Der Gesundheitspolitiker, Arzt und Epidemiologe Karl Lauterbach (SPD) sprach sich im rbb zuletzt ganz klar gegen eine Testung in einer solchen Situation aus: „Das Risiko muss ausreichend hoch sein, wir sollten Tests nicht willkürlich ansetzen.“ Sonst sind Kapazitätsgrenzen für Hotlines, Tests und Labore schnell erreicht. Ein weiteres Problem ist die mangelnde Genauigkeit und Zuverlässigkeit der Tests im Frühstadium nach der Infektion.
Sind WGs ein besonderer Ansteckungsherd?
Einerseits sind es ganz normale Haushalte, in denen man sich wie in einer Familie anstecken kann. Mit der Besonderheit allerdings, dass die Mitglieder meist jung sind und üblicherweise viele soziale Kontakte außerhalb des eigenen Haushalts haben. Zudem erkranken Jüngere oft nicht, wenn sie infiziert sind. Das Risiko, das Virus nach Hause zu bringen und an Mitbewohner weiterzugeben, die es ihrerseits weitertragen, ohne es zu bemerken, ist dadurch groß.
Wie verhalte ich mich, wenn ich allein sein will?
Auch wer mit seiner Liebsten oder seinen Kindern zusammenlebt, braucht in der jetzigen Situation immer wieder Freiräume und muss dafür Absprachen treffen. In der WG gilt das erst recht: Jeder sollte das Recht haben, sich in sein Zimmer zurückzuziehen, ohne, dass die anderen deswegen sauer sind.
Absprachen sind jetzt überhaupt wichtig, auch in reinen „Zweck-WGs“: Wann trifft man sich, will man zusammen kochen und essen? Und nicht zuletzt: Mit welchem Freund von „außen“ verabredet sich wer zum Spazierengehen? Für den Ernstfall ist eine Liste der Kontaktpersonen wichtig.
Wie erleben junge Erwachsene die aktuelle Corona-Krise?
Für sich selbst erleben die meisten jungen Leute das Corona-Virus als nicht besonders bedrohlich. Dazu sind die jüngsten Ergebnisse einer „Snap-Shot“-Online-Umfragewelle des COSMO-Konsortiums interessant, das regelmäßig ermittelt, wie die befragten 1000 Personen die Risiken von SARS-CoV-2 wahrnehmen. In allen Altersgruppen steigt demnach derzeit die Überzeugung, dass man auch selbst erkranken könnte.
Inzwischen finden 71 Prozent der Befragten das Corona-Virus besorgniserregend. Jüngere gehen aber wesentlich häufiger davon aus, dass es sie nicht schlimm treffen wird, dass sie also gar nicht oder nur leicht erkranken werden, falls sie sich anstecken sollten.
„Und diese geringere wahrgenommene Ernsthaftigkeit der Erkrankung ist mit geringerem Schutzverhalten verbunden“, resümiert das Science Media Center (SMC). Immerhin: Dass man sich absichtlich trifft, um sich anzustecken, etwa bei eigens zu diesem Zweck organisierten „Corona-Partys“, scheint dieser Befragung zufolge eher sehr selten vorzukommen.
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Psychologie-Professor Peter Walschburger von der FU Berlin denkt darüber nach, wie das Zusammenleben mit Gleichaltrigen in der WG sich auf das Erlebnis der Corona-Krise auswirken könnte: „Junge Leute erleben hier ja kein besonderes Risiko für sich und ihre Freunde.
Betrachtet man das Generationenverhältnis, so erfahren sich vor allem die Älteren als die existentiell Betroffenen – eine bemerkenswerte Umkehr gegenüber der erlebten Bedrohung durch den Klimawandel, wo ja die jüngere Generation den drohenden Verlust ihrer Zukunft gegenüber den Älteren einklagt.“
Covid-19: Soll ich jetzt nicht lieber zu den Eltern zurück?
Viele, die die Schulzeit noch nicht lange hinter sich haben und erst kurze Zeit in einer großstädtischen WG leben, stehen sozusagen mit einem Bein noch im Elternhaus, in das sie am Wochenende und in den Semesterferien regelmäßig zurückkehren. Soll man jetzt, angesichts der Einschränkungen des sozialen Lebens, der geschlossenen Clubs, Bars und Kinos und der drohenden Ausgangssperre, nicht lieber für eine (unbestimmte) Zeit ganz dorthin zurückkehren?
Aber hat man sich nicht womöglich schon angesteckt und könnte so die Eltern und die Großeltern gefährden, die am Herkunftsort leben? Dazu kommt, ganz ohne Fragezeichen: Bahnreisen sollte man derzeit lieber unterlassen, wenn die Fahrt nicht unbedingt nötig ist. Das alles spricht dagegen, sich ausgerechnet jetzt in die rettenden Arme der Herkunftsfamilie zu flüchten.
Führt die Krise zu mehr Zusammenhalt?
Vielleicht wird stattdessen die Beziehung zu den Menschen enger, mit denen man mehr oder weniger freiwillig in einer WG zusammenlebt. „Eine gemeinsame Bedrohung kann Menschen aufrütteln, sagt Walschburger. Wir sind ja von Natur aus soziale Wesen.“
Bei den ganz Jungen könne die Corona-Krise auch einen Reifeschub auslösen, meint der Psychologe. „Wenn wir diese Krise überstanden haben, werden wir uns verändert haben.“ Seine große Hoffnung ist, dass der Zusammenhalt der Gesellschaft sich durch die aktuelle Krise verbessert.