Berlin erreicht Klimaziel 2020 vorzeitig: CO2-Ausstoß der Hauptstadt um 40,7 Prozent gesunken
Berlin hat den CO2-Ausstoß vom Wachstum abgekoppelt. Aber der schwierigste Teil beim Klimaschutz steht noch bevor.
Dass in Berlin etwas überpünktlich erledigt ist, passiert nicht alle Tage. Aber jetzt: Die Hauptstadt hat ihr Klimaschutzziel für 2020 bereits im vergangenen Jahr erreicht. Der CO2-Ausstoß sank demnach um 40,7 Prozent auf 17,2 Millionen Tonnen, gemessen am international üblichen Basisjahr 1990. Das Etappenziel für dieses Jahr lag bei 40 Prozent.
Bemerkenswert ist der vom Statistikamt gemeldete Rückgang vor allem angesichts des jahrelangen Bevölkerungswachstums und der im Bundesvergleich überdurchschnittlich gewachsenen Wirtschaft.
Da die CO2-Emission nicht direkt gemessen, sondern beispielsweise anhand des Verbrauchs von Energieträgern aufwändig berechnet werden muss, liegen die Zahlen immer erst mit Verzögerung vor. Auch die Coronakrise spielt in der Bilanz noch keine Rolle.
Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne) erklärte zu der Nachricht: "Insbesondere durch den vom Senat eingeleiteten Kohleausstieg und das Berliner Energie- und Klimaprogramm ist es gelungen, die realen CO2- Emissionen in den Jahren 2017-2019 um mehr als 1,9 Millionen Tonnen und damit um knapp zehn Prozent zu senken." (Anmerkung: Die Wirtschaftsverwaltung hat die schriftliche Erklärung von Ramona Pop am Donnerstagnachmittag korrigiert. In der ursprünglichen Mitteilung war von "über fünf Millionen Tonnen und damit knapp 25 Prozent" die Rede.)
Tatsächlich verschwand 2017 einer der größten Posten von der Berliner Klimaschadensbilanz, weil damals das Heizkraftwerk Klingenberg an der Rummelsburger Bucht von Braunkohle auf Gasbetrieb umgestellt wurde. Rund zehn Jahre zuvor hatte Betreiber Vattenfall noch den Neubau eines größeren Steinkohle-Kraftwerks am selben Standort geplant, aber dann wegen massiver Proteste verworfen.
17 Prozent weniger Emissionen beim verarbeitenden Gewerbe
Prozentual fallen die Veränderungen der CO2-Emissionen vor allem in den Bereichen und Private Haushalte, Gewerbe, Dienstleistungen (-8,9 Prozent) und Verarbeitendes Gewerbe (-17,3 Prozent) am höchsten aus. Die CO2-Emissionen im Verkehrssektor stiegen wiederum leicht um 0,5 Prozent.
Der Verkehr erweist sich in Berlin wie auch im Bund immer stärker als Problem, weil er als einziger Sektor selbst auf lange Sicht seine Klimabilanz nicht verbessert. Hauptgründe sind der jahrelang gewachsene Flugverkehr und die nur auf dem Papier sparsamer gewordene Flotte der Autos, deren Verbrauch wegen immer schwererer und stärker motorisierter Fahrzeuge im realen Fahrbetrieb nicht sinkt.
Beim Endenergieverbrauch - also beispielsweise den Gebäudeheizungen als größtem Einzelposten auf der Berliner Energierechnung - haben insbesondere Fernwärme (+1,9 Prozent) und die Erneuerbaren Energien (+0,9 Prozent) gegenüber dem Vorjahr zugelegt, während der Anteil der Gase um -2,4 Prozent abnahm. Die besonders CO2-intensive Kohle wird kaum noch eingesetzt.
[Wenn Sie alle aktuellen Nachrichten live auf Ihr Handy haben wollen, empfehlen wir Ihnen unsere runderneuerte App, die Sie hier für Apple- und Android-Geräte herunterladen können.]
Im Primärenergiebereich - dazu gehört beispielsweise die Stromerzeugung in Kraftwerken - macht sich vor allem der schrittweise Kohleausstieg von Vattenfall bemerkbar: Laut Statistikamt sank der Steinkohleverbrauch um 32 Prozent, was sich massiv auf den CO2-Ausstoß auswirkt. So wurde im Oktober 2019 ein Steinkohleblock im Kraftwerk Reuter abgeschaltet.
Der Anteil der Stromerzeugung in Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) nahm auf 68,4 Prozent der Bruttostromerzeugung zu, während der Anteil der in KWK erzeugten Wärme auf 58,7 Prozent der Fernwärmeerzeugung sank.
Grünen-Politiker fordert "mutige Maßnahmen" im Verkehrssektor
Sowohl Pop als auch Grünen-Klimapolitiker Georg Kössler betonen, dass die Hauptarbeit noch bevorstehe: Klimaneutralität bis 2050 bedeutet mehr als 90 Prozent weniger CO2-Ausstoß im Vergleich zu 1990. Pop verweist auf den gerade vom Senat beschlossenen Masterplan Solarcity mit der ab 2023 geltenden Pflicht zur Installation von Solarstromanlagen auf neuen Dächern. Kössler fordert für den Problembereich Verkehr "weitere mutige Maßnahmen wie eine mittelfristiges Enddatum für fossile Verbrennungsmotoren."
Die ungewöhnlich milden vergangenen Winter, die viel Heizenergie gespart haben, sind aus der CO2-Bilanz des Statistikamtes bereits herausgerechnet.