Flüchtlinge in Berlin: Chefin der Berliner Flüchtlingsbehörde muss gehen
Berlins Integrationssenatorin Elke Breitenbach und LAF-Chefin Claudia Langeheine haben unterschiedliche Vorstellungen über die Behörde. Das hat jetzt Konsequenzen.
Die Pressemitteilung aus der Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales kam am Montagvormittag überraschend. Darin hieß es: "Im gegenseitigen Einvernehmen haben heute Senatorin Elke Breitenbach und die Präsidentin des Landesamtes für Flüchtlingsangelegenheiten Claudia Langeheine entschieden, die Zusammenarbeit zu beenden." Es muss unüberwindbare Differenzen zwischen Langeheine und Breitenbach gegeben haben. Denn als Grund für die Trennung werden deutlich "unterschiedliche Vorstellungen über die Weiterentwicklung des Landesamtes für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF)" genannt.
Dennoch sprach Breitenbach der bisherigen Behördenchefin ihren Dank aus: „Ich bedanke mich ausdrücklich bei Claudia Langeheine, die mit außerordentlich hohem Engagement Verantwortung im Flüchtlingsmanagement in einer besonders schwierigen Zeit übernommen und Berlins jüngste Behörde mit geplant und aufgebaut hat. Unter ihrer Leitung wurden die meisten Notunterkünfte in Berlin geschlossen, neue Standorte an das Netz gebracht und die medizinische Versorgung der Geflüchteten gestärkt.“ Weitere Nachfragen liefen ins Leere - es wurde von allen Beteiligten Stillschweigen vereinbart. Nachfragen beim Senat und bei Langeheine nach den näheren Umständen blieben erfolglos.
Das Landesamt war aus dem Lageso hervorgegangen
Langeheine übernahm das Amt der Präsidentin am 1. August 2016 und war vorher Direktorin des Landesamts für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten. Das Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten war aus dem Landesamt für Gesundheit und Soziales (Lageso) hervorgegangen, das zuvor für Flüchtlingsfragen zuständig war. Das Lageso war 2015/2016, als die Flüchtlingszahlen einen Höchststand erreichten, mit der Organisation überfordert und deswegen stark in die Kritik geraten. Dem Vernehmen nach hatte Langeheine eine Bewährungszeit von zwei Jahren, nach deren Ablauf sie lebenslang auf die Besoldungsstufe B 4 geklettert wäre.
Bis zur Übernahme der Geschäftsführung durch eine Nachfolge nimmt der Staatssekretär für Integration Daniel Tietze die Amtsgeschäfte des Präsidenten Flüchtlingsamtes wahr. Auch Tietze wies Nachfragen ab: „Mit der Pressemitteilung ist alles gesagt“, bekundete er wortkarg.
„Gerade nicht!“, könnte man entgegnen, denn über die Hintergründe des Rauswurfs wurde nichts mitgeteilt. „Ich wüsste gerne, was da vorgefallen ist und wie es mit der Behörde weitergeht“, sagte die CDU-Integrationspolitikerin Cornelia Seibeld. „Ich erwarte eine zügige Lösung hinsichtlich der Nachfolge und hoffe, dass die Kommunikation und Zusammenarbeit mit den Trägern in Zukunft deutlich besser wird.“ Tatsächlich kursieren bereits Spekulationen, dass Breitenbach einen Wunschkandidaten in der Hinterhand hat. Langeheine war des öfteren ein schwieriger Führungsstil vorgeworfen worden; insbesondere mangele es ihr an Kommunikationsfähigkeit, war vielfach zu hören. Viele Träger haben dem Vernehmen nach immer noch keine Verträge oder warten seit Jahren auf Ausgleich ihrer Rechnungen. Offenbar hatten die Mitarbeiter des Landesamts beim Umzug an den neuen Standort kistenweise ungeöffnete Post mitgenommen. Zwischen „Langeheine leistet hervorragende Arbeit“ und „In der Kommunikation mit Langeheine klappt gar nichts“ bekommt man die verschiedensten Äußerungen.
Es hatte viele Beschwerden gegeben, Mitarbeiter hatten Alpträume
„Das Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten braucht schnell eine neue, adäquate Führungsperson an seiner Spitze und den entsprechenden Rückhalt des Senats“, forderte FDP-Fraktionschef Sebastian Czaja. „Das Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten hat momentan – wie viele Betreiber berichten – mehr offene Rechnungen und unverhandelte Betreiberverträge als auf dem Höhepunkt der Flüchtlingszugangs. Mit der Interimsführung durch einen Staatssekretär fällt es jetzt wieder vollends in den Krisenmodus ohne Fachaufsicht. Michael Müller muss sich endlich auch mal darum kümmern“, forderte Czaja.
LAF-Mitarbeiter hatten vor etwa anderthalb Jahren in einem Brandbrief, offiziell „Gefährdungsanzeige“, auf ihre Überlastung und unzumutbare Arbeitsbedingungen hingewiesen. Sie klagten über Albträume, Schlafstörungen und sogar Haarausfall. Der damalige Sozialsenator Mario Czaja (CDU) und Amtsleiterin Claudia Langeheine kündigten Verbesserungen an. Als sich Monate später noch keine positiven Veränderungen gezeigt hatten, wurden die Missstände erneut Thema.