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Wenn Goldelse sprechen könnte - was würde sie wohl zu dem CDU-Vorschlag sagen, ihren Stammplatz nach Helmut Kohl zu benennen?
© Doris Spiekermann-Klaas
Update

Tag der Deutschen Einheit: CDU will Großen Stern in Helmut-Kohl-Platz umbenennen

Die Berliner CDU möchte den Kanzler der Einheit würdigen – und hat dafür den zentralen Platz im Großen Tiergarten mit der Siegessäule auserkoren.

Der Zeitpunkt war offenkundig bewusst gewählt: Kurz bevor am Mittwoch die Feierlichkeiten zum Tag der Einheit begannen, verkündete die Berliner CDU, dass sie einen „herausragenden Platz“ in der Hauptstadt nach Helmut Kohl benennen wolle. Ihr Fraktionsvorsitzender Burkard Dregger wurde noch konkreter. „In Berlin gibt es noch immer keine angemessene Würdigung des Kanzlers der Einheit“, sagte er dem Tagesspiegel: „Deshalb schlage ich die Benennung des Großen Sterns in ,Helmut-Kohl-Platz' vor.“

Der wichtige Kreuzungspunkt, so Dregger weiter, liege in unmittelbarer Nähe des Regierungsviertels, an dem die Straße des 17. Juni in Verlängerung der Straße Unter den Linden beide Stadthälften verbinde. Dort sei „der Freiheits- und Einheitswille der Deutschen in besonderer Weise sichtbar geworden“, heißt es in einer ebenfalls gestern herausgegebenen Pressemitteilung der CDU-Fraktion.

„28 Jahre nach Wiederherstellung der staatlichen Einheit Deutschlands erinnert in Berlin nichts an denjenigen, der diese historische Glücksstunde unseres Vaterlandes maßgeblich herbeigeführt hat“, begründete Dregger seinen Antrag. Dabei habe gerade die Hauptstadt Helmut Kohl viel zu verdanken.

Er sei es gewesen, der „mit Entschlossenheit den Willen der überwältigenden Mehrheit der Deutschen nach Vollendung der Einheit umgesetzt habe, als sich die Gelegenheit bot. Der mit seiner ganzen Überzeugungskraft die Voraussetzungen dafür geschaffen hat, dass Berlin Hauptstadt des wiedervereinigten Deutschlands geworden ist, und der zudem das wiedervereinigte Deutschland zu einem wesentlichen Bestandteil der europäischen Friedenslösung gemacht hat.“

Helmut Kohl war der erste Bundeskanzler des wiedervereinigten Deutschlands. Die CDU will ihn mit einem Platznamen ehren.
Helmut Kohl war der erste Bundeskanzler des wiedervereinigten Deutschlands. Die CDU will ihn mit einem Platznamen ehren.
© Tobias Schwarz/Reuters

Der Antrag soll in den kommenden Wochen ins Abgeordnetenhaus eingebracht werden. Als Termin für die Umbenennung schlägt die CDU den 23. Mai 2019 vor, den 70. Jahrestag des Grundgesetzes, sagte der Sprecher der CDU-Fraktion, Olaf Wedekind. „Wichtig ist, dass wirklich ein bedeutender Platz nach Kohl benannt wird und nicht nur eine kleine Nebenstraße vom Ku’damm.“

Einwände, wonach laut Berliner Straßengesetz Personen erst fünf Jahre nach ihrem Tod mit einer Benennung geehrt werden dürfen, lässt er nicht gelten: „Für Helmut Kohl gelten ja wohl andere Maßstäbe.“

Der Vorschlag findet nicht nur Zustimmung

Das sieht der Sprecher der Fraktion Die Linke im Abgeordnetenhaus, Thomas Barthel, ganz anders: „Die Fünf- Jahre-Regelung ist ja nicht ohne Grund getroffen worden“, sagt er: „Dahinter steht die Überlegung, dass es durchaus gut sein kann, sich etwas Zeit zu nehmen, etwas Abstand zu gewinnen, um dann in Ruhe entscheiden zu können.“

Auch Daniel Buchholz, Mitglied im Vorstand der SPD-Fraktion und Sprecher für Stadtentwicklung ist, findet, dass Regeln auch für Kohl gelten. „Er war nicht gerade mein Freund, aber seine Verdienste sind unbestritten“, sagt er: „Eine Ehrung ist völlig okay, dass es aber gerade der Große Stern sein muss, bezweifle ich.“ Der grüne Bundestagsabgeordnete Öczan Mutlu sagt: „Soll ich lachen oder weinen? Auf jeden Fall sollte sich die Berliner CDU lieber um Sacharbeit für die Menschen bemühen und nicht Helmut Kohl für eine Schnapsidee missbrauchen.“

Zustimmung kommt hingegen von der AfD: „Helmut Kohl war eine große Persönlichkeit, der sich sehr verdient um die deutsche Einheit gemacht hat“, sagte der Fraktionsvorsitzende Georg Pazderski: „Selbstverständlich sollte ein Platz oder eine Straße nach ihm benannt werden. Und grundsätzlich kommt dafür auch der Große Stern in Betracht.“

US-Präsident John F. Kennedy, hier am 26. Juni 1963 vor dem Rathaus Schöneberg, wurde bereits drei Tage nach seiner Ermordung mit einer Platzbenennung in Berlin geehrt.
US-Präsident John F. Kennedy, hier am 26. Juni 1963 vor dem Rathaus Schöneberg, wurde bereits drei Tage nach seiner Ermordung mit einer Platzbenennung in Berlin geehrt.
© picture alliance / dpa

Sollte es tatsächlich zur vorzeitigen Ehrung Kohls in Berlin kommen, so wäre er in guter Gesellschaft. Am 22. November 1963 war US-Präsident John F. Kennedy ermordet worden, drei Tage später wurde er auf dem Nationalfriedhof Arlington begraben, während parallel in Berlin der Rudolph-Wilde-Platz vor dem Rathaus Schöneberg nach dem berühmten Toten benannt wurde.

Bereits am Abend des 23. November war bei einem Fackelzug von Studenten auf einem Transparent die Umbenennung des Platzes gefordert worden. Der Landesvorstand der SPD sprach eine entsprechende Empfehlung an den Brandt-Senat aus, der dieser umgehend entsprach. Am 25. November, während einer Trauerkundgebung vor dem Rathaus, wurde der Beschluss umgesetzt.

Bevor Marlene Dietrich, hier im "Blauen Engel", Namensstifterin eines Platzes in Berlin sein durfte, gab es einiges Hin und Her.
Bevor Marlene Dietrich, hier im "Blauen Engel", Namensstifterin eines Platzes in Berlin sein durfte, gab es einiges Hin und Her.
© picture alliance / dpa/dpa

Solch ein glatter, dem Zeitgeist geschuldeter Namenswechsel war nicht jedem Prominenten vergönnt. Geradezu peinlich war der Weg, der im Marlene-Dietrich-Platz in Tiergarten mündete. Am 6. Mai 1992 war sie in Paris gestorben und in ihrer Heimatstadt Berlin beerdigt worden.

Der Vorschlag der Schöneberger Bündnisgrünen Anfang 1997, den Kaiser-Wilhelm-Platz nach der in Schöneberg geborenen Toten zu benennen, kam also nicht verfrüht. Die Bezirks-SPD war ebenfalls für Marlene, hatte für sie aber den Tempelhofer Weg im Auge, und man konnte sich nicht einigen.

Doch auch in Tiergarten hatte man Gefallen an Marlene als Namenspatronin gefunden, hielt den Platz vor dem Musicaltheater im entstehenden Quartier Potsdamer Platz für geeignet. In der BVV wollte man das schon beschließen, als die Senatsbauverwaltung um einen Verfahrensstopp ersuchte. Man strebe für das neue Areal ein „ausgewogenes Gesamtkonzept“ an. In das fand Marlene Dietrich dann doch Eingang. Seit dem 8. November 1997 ist der Platz vor dem Theater nach ihr benannt.

David-Bowie-Straße? Noch viel zu früh

Noch immer müssen dagegen Anhänger Ronald Reagans auf einen nach ihm benannten Ort warten. Terminlich wäre das kein Problem, der ehemalige US-Präsident ist seit 14 Jahren tot, aber alle Vorstöße – auch da war die CDU sehr engagiert – verliefen im Sande. Und es gibt auch noch keine David-Bowie-Straße, obwohl mancher Fan das gerne hätte. Aber nicht mal drei Jahre nach dem Tod – da müsste man Präsident gewesen sein.

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