„Den Flughafen könnte man als Schule nutzen“: CDU-Politiker regt neue Nutzung für Tempelhof an
Schulplätze sind knapp in Berlin. Deswegen schlägt der neue bildungspolitische Sprecher der CDU eine Zwischennutzung vor.
Dirk Stettner (49) ist seit dem vergangenen Dienstag neuer bildungspolitischer Sprecher der CDU-Fraktion im Abgeordnetenhaus. Im Interview spricht er über Ideen gegen den Lehrermangel, fehlende Schulplätze in Berlin und Ausweichmöglichkeiten in leerstehenden Gebäuden – zum Beispiel im Flughafen Tempelhof.
Herr Stettner, in Berlin fehlen Tausende Schulplätze. Was tun?
Wir müssen dafür sorgen, dass die Bezirke selber bauen können, und uns vom Flaschenhals Howoge befreien. Dafür fehlt derzeit das Personal, weshalb die Kritik von Frau Scheeres in Richtung Bezirke unfair ist. Wenn ich diese nicht mit Kräften der Landesebene unterstütze, muss ich Honorarkräfte vom freien Markt einsetzen, damit wir schneller bauen können.
Das wird Geld kosten …
Richtig. Aber das ist, was wir tun müssen, um unsere Kinder in die Schulen zu bekommen. Dieses Ziel zu erfüllen, kann uns gar nicht zu teuer sein.
Dennoch: Bei 10.000 fehlenden Plätzen bis 2021 müssten mindestens 20 Schulen in zwei Jahren gebaut werden. Realistisch?
Nein, das wird nicht reichen. Deshalb sollten wir uns bestehende Liegenschaften angucken und deren übergangsweise Nutzbarkeit als Schulen prüfen. Wenn wir nach zehn Jahren genug Schulen gebaut haben, ziehen wir sie wieder leer. Aber das Wichtigste ist doch, dass wir jetzt genügend Plätze haben. Was wir dringend verhindern müssen, sind größere Klassen.
Welche Gebäude könnten sich für solch eine Zwischenlösung eignen?
Das Haus der Statistik beispielsweise. Das ist zentral gelegen, bestens angebunden, wir haben da viel Platz. Und wir haben im Flughafen Tempelhof leer stehende Gebäude. Warum bauen wir da nicht mal 1000 oder 2000 Schulplätze rein? Überall, wo wir Leerstand haben, sollten wir uns fragen, ob wir den nicht zumindest übergangsweise als Schulen nutzen können. Schulplätze für unsere Kinder müssen oberste Priorität haben.
Sie wollen Klassenräume einrichten, wo früher Passagiere abfertigt wurden?
Das klingt erst mal nicht erfreulich, richtig. Aber Unterricht auf der Straße klingt auch nicht besser. Wir sollten darüber reden, ja.
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Sind die Plätze erst mal da, fehlen die Lehrer. Wie wollen Sie den Personalmangel lindern?
Wir sagen seit Jahren: Alle Bundesländer verbeamten Lehrer, das müssen wir auch in Berlin tun. Darüber hinaus müssen wir Lehramtsstudenten für Berlin gewinnen und hier halten. Ich möchte ein Stipendium von 500 Euro im Monat einführen, verbunden mit einer Jobgarantie und einem Wohnungspool bei den städtischen Wohnungsbaugesellschaften, um den Studenten Wohnraum zur Verfügung zu stellen. Im Gegenzug müssen sie fünf Jahre in Berlin unterrichten, sonst droht die Rückzahlung.
Der rot-rot-grüne Senat lobt sich dafür, nach dem Kita- und Hortplatz nun auch das Schülerticket und das Mittagessen in der Schule kostenlos gemacht zu haben. Ist das sozial gerecht?
Das ist Sand in die Augen der Berliner und sozial ungerecht. Es ist doch Blödsinn, das Geld mit dem Gießkannenprinzip zu verteilen. Wer es sich leisten kann, soll zahlen. Wer bedürftig ist, soll es kostenlos haben. Das Geld, das wir an dieser Stelle ausgeben, fehlt möglicherweise an anderer Stelle, um die Grundversorgung mit Schulplätzen und Lehrern sicherzustellen.
Das Abgeordnetenhaus stimmt an diesem Donnerstag über einen Antrag ab, in dem Sie die Einberufung eines Bildungsgipfels fordern. Was, wenn der abgelehnt wird?
Lehnt der Senat unseren Antrag ab, werden wir spätestens Anfang September einen eigenen Bildungsgipfel veranstalten, mit Beteiligung aller Akteure und Parteien, die mitmachen wollen. Es darf bei diesem Thema nicht um parteipolitische Interessen und Taktierereien gehen. Dafür sind die Schulplätze unserer Kinder zu wichtig.