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Zweierlei Maß. Bei der U-Bahn gibt es schmale und breite Züge. Schon in den 20er Jahren fehlten letztere. So wurden an schmale Wagen „Blumenbretter“ montiert, damit sie auf die Breit-Strecken passten. Ähnliches ist für die neueste U-Bahn-Generation (oben) geplant. Ein Teil des Wagenpark der so genannten Großprofilstrecken wird derzeit saniert.
© Alba-Verlag

Wagenmangel bei der U-Bahn in Berlin: BVG schraubt Trittbretter an

Mit einer ungewöhnlichen Lösung will die BVG den Wagenmangel auf den Linien U 5 bis U 9 beseitigen: Die für schmalere Tunnel vorgesehenen Bahnen sollen künstlich verbreitert werden – wie schon in den Zwanzigern.

Ein unerwarteter Geldsegen erfordert ungewöhnliche Lösungen. Nachdem Finanzsenator Matthias Kollatz-Ahnen (SPD) der BVG kurzfristig 58 Millionen Euro für den Kauf dringend benötigter U-Bahnen zugesagt hat, will diese nach Tagesspiegel-Informationen auf eine Praxis zurückgreifen, mit denen sich die U-Bahn schon mehrfach aus dem Schlamassel „Fahrzeugmangel“ befreit hat: Schmale Fahrzeuge werden für den Einsatz im Netz der breiteren Züge umgebaut. Offiziell bestätigte Unternehmenssprecherin Petra Reetz die Pläne nicht. Sie sagte lediglich: „Wir denken in alle Richtungen.“

Das Berliner U-Bahn-Netz besteht aus zwei Teilnetzen. Zu Beginn – die ersten Fahrten fanden heute vor genau 113 Jahren statt – baute Siemens noch 2,30 Meter breite Bahnen. Dafür sind die Tunnel der Linien U 1 bis U 4 ausgelegt, Kleinprofil genannt. Später ging man dazu über, für ein Großprofil 2,65 Meter breite Züge zu bauen, in denen das Sitzen (und Stehen) komfortabler ist, und in deren Wagen mehr Fahrgäste passen.

Auf dem Trockendock. Ein U-Bahn-Waggon in der Werkstatt.
Auf dem Trockendock. Ein U-Bahn-Waggon in der Werkstatt.
© dpa/Tim Brakemeier und Klaus Kurpjuweit

40 Jahre alte Fahrzeuge

Fürs Kleinprofil darf die BVG nach langen Jahren der Abstinenz jetzt wieder neue Züge bestellen – 158 Millionen Euro hat der Senat bewilligt. Ein Vorserienzug mit vier Wagen, IK genannt, ist bereits da, ein weiterer folgt demnächst. Bewähren sich die von Stadler in Pankow gebauten Züge, wird die BVG laut Vertrag 24 weitere bestellen. Zudem gibt es eine Option auf nochmals zehn Züge mit je vier Wagen. Die Neuen sollen alte Fahrzeuge ablösen, deren Zeit vorbei ist.

Im Großprofil herrscht dagegen Wagenmangel. Auch dort sind Fahrzeuge im Einsatz, die rund 40 Jahre alt und deshalb störanfällig sind. Müssen mehr in die Werkstatt als planmäßig vorgesehen, gibt es keine Reserven. Jahrelang gab es kein Geld für neue Bahnen.

Viel Zeit bleibt nicht mehr

Den Mehrverkehr, den der Senat noch bei der BVG bestellen will, kann die BVG mit dem Bestand nicht abdecken. Bis neue Fahrzeuge entwickelt, erprobt und gebaut sind, vergehen aber etwa fünf Jahre. So viel Zeit bleibt nicht mehr. Und deshalb will die BVG schnell sieben weitere Züge, die fürs Kleinprofil vorgesehen waren, kaufen, und auf dem Großprofilnetz fahren lassen. Dies ist ohne Ausschreibung möglich, weil der Vertrag mit Stadler die Option vorsieht.

Schmale Züge waren schon in den 1920er-Jahren notgedrungen im Großprofil unterwegs. Zur Eröffnung des ersten Abschnitts der heutigen U 6 hatte das Geld für neue Wagen gefehlt, und so setzte man dort in den ersten Jahren die schmaleren Bahnen der älteren Strecken ein. Um den Spalt zwischen Zug und Bahnsteig abzudecken, erhielten die Züge an der Seite Holzbohlen, „Blumenbretter“ genannt. Zudem musste die Elektrotechnik angepasst werden, weil auch diese unterschiedlich ist.

Sigrid Evelyn Nikutta, die Chefin der BVG.
Sigrid Evelyn Nikutta, die Chefin der BVG.
© dpa

Noch wird getüftelt

Nach dem Krieg griff man auf der heutigen U 5 wieder auf „Blumenbretter“ zurück. Damals fehlten Bahnen, weil die Sowjetunion 120 nicht beschädigte Waggons für die U-Bahn in Moskau kassiert hatte. Und sogar als die DDR Züge vom Typ „Gisela“ an Athen verkauft hatte, die für den Einsatz dort zu schmal waren, baute man ähnliche „Blumenbretter“ an.

Die jetzige Lösung werde moderner sein, heißt es bei der BVG. Wie genau sie aussehen soll ist unklar, noch werde getüftelt. Technisch muss nicht einmal viel geändert werden. Unter anderem muss man den Stromabnehmer anpassen. Fast vorausschauend haben die Planer den Kleinprofilzügen sogar einen Umschalter fürs Fahren im Großprofil verpasst. Dies sollte Fahrten in die Werkstatt erleichtern. Und noch einen Vorteil hat die Kombi-Lösung: Die umgerüsteten Bahnen können flexibel in beiden Netzteilen fahren.

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