Warnung vor Corona auf Lesbos: Bürgerrechtsinitiativen fordern Rettung von Flüchtlingen aus griechischen Lagern
20 Vertreter von Bürgerrechtsinitiativen haben am Donnerstag in Berlin demonstriert. Sie kritisieren die deutsche und europäische Flüchtlingspolitik.
Maximal 20 Teilnehmer, nur unter Einhaltung des Sicherheitsabstandes und alle mussten Mund- und Nasenschutz tragen. Unter diesen Auflagen haben sich am Donnerstagnachmittag mehrere Initiativen unter dem Motto #leavenoonebehind am Brandenburger Tor versammelt, um gegen die Lage in den griechischen Flüchtlingslagern zu demonstrieren. Unter den Teilnehmern waren zahlreiche bekannte Mitglieder von Wohlfahrtsverbänden, Bürgerrechtsorganisationen und Flüchtlingsinitiativen.
Die Kundgebung wurde per Livestream übertragen, um ein größeres Publikum zu erreichen. Zu finden ist der Stream hier. An den Protesten beteiligen könne man sich online, hieß es in einer Ankündigung.
Es könne nicht sein, dass Deutschland trotz der Corona-Pandemie viele tausend Saisonarbeiter in wenigen Tagen einfliegen könne, man einigen tausend Flüchtlingen aber nicht helfen könne, sagte Hamid Nowzari vom Verein iranischer Flüchtlinge in Berlin.
Luisa Neubauer von Fridays for Future schloss sich dem an und forderte: „Auch in einer Pandemie muss möglich sein, dass wir unsere Werte aufrechterhalten.“ Hinter den Rednern war ein Transparent mit der Forderung „Lager evakuieren, Aufnahme jetzt!“ zu sehen.
Die Veranstalter wollen mit der Kundgebung auf die alarmierende Situation, etwa im Flüchtlingslager Moria auf der griechischen Insel Lesbos hinweisen. Sie fordern eine sofortige Auflösung der Lager und eine Unterbringung der Menschen in den EU-Staaten.
In Griechenland werden „tagtäglich Rechte gebrochen“
Gut 18 300 Menschen leben in Moria auf engstem Raum unter katastrophalen Bedingungen. Das Lager war ursprünglich für 2700 Personen geplant. Insgesamt harren rund 40 000 Menschen in den Lagern auf den griechischen Inseln aus. Die Veranstalter warnen, unter den Bedingungen der Corona‐Pandemie könnten die Lager zu pandemischen Hotspots werden.
Viele Gemeinden in Deutschland hätten sich bereit erklärt, Menschen aus Moria aufzunehmen. Die Aufnahme von 50 Minderjährigen bezeichneten sie als „vollkommen unzureichend.“
Unter den Rednern befanden sich weitere prominente Vertreter der Zivilgesellschaft, darunter die Schauspielerin Katja Riemann, der Menschenrechtsanwalt Wolfgang Kaleck oder Shermin Langhoff, die Intendantin des Maxim-Gorki-Theaters.
Zum Abschluss der Kundgebung kritisierte Berenice Böhlo vom Republikanischen Anwaltsverein, das in Griechenland „tagtäglich Rechte gebrochen werden“, während Europa und Deutschland zusähen. Man müsse den „Wettlauf an Schändlichkeiten, um Menschen abzuwehren“ beenden.
Der Ort der Versammlung blieb vorher geheim
Der Ort der Versammlung war zuvor nicht öffentlich bekannt gegeben worden. Die Veranstalter hatten sogar dazu aufgerufen, nicht an der Kundgebung teilzunehmen. Damit habe man eine Ansammlung von zu vielen Menschen vermeiden wollen. „Wir nehmen den Infektionsschutz ernst und werden demensprechend auch die Kundgebung durchführen“, teilten die Veranstalter vorab mit.
„Auch unter den Bedingungen der Corona‐Pandemie muss es möglich sein, in verantwortungsbewusster Art und Weise auf die Straße zu gehen, auf die drohende humanitäre Katastrophe in Moria und anderswo aufmerksam zu machen und die sofortige Durchsetzung humanitärer Maßnahmen einzufordern“, sagte der Rechtsanwalt und Vorsitzende des Republikanischen Anwaltsvereins Dr. Peer Stolle. Man wolle daher „stellvertretend für viele“ die Stimme erheben.